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Frühlingserwachen – trotz schlimmer Sachen
Das kannst Du nicht zwingen, dass die Knospen springen, eh’ die Sonne ihnen ihren Mai gebracht. Aber dass das, was hinter Dir liegt, Dich nicht schreckt mehr und unterkriegt, was Winter in Dir – abzustreifen und die Knospen zu reifen und Dich selbst zum Frühling durchzuringen – das kannst Du zwingen. Diese Worte gelten denen, die in letzter Zeit einen besonders geliebten Menschen verloren haben. Andreas Gabalier singt so ja ähnlich in seiner ergreifenden Hymne an den verunglückten Vater: „Einmal seh’n wir uns wieder, einmal schau auch ich von oben zu”. Hören Sie mal rein auf Youtube oder auf CD. Und ich singe es meinen beiden Brüdern Klaus und Kai nach, meinem Neffen Tim, meinen guten Freunden Hartmut und Matthias, „einmal seh’n wir uns wieder” …

Ja, ich wünsche Euch und Ihnen und mir und uns allen einen herrlichen Frühling. Seelisch, oder auch botanisch: Da muss man gar nicht weit wegfahren, um durch grüne Wolken in Richtung Seligkeit zu schweben. Mit dem Auto oder auf dem Fahrrad kann man es erleben: Fahren Sie zum Beispiel hoch oben im Norden, nahe der Ostsee, von Lensahn die sanfte Hügelstraße quer durch die Holsteinische Schweiz bis nach Eutin – das ist wie ein Gleiten durch zartgrüne Wogen, wie Glücksgefühle im Kreißsaal der Natur, wo Millionen Blüten und Blätter und Blumen gleichzeitig geboren werden. Ähnlich kann man es gerade in vielen Gegenden empfinden, im Schwarzwald, im Taunus, am Alpenrand, am Nordseestrand …

So hat ja auch Goethe schon empfunden, als er Ostern spazieren ging: „Vom Eise befreit sind Strom und Bäche durch des Frühlings holden belebenden Blick”, und keine Digitalisierung kann den Duft der erwachenden Natur ersetzen, kein noch so smartes phone das Zwitschern im Walde, das Twittern von Amsel, Drossel, Fink und Star, und wie schön, liebe Kreuzfahrer, dass auf unsere Natur immer Verlass ist. Der Frühling ist da, die Zeit wurde auf Sommer umgestellt, die Strandkörbe werden ans Meer gekarrt, die Jahreszeiten kümmern sich nicht um all unsere vermeintlichen Probleme, die Aufrüstung der Natur ist absolut friedlich, die Vögel singen, die Knospen springen, von nichts und niemandem aufzuhalten, keiner kann das Blühen bremsen. Am besten, wir alle blühen mit. Und selbst pollenallergische Mitmenschen werden konstatieren: lieber Krokus als GroKo, lieber Mai-Glöckchen als May-Brexit, lieber Pollen als Politik.

Frühling in der Natur, aber eisige Kälte im Landtag von Schleswig-Holstein und in der Hamburgischen Bürgerschaft, dem Landesparlament der Freien und Hansestadt. Die Roten ärgern sich schwarz, und die Schwarzen haben rote Köpfe. Ich will gar nicht bestreiten, wie skeptisch ich zur Zeit die Politik und ihre Macher sehe: Zu viel Postengeschacher, zu wenig Sachverstand. Nehmen Sie nur das aktuelle Versagen, die skandalöse Pleite der HSH Nordbank in Hamburg und Kiel. Diese „Experten”, Politiker wie Banker, haben mit Steuergeldern blindlings Hunderte von Schiffen finanziert, die keiner brauchte. Sie haben immer weiter drauflos finanziert, auch als längst klar geworden war, dass die Frachtraten unter der weltweiten Übertonnage zusammenbrachen. Diese unheilige Allianz zwischen Bankern und blauäugigen Politikern hat mit abenteuerlichen Versprechungen Zehntausende von belogenen „Anlegern” um ihr Erspartes geprellt. Diese Dilettanten haben ihre Steuerzahler in Hamburg und Schleswig-Holstein um Milliarden Euro und damit auch um viele, viele Millionen vergeblich geleistete Arbeitsstunden betrogen. Sie haben das Staatsvermögen beider Bundesländer in den Sand gesetzt. Sie haben sehenden Auges das hart erarbeitete Steuergeld ihrer Bürger veruntreut! Diese Damen und Herren haben einen HSH-Verlust von 14 Milliarden Euro angehäuft!

Für dieses jahrelange und parteiübergreifende Versagen gibt es keine Rechtfertigung, sondern nur dümmliche Ausreden. Die Nieten sitzen vor allem in der damals verantwortlichen SPD, aber auch in der CDU, bei den Grünen, in der FDP – denn auch die parlamentarischen Kontrolleure haben total versagt. „Wir waren wie besoffen vom Drang, ins internationale Finanzgeschäft einzusteigen”, erklärte nun die damalige Ministerpräsidentin von Schleswig-Holstein, Heide Simonis (SPD) vor dem Untersuchungsausschuss. 14 Milliarden Verlust – und keiner dieser ehrenwerten Damen und Herren Politiker hat selbst irgendeinen eigenen Nachteil durch ihre Fehlleistung. Frau Simonis und all die anderen Versager freuen sich über ihre fetten Pensionen. Das Volk wird den Schaden schon begleichen …

14.000.000.000 Euro. Man muss sich mal ausrechnen, wieviele „Mindestlöhne” davon hätten bezahlt werden können. Wieviele KrankenpflegerInnen, Hebammen und Polizisten davon hätten über viele, viele Jahre gut entlohnt werden können! Wieviele Schulen, Schwimmbäder, Kitas damit hätten saniert werden können! Wieviel Wohnraum man damit hätte schaffen können! Ein unglaublicher Skandal, den die Verantwortlichen jahrelang unter den Teppich zu kehren versuchten. Ein Debakel für die Staatshaushalte in Schleswig-Holstein und Hamburg! Aber folgenlos für die Verantwortlichen! Diese damals gewählten Politiker und Politikerinnen haben ihr Volk belogen und betrogen, und unser jetziger Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat bei seinem Abschied aus Hamburg nun kurz und schmallippig kommentiert: „Ja, da ist einiges schiefgelaufen.”
Und dann wundern sich so manche staatstragende Staatsträger über die zunehmende „Politikverdrossenheit” in Deutschland. Über die Entvölkerung der sogenannten „Volksparteien”. Auch die Minister in Schleswig-Holstein und die Senatoren in Hamburg hatten geschworen, „Schaden vom deutschen Volk abzuwenden” und seinen „Nutzen zu mehren”. In Wirklichkeit haben sie exakt das Gegenteil getan … so wahr ihnen Gott geholfen hat? Aber Gott ist kein Banker. Eher ein Gärtner. Womit wir wieder beim Lenz wären. Frau Merkel heißt zwar nicht Veronika. Doch der Lenz ist trotzdem da.

Ich wünsche Ihnen immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel und drei Fingerbreit Wein im Glas, und die Hoffnung auf einen wunderschönen Sommer. Bleiben Sie gesund, bitte.
Herzlich, Ihr Herbert Fricke