SeereisenMagazin Logo klein 347 65NORDSEEMAGAZIN · AUSGABE 5/2019hr

Bremen aus der Luft Foto Jochen Knobloch Bremer Touristik Zentrale 101891
Das ist meine Hafenstadt – Bremen.
Foto: Jochen Knobloch, Bremer Touristik Zentrale

hr

Genuss ohne Leichtsinn im Wattenmeer
Auch in diesem Sommer mussten Einsatzkräfte immer mal Menschen aus dem Wattenmeer retten, die in Not geraten waren. Sie beachteten einige Grundregeln nicht, als sie zu einer Wanderung über den Meeresboden aufbrachen. An der gesamten Nordseeküste sind die sichersten Wattwanderungen die, die von einem Wattführer geleitet werden. Sie wissen, welche Priele zu reißenden Flüssen werden können, wo Schlickfelder den Weg versperren und was bei Seenebel zu tun ist. Wer auf eigene Faust einen Wattspaziergang unternehmen will, sollte immer zuerst auf den Gezeitenkalender blicken. Wann zieht sich das Wasser zurück, wann steigt es wieder? Man sollte den Wetterbericht kennen und nur bei Tageslicht gehen. Klug handelt, wer nur so weit ins Watt geht, dass er bei normalem Tempo in zehn Minuten wieder am Ufer ist. Gewitter im Watt sind lebensgefährlich, weil der Mensch im Watt der höchste Punkt ist. Ein Handy hat nicht überall Empfang, also nehmen erfahrene Wanderer immer auch eine Trillerpfeife mit, um notfalls Hilfe herbeirufen zu können.

Atmen wir Plastik ein?
Dass die Meere voller Plastikmüll sind, ist inzwischen allgemein bekannt. Weniger gut erforscht ist bislang, ob und wie stark Mikroplastikpartikel auch über die Atmosphäre transportiert werden. Ein Expertenteam vom Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) hat jetzt herausgefunden, dass Mikroplastikpartikel offensichtlich auch über sehr große Distanzen durch die Atmosphäre transportiert und vor allem mit dem Schnee aus der Luft ausgewaschen werden. Wie die AWI-Experten um Dr. Melanie Bergmann und Dr. Gunnar Gerdts jetzt im Fachjournal Science Advances schreiben, konnten sie durch eine Analyse von Schneeproben aus Helgoland, Bayern, Bremen, den Schweizer Alpen und der Arktis feststellen, dass Schnee an allen Orten hohe Konzentrationen an Mikroplastik aufweist – selbst in den entlegenen arktischen Gebieten, auf der Insel Spitzbergen und sogar im Schnee auf treibenden Eisschollen.
Dazu die Forscherin Dr. Bergmann: „Bislang gibt es kaum Studien, die untersuchen, wie stark Menschen mit Mikroplastik belastet sind, hier ist noch vieles unklar.” Zudem habe man bislang fast ausschließlich untersucht, inwieweit Tiere oder Menschen Mikroplastik mit der Nahrung aufnehmen. Bergmann: „Doch wenn wir feststellen, dass große Mengen an Mikroplastik über die Luft transportiert werden, stellt sich natürlich die Frage, inwieweit wir Plastik einatmen und auf diesem Wege belastet werden. Ältere Ergebnisse aus der medizinischen Forschung liefern erste Anhaltspunkte in diese Richtung.”

 

19519 Maersk Line Foto Petra Bromund BremenImmer noch größer sollen sie nach der Vorstellung internationaler Reeder werden: Containerschiffe – hier eins in Bremerhaven – sollen bald bis zu 30.000 Container aufnehmen. Foto: Petra Bromund, Bremen

 

Angst vor immer größeren Schiffen
Zurzeit sind die größten Containerschiffe rund 400 Meter lang, mehr als 60 Meter breit, und sie haben einen Tiefgang bis zu 16,50 Metern. Sie können bis zu 23.000 Standardcontainer transportieren. Für sie wird gerade die Elbe bis Hamburg vertieft, was ungefähr 780 Millionen Euro kosten wird. Jetzt fürchten die Hafenbetriebe, dass eine Studie bald Wirklichkeit werden könnte: Reeder und Werften planen Schiffe, die 460 Meter lang und 68 Meter breit sein sollen und 30.000 Container transportieren. Zu stoppen wären solche Pläne nur, wenn Kartellbehörden in Europa, USA und China entsprechende Genehmigungen verweigern.

19519 2 Schlafstrandkorb
Auch an der Küste Schleswig-Holsteins liebt man das aufregende Schlafen unterm Sternenzelt. Junge Damen testen den Strandkorb.
Quelle: Tourismus Marketing Service Büsum


Im Strandkorb schlafen

Seit ein paar Jahren kann man an der Nordseeküste und auf den Inseln am Strand unter den Sternen schlafen – in so genannten Schlafstrandkörben. Auf Norderney gibt es zwei, 1,30 Meter breit. Die Übernachtung kostet 79 Euro, Bettwäsche gibt´s dazu. Auf Wangerooge kostet die Nacht 75 Euro. In Dangast am Jadebusen zahlt man 49 Euro pro Nacht und erhält eine Taschenlampe und eine Flasche Sekt. In Otterndorf bei Cuxhaven stehen zwei Körbe auf dem Rasen, in Bensersiel sind alle für dieses Jahr komplett ausgebucht. Die Körbe sind durch wetterfeste Abdeckungen gegen Wind und Regen geschützt, die Fenster lassen sich blickdicht verschließen. Solche Körbe werden überwiegend von Paaren benutzt.

 

19519 3 Phoenix Schiffe Foto Petra BromundAm 4. August in Bremerhaven, von Bord der einlaufenden DEUTSCHLAND aufgenommen. An der Pier liegen die drei größeren Schiffe von Phoenix Reisen, AMADEA, ALBATROS und ARTANIA. Foto: Petra Bromund, Bremen

 

Letztes Flottentreffen für viele Jahre?
Einmal im Jahr führt Phoenix Reisen seine Hochseeschiffe zu einem Flottentreffen in Bremerhaven zusammen. Als letztes Schiff machte am 4. August die DEUTSCHLAND dort fest. Das Treffen dürfte für einige Jahre das letzte in Bremerhaven sein. Mit der neuen AMERA müssten an der Columbus-Kaje fünf Schiffe gleichzeitig abgefertigt werden. Solche Kapazitäten erfordern gewaltige Investitionen der Stadt, mit denen nicht zu rechnen ist. Ob und wo also das nächste Flottentreffen der Phoenix Schiffe stattfinden wird, bleibt abzuwarten.

 

Bei Fahrrädern führend
Alle zwei Jahre untersucht das dänische Unternehmen Copenhagenize, wie fahrradfreundlich Städte in Europa sind. In Bremen freuen sich Politiker, dass ihre Stadt als beste deutsche auf Rang 11 liegt, vor Berlin auf Rang 15 und Hamburg auf Rang 20. Ganz vorn liegen Kopenhagen, Amsterdam, Utrecht, Antwerpen und Straßburg. Im Koalitionsvertrag haben die regierenden Parteien festgeschrieben, dass der Bremer Etat für die Rad-Infrastruktur vervierfacht werden soll, der bisher 2 Millionen Euro betrug. Die Opposition möchte das Geld lieber für Instandsetzungen investieren und verweist darauf, dass eine moderne Großstadt auch gut fließenden Autoverkehr und ÖPNV brauche. Größter Arbeitgeber in Bremen ist Mercedes-Benz.

 

Hamburg statt Bremerhaven?
Die Pläne für das OTB, das Offshore Terminal Bremerhaven, wird der neue Bremer Senat nicht aktiv weiterverfolgen. Die SPD Fraktion der Hamburger Bürgerschaft sieht in dieser Entscheidung eine Chance für Hamburg. „Wenn Bremerhaven wegfällt, können wir doch einspringen”, so Joachim Seeler, hafenpolitischer Sprecher der Hamburger SPD-Fraktion. Bisher habe man sich mit Rücksicht auf die Pläne in Bremerhaven zurückgehalten. Jetzt sehe man eine Chance für ein solches Projekt auf dem Hamburger Steinwerder. Das 42 Hektar große Areal liegt seit 2016 brach.

hr

19519 Buch 50 SchiffeDas besondere Buch

50 Schiffe, die die Welt veränderten
Rezension von Dieter Bromund

In England erschien dieses Buch 2016 mit dem Titel „Fifty Ships that changed the course of history”. Der Verfasser, Ian Graham, ist Physiker und seit mehr als 30 Jahren „in der Wissenschaftsvermittlung tätig”, heißt es im Vorblatt des Buches. Werden wir also eine historische Abhandlung lesen, ein nautisches Fachbuch oder gar einen philosophischen Essay – der vollmundige Titel verheißt manches? In der Einleitung setzt der Autor sich dann Grenzen, indem er Schiffe als „integralen Bestandteil unseres täglichen Lebens, unserer Lebensmittelversorgung und unserer Sicherheit” beschreibt. „Die Gründe, warum wir zur See fahren, sind die gleichen wie vor tausenden von Jahren, als die ersten Boote in See stachen: Fischfang, Warenhandel, Krieg und Forschung.”
Nach der Lektüre kann man noch ein paar hinzufügen. Das erste Boot, das Graham vorstellt, ist die Sonnenbarke von Pharao Cheops, das letzte MS ALLURE OF THE SEAS, ein Kreuzfahrer „so groß und schwer wie die größten atomgetriebenen Flugzeugträger und senkrecht aufgestellt würde sie den Eiffelturm um 38 Meter überragen”. Machtdarstellung und Erholungsfreude kämen als Fahrmotive dazu. Und Joshua Slocum, der als erster 1898 einhand in einem umgebauten Fischerboot die Welt umsegelte, und weltberühmt wurde, passt auch nicht in das Raster des Themas.
Als Engländer sieht Graham die Welt natürlich aus der Sicht einer Seefahrernation und schreibt ein Buch, in dem es vor allem, aber nicht nur um englische Schiffe geht.
Natürlich hat man als Liebhaber der See von den meisten der 50 beschriebenen Schiffe schon gehört, von der MAYFLOWER über die BOUNTY bis zur BISMARCK und KON TIKI. Der präzise Text beschreibt Schiff und Technik, aber auch die Gründe für die Entwicklung, die Fahrten, besondere Ereignisse und das Ende. In jedem Portrait findet der Leser mindestens eine Information, die nicht allgemein bekannt ist, wie etwa die Vermutung des Entdeckers des Wracks der BISMARCK, dass das deutsche Schlachtschiff sich selbst versenkte, um nicht in Feindeshand zu fallen.
Das andere deutsche Schiff in Grahams Buch ist U 21, das erste U-Boot, das im Ersten Weltkrieg ein Schiff versenkte, das als erstes ein Torpedo mit Eigenantrieb benutzte und das erste, das nach der Versenkung eines Schiffes unbeschadet davonkam.
„50 Schiffe” gehört zu den Büchern, die gleich zweimal Freude machen: als Nachschlagewerk, blendend illustriert, und als unterhaltende Lektüre für jeden, der von Salzwasser auch nur gehört hat.

Ian Graham
50 Schiffe, die unsere Welt veränderten
Übersetzt von Ulrike Kirsch,
erschienen im Haupt Verlag, Bern,
ISBN 978-3-258-08085-7,
29,90 Euro

Bestellung bei Amazon