SeereisenMagazin Logo klein 347 65FJORDFAHRT · AUSGABE 6/2019hr

19608 VASCO Suedwest Norwegen 12 Foto Petra Bromund BremenNiemand kennt die genaue Zahl der Wasserfälle im Norwegen. Doch einige hundert decken fast den ganzen Energiebedarf des Landes. Dieser Wasserfall in Tvinde ist ein Magnet für Touristen. Im Winter erstarrt er. Fotos: Petra Bromund, Bremen

Dieter Bromund (Text) und Petra Bromund (Fotos)

Entschleunigung auf norwegische Art
Mit der VASCO DA GAMA auf südlicher Fjordfahrt

Fast unmerklich glitt die VASCO DA GAMA eine Stunde vor Mitternacht rückwärts vom Kai, wendete im Hafenbecken und lief durch die gut betonnte Kieler Förde in Richtung Ostsee. Am nächsten Morgen waren auf dem Bildschirm in der Kabine Knicks im Kurs zu erkennen. Durch den großen Belt steuerte das jüngste Schiff von TransOcean in den Kattegatt, dann in den Skagerrak und danach nordwärts in die Nordsee. Bergen im südlichen Norwegen lag an, erstes Landziel nach einem Seetag.
Der tat gut nach dem Gewusel beim Einchecken als Gast im Terminal der Color Line, der Fährlinie Kiel-Oslo. Noch im Hafen hatte die vorgeschriebene Seenotrettungsübung stattgefunden. Die Koffer waren ausgepackt, die Betten standen richtig nebeneinander, die Kabine war angenehm groß, der Balkon bot auch bei Schauern sicheren Schutz. Die See verhielt sich freundlich, das Wetter würde sich schon bessern.

Bergen für Regen und Souvenirs
Bergen war die einzige Stadt dieser achttägigen Reise. Was danach als Halt kam, waren Dörfer, Flecken, hingeworfene Häuser in atemberaubenden Lagen. Bergen, weiß der Reisende, besucht man immer mit Regenmantel. Aus den Vorhersagen ist die Stärke kommenden Niederschlags abzulesen, so und so viel Liter pro Quadratmeter. Schutz bieten da nur die eng stehenden Holzhäuser von Bryggen, dem hochgelobten Stadtteil, in dem die deutsche Hanse ihr Quartier hatte. Hier traf sich die Welt – einst um zu handeln. Und jetzt im Regen, um Kaffee zu trinken und Souvenirs zu kaufen.
Alles was groß genug war, um Norwegen, Norge oder Norway als Schriftzug zu tragen oder die sympathische Landesflagge, bot sich als Souvenir an. Wer noch mehr verlangte, fand Bücher, Bilder, Pullover, Messer, Holzbecher, Regenkleider, Leder und Tierfelle und unendlich viele Gerätschaften, die sich aus und mit dem Kopfschmuck von Rentieren herstellen lassen. Denen wachsen in jedem Jahr neue Geweihe. Der Handel mit ihnen blüht, eine Stange kostet 25 Euro, unbearbeitet. Wir beließen es bei Ansichtskarten.
Unser Regenschutz deckte auch unsere Kameras, viereinhalb Stunden Landgang sind selbst im Regen für Bryggen zu kurz. Alle Ausflüge kamen pünktlich zurück, diesmal startete die VASCO DA GAMA mit eigener Auslaufmusik. Die Hafenbehörden in Kiel hatten das Abspielen – um Mitternacht – untersagt. Von Bergen aus ging’s zurück in die offene See. Am nächsten Morgen sollten wir mit Alesund bereits den nördlichsten Punkt unserer Reise erreichen, an der Stadt vorbei in einen Fjord einlaufen und um 10.00 Uhr vor Geiranger ankern.

Tausend Meeresarme
Fjord ist eines der wenigen Wörter, das die deutsche aus der norwegischen Sprache übernommen hat. Ein Fjord ist ein weit ins Festland hineinreichender, durch einen seewärts wandernden Tal-Gletscher entstandener Meeresarm. Von diesen gibt es in Norwegen über eintausend, die VASCO DA GAMA besuchte sieben. Sich in ihnen ohne Seekarte zurechtzufinden, ist eine Kunst. Was man von See aus befährt, ändert unterwegs seinen Namen, jede Abzweigung hat wieder einen neuen. In unseren Alpen soll’s mit den Tälern ähnlich sein. Mit der VASCO DA GAMA befuhren wir nach einander auf dem Weg nach Loen den Nordfjord, Davikfjorden, Isefjorden, Hundvikfjorden, Ulvikfjorden, Innvikfjorden und Faleidfjorden. Der Fjord von Geiranger liegt am Ende eines der schönsten Meeresarme Norwegens, der am Meer als Sulafjord beginnt.
Die Entschleunigung, das Motto der Reise, zu der wir aufgebrochen waren, begann mit der Zufahrt auf eine felsige Küste, die mit Seezeichen half. An Bord fuhren ab Bergen als Berater von Kapitän Andrey Lesnichiy und seinen nautischen Offizieren gleich zwei norwegische Lotsen mit, die je eine eigene Kabine in Brückennähe bewohnten und sich im Dienst abwechselten. Gemächlich erschien die Fahrt wohl nur dem Gast, denn auf der Brücke und beim Ankern war sicher höchste Aufmerksamkeit nötig. Wo exakt musste der Anker fallen und welche Winde könnten das Schiff schwoien lassen?
Mit dem Sulafjord am Tag zwei dieser achttägigen Reise befand die VASCO DA GAMA sich also bereits auf dem Rückweg, und solche Routenplanung machte ihren besonderen Reiz aus. Nachts ging’s heimwärts die Küste entlang, im Morgengrauen tief in den nächsten Fjord zu Anker- oder Liegeplatz. Nach dem Frühstück begannen dort die Ausflüge, und wenn der letzte Gast wieder an Bord war, hieß es Anker auf zum nächsten Meeresarm, der auch wieder tief ins Land reichte. In den Fjorden war die See immer sanft, die Nachtfahrten auf dem Meer waren gelegentlich unruhig, umso mehr schätzte man die einladend weichen Betten.

Die Farben der Stille
Norwegen fördert seit 1969 Öl und der resultierende Reichtum veränderte das Land gründlich. Heute verbinden zahllose Tunnel und Brücken Dörfer, Städte und Landschaften, die einst Bergrücken und Meeresarme getrennt hatten. Doch Fjord ist nicht gleich Fjord. Wer morgens einläuft und abends ausläuft, erlebt den gleichen Meeresarm jedes Mal anders. Gelegentlich scheint das Meerwasser blau, die Berghänge schimmern in allen Tönungen von Grau, wenn nicht gerade die Sonne sie ausleuchtet. Prächtiges Grün in Nadelwald und auf Wiesen umgibt dann die meist tief dunkelrot bemalten Wohnhäuser. Nebengebäude sind eher unauffällig grau. Wer als Bauherr viel Geld besaß, ließ sein Haus oder Hotel gelb streichen. Weiß sind in Norwegens Fjorden die Fensterrahmen, die stürzenden Bäche und die im Sommer seltenen Schneeflächen hoch oben an den Hängen. Auf silbernem Wasser malen Böen ihren Lauf. Hohe helle, meist blaue Himmel, unter denen immer mal wieder waagerechte Wolken- oder Nebelstreifen Bergrücken teilen. Stille in allem. Selbst die eigenen Maschinengeräusche der langsamen Fahrt überhört man. So gelingt das Entschleunigen. Eine solche Reise kann süchtig machen.

Ausflüge vom Kaiser und zu Wikingern
Der letzte deutsche Kaiser war mit seiner HOHENZOLLERN jedes Jahr auf Nordlandfahrt, 25 Mal. Tief im Landesinnern führte damals eine Poststraße von Oslo, das bis 1924 noch Christiania hieß, nach Bergen. An ihr liegt außerhalb ihrer jähen Wendungen und gefährlichen Steigungen seit 1885 das Hotel Stalheim, das Wilhelm II. in jedem Jahr besuchte. Manches erinnert dort noch an ihn. Um Alesund machte er sich nach einem rasenden Feuer verdient, das 1904 die Altstadt vernichtete. Mit eigenem Geld finanzierte er den Wiederaufbau mit. Die Kaiser-Wilhelm-Straße trägt noch immer seinen Namen, ein Denkmal für ihn steht seit 1910 im Stadtpark. Bier kann man im Keiseren Pub trinken. Wilhelm liebte Norwegen und seine Wikinger.
Die in Gudvangen hätten ihn vermutlich enttäuscht. Da steht ein Dorf im uralten Stil, wird ständig bewohnt und zeigt Männer und Frauen in Wikingertracht. Röcke reichen bis zum Boden, Fibeln halten Tücher zusammen, Stoffhauben schützen Blondhaar. Als Mann trägt man einen langen Bart und vermeidet Scheren am Haupthaar. Aus Holz schnitzt man Küchengeräte, der Schmied hämmert Eisen zu Messern und Nägeln, der Schuhmacher zeigt sein Handwerk, Tongefäße werden gedreht und gebrannt, Hühner sind allgegenwärtig. Museale Waffen gibt’s auch zu sehen in dieser Idylle, in der sonst nichts auf kämpfende Männer, kühne Seefahrer und erfolgreiche Händler verweist.
Norwegen, bis 1969 ein armes Land, heute das reichste Europas, hat vorgesorgt für die Zeit nach dem Öl. Es weiß Geschichte und Landschaft einladend zu präsentieren, als Gast fühlt man sich wohl in diesem Land. Trotz vieler langer Busfahrten zu Landzielen ist man immer noch beeindruckt auch vom nächsten Wasserfall, der überraschenden Straßenwende und der präzisen Lässigkeit von Festmachern im Hafen und Busfahrern am Steuer.

Wie’s zu Genüssen kommt …
Beim Entschleunigen ist das Schiff wichtiger als bei anderen Seereisen. Und mit dem Schiff ist es auch die Crew. Glücksmoment beim an Bord Kommen: wir erkannten sofort zwei Stewards von Reisen auf der ASTOR wieder. Dann war Tojo da als Restaurantchef. Wir trafen Hendran wieder, Boris, Vladislav und Maximilian Klassen, jetzt als souveränen Hoteldirektor. Wünsche wurden hier wie auf der ASTOR verlässlich erfüllt, und Gewohnheiten von Gästen schnell erkannt. Den besten Pink Gin gab es an der Bar vom Blue Room auf Deck 8, Luis mischte ihn wie einen Dry Martini a la James Bond: in Eis gerührt, nicht geschüttelt.
Die VASCO DA GAMA ist ein neues Schiff in der Familie von TransOcean. Um auf ihr den gewünschten Standard zu erreichen im Hotel, in der Küche und bei Ausflügen, sorgt Hoteldirektor Klassen für Zweierteams. Es arbeitet immer ein sehr Erfahrener mit einem weniger Erfahrenem zusammen. Verlässt bei Crewwechsel einer das Team, kann der andere das Gelernte vertreten. Trainings, die an Land begannen, werden auch an Bord fortgesetzt. Verantwortlich für die Erfolge und reibungslose Übergänge bei Crewwechseln sind die Abteilungsleiter. Sichtbarste Änderung von Klassen: Im Selbstbedienungsrestaurant auf Deck 11, dem Bistro, greift der Gast nicht mehr selber auf das im Buffet Angebotene zu. Servicekräfte legen auf den Teller, was er wünscht. Auf Deck 11 gibt es mittschiffs auch ein Bad mit großem Swimmingpool und vielen Liegen. In kühlem Wetter oder bei bedecktem Himmel finden sich kaum Nutzer. Sobald Sonne scheint, wird das gewölbte Dach eingefahren und aus dem Hallenbad wird ein Freibad, gut besucht und die Musik spielt dazu.

… und mit ihnen endet
Die VASCO DA GAMA hat neben dem großen Waterfront Restaurant (auf Deck 7) mit täglich wechselnder Speisekarte vier weitere Restaurants. Im Mediterranean Restaurant und im Eurasia Restaurant, beide kleiner und auf Deck 8, bleibt bei kurzen Reisen die Speisekarte konstant, bei längeren wechselt sie. Hier kann man ohne Aufpreis Spezialitäten aus dem Mittelmeer oder aus Asien genießen. Im dritten Restaurant, der Steakhouse Grill Bar, gibt’s vom Feinsten das Beste – gegen einen Aufpreis. Populär und lässiger geht es auf Deck 11 zu im Club Bistro, das nicht nur zum Frühstück zur Verfügung steht.
Für ASTOR-Fahrer ungewohnt ist das Hollywood’s Theater, das gleich über zwei Decks reicht. In ihm bekommt jede Show noch einen weiteren Glanz.
Harmonischer Abschluss der Reise: Der letzte Tag war, wie der erste, ein reiner Seetag, diesmal ging’s durch die südliche Nordsee nach Bremerhaven. Was festlich begann, endete auch so. Wie schon am ersten Seetag lautete die Kleidungsempfehlung auch für diesen Abend: Gala. Am nächsten Morgen ging’s wie angekündigt im Columbus Cruise Center Bremerhaven an Land, bequem, reibungslos und entschleunigt. www.transocean.de

 

19608 VASCO Suedwest Norwegen 1 Foto Petra Bromund BremenDie VASCO DA GAMA hat in Flåm festgemacht, in einem Arm des Sognefjords, mehr als 150 Kilometer vom offenen Meer entfernt. Hier beginnen und enden Landausflüge in ein eher unbekanntes Land.

19608 VASCO Suedwest Norwegen 2 Foto Petra Bromund BremenTyske Bryggen hieß dieser Stadtteil Bergens einst, deutsche Brücke. Hier am Hafen lag Jahrhunderte lang das Quartier der Hanse. Die jetzigen Häuser sind Nachbauten nach Originalplänen. Wo einst vor allem Fisch und Salz gehandelt wurden, laden heute Restaurants und Souvenirläden ein.

19608 VASCO Suedwest Norwegen 3 Foto Petra Bromund BremenIn der norwegischen Flagge wird die Geschichte des Landes abgebildet. Von 1537 bis 1814 war Norwegen eine dänische Kolonie unter der dänischen Flagge – rotes Tuch und weißes Kreuz. 1814 bildeten Schweden und Norwegen eine Union, die offiziell erst 1905 endete. Das blaue Kreuz im weißen Kreuz erinnert an die schwedische Flagge aus jener Zeit.

19608 VASCO Suedwest Norwegen 4 Foto Petra Bromund BremenSo stellt man sich Norwegen vor: Wenige Straßen, doch hunderte von Fjorden zeichnen das Land aus. Schiffe versorgten viele Jahrhunderte lang Dörfer und Städte. Heute werden Straßen, Brücken und Tunnel gebaut für ein dichtes Netz moderner Überlandbusse. Doch noch immer sind Schiffe wichtiges Verkehrsmittel eines Landes mit 83.281 km Küstenlinie, Inseln und Buchten eingeschlossen.

19608 VASCO Suedwest Norwegen 5 Foto Petra Bromund BremenHolz und Steine gab es stets im Überfluss, für Dächer nahm man Birkenrinde und Grassoden. Als Norwegen ein armes Land war, wurden solche Häuser gebaut. Das Öl der Nordsee macht seit 1969 das Land reich, alte Häuser werden heute nur noch liebevoll gepflegt.

19608 VASCO Suedwest Norwegen 6 Foto Petra Bromund BremenSchon immer lebten in Norwegen Trolle, die in vielen Geschichten, Liedern und Märchen ihren Schabernack trieben oder Menschen in Notlagen halfen. Als Souvenir sind die kleinen Kerle immer noch begehrt.

19608 VASCO Suedwest Norwegen 7 Foto Petra Bromund BremenEinsamkeit am Ende eines Fjordes. Die Verbindung zum Nachbarort war meist nur übers Wasser möglich. Heute hat Norwegen 1100 Straßentunnel (Deutschland nur ganze 260).

19608 VASCO Suedwest Norwegen 10 Foto Petra Bromund BremenBerge, Himmel, Wolken – die sich im Wasser spiegeln. Norwegen ist ein Land, in dem der Besucher sehr gut entspannen kann.

19608 VASCO Suedwest Norwegen 11 Foto Petra Bromund BremenTourismus ist ein wachsender Wirtschaftszweig in Norwegen. Viele Flüsse und Fjorde sind Anglerparadiese für Forellen oder Lachse. Ferienhütten sind zu mieten und mit allem Nötigen ausgestattet. Sie sind heute leicht mit dem Auto zu erreichen.

19608 VASCO Suedwest Norwegen 17 Foto Petra Bromund BremenBilder, die süchtig machen. Im Fjord spiegeln sich Berge und Wolken. Man glaubt, die Stille zu hören.

19608 VASCO Suedwest Norwegen 18 Foto Petra Bromund BremenElektroautos, so genannte Trollwagen, am Start zum Fuße des Briksdalgletschers. Der Weg dorthin ist auf vielen Strecken asphaltiert und steigt steil an.

19608 VASCO Suedwest Norwegen 19 Foto Petra Bromund BremenAm blaugrünen Wasser des Gletschersees sind die Wanderer und Fahrer am Ziel.

19608 VASCO Suedwest Norwegen 20 Foto Petra Bromund BremenDie Gletscherzunge ist schmal geworden, noch vor wenigen Jahren war der Gletscher sehr viel breiter und höher, wie Spuren im Fels zeigen.

19608 VASCO Suedwest Norwegen 24 Foto Petra Bromund BremenSelbst ein großes Schiff wie die VASCO DA GAMA wirkt winzig in den großen Bergen, die den Fjord umrahmen. Das Schiff ankert, Boote stellen die Verbindung zum Land her.

19608 VASCO Suedwest Norwegen 25 Foto Petra Bromund BremenAm vorletzten Tag ging’s Bayrisch zu. Auf Deck 11 gab’s Freibier, Weißwürste, Kraut und Schweinebraten. Das Show Ensemble zeigte zum Gaudi aller eine eigene Interpretation deutscher Volkstänze.