In makellosem Weiß präsentierte sich die NAUTICA im September in Warnemünde. Fotos: Kai Ortel, Berlin
Kai Ortel
Klein und fein – Oceania Cruises stellt NAUTICA in Warnemünde vor
Nachdem Oceania Cruises im letzten Jahr die MARINA der deutschen Fachpresse im Hamburger Hafen vorgestellt hatte, stattete in diesem Jahr die kleinere NAUTICA der deutschen Küste einen Besuch ab. Anfang September konnten wir anlässlich des Anlaufs des Boutique-Schiffes in Warnemünde für eine kurze Stippvisite an Bord gehen.
Ein Drittel der Passagiere nutzt an diesem Tag die Liegezeit in Warnemünde für einen Tagesausflug nach Berlin. Hier in Warnemünde wie auch in den meisten anderen Häfen bietet Oceania Cruises extra-lange Liegezeiten, die ausgedehnte Landausflüge auch ins Landesinnere ermöglichen, während die Mega-Kreuzfahrtschiffe der großen Reedereien oft nur die paar Stunden im Hafen bleiben, die für einen Passagierwechsel nötig sind. Von 07:00 Uhr bis 21:00 Uhr bleibt die NAUTICA in Warnemünde, da ist selbst in der deutschen Hauptstadt für mehr als nur die obligatorische einstündige Dampferfahrt auf der Spree Zeit. In anderen Häfen dagegen (St. Petersburg z. B.) kann die NAUTICA den Vorteil ihrer verhältnismäßig geringen Größe ausspielen und direkt in der Innenstadt anlegen, während die größeren Wettbewerber mit Liegeplätzen kilometerweit „draußen” Vorlieb nehmen müssen.
Kreuzfahrten für Fortgeschrittene
Oceania Cruises (2002 gegründet) bietet sozusagen Kreuzfahrten für Fortgeschrittene, auch wenn Maik A. Schlüter, Business Development Manager für Deutschland, Österreich und die Schweiz, mit einigem Understatement erklärt: „Wir machen sehr komfortable Rundreisen”. Die Reederei selber sieht sich im Marktbereich „upper premium”, jener hart umkämpften Nische zwischen dem Premium-Sektor, in dem sich heutzutage fast jede Reederei irgendwie vertreten sieht, und dem Luxus-Bereich, das noch immer den sprichwörtlichen „oberen Zehntausend” vorbehalten ist. Gala-Abende gibt es auf den Oceania-Schiffen daher nicht, auch keinen Krawattenzwang. „Country Club Casual” lautet vielmehr die Kleiderordnung. So sind die Oceania-Schiffe im besten Sinne des Wortes international. Auf der aktuellen Kreuzfahrt sind gerade einmal sechs Deutsche an Bord, auch wenn der DACH-Markt (Deutschland, Österreich, Schweiz) inzwischen den zweitgrößten europäischen Quellenmarkt für Oceania Cruises nach Großbritannien darstellt. Die größten Passagierkontingente stellen Reisende aus den USA, Kanada, Großbritannien und Australien/Neuseeland – in dieser Reihenfolge. Und wenn die Reederei keine Abfahrten ab einem deutschen Hafen anbietet, liegt dies daran, dass die typischen Oceania-Passagiere so polyglott und reise-erfahren sind, dass sie z. B. für eine Nordeuropa-Kreuzfahrt nicht am Kieler Hauptbahnhof an die Hand genommen werden müssen, sondern durchaus selbständig nach Amsterdam oder Kopenhagen anreisen können. „Internationalität tut nicht weh”, erklärt Maik A. Schlüter.
Das Schiff
Die NAUTICA selber bildet zusammen mit ihren Schwesterschiffen REGATTA, INSIGNIA und SIRENA die R-Klasse von Oceania Cruises. Gebaut zwischen 1998 und 2000, stellen diese vier Einheiten mit ihrem traditionellen Design und ihrer Kapazität für 684 Passagiere einen Kontrapunkt zu der größeren und neueren O-Klasse dar. Die MARINA und RIVIERA (2011/12 gebaut) können nämlich bis zu 1.250 Passagiere aufnehmen und sind in ihrer Inneneinrichtung an moderne Boutique-Hotels angelehnt.
Die 2000 als R FIVE für Renaissance Cruises gebaute NAUTICA ist seit 2006 Bestandteil der Oceania-Flotte und zuletzt 2014 renoviert worden. Erfahrene deutsche Kreuzfahrer dürften das Layout und die Einrichtung des Schiffes übrigens schnell wiedererkennen. Zwei der insgesamt acht Schiffe umfassenden Baureihe sind zwischenzeitlich auch auf dem deutschen Markt vertreten gewesen: die ehemalige R SEVEN als DELPHIN RENAISSANCE und die ehemalige R ONE als COLUMBUS 2. Oceanias R-Klasse steht nach Reederei-Informationen für „entspanntes, legeres Ambiente” und für eine warme Ausstattung ohne Schnörkel. Hier und da (in der zentralen Halle z. B. oder in der Bibliothek) bricht allerdings doch der englische Country Club durch, so dass man sich ob der opulenten Teppiche, schweren Sessel, Blumenmuster und verzierten Geländer an mancher Stelle im Schiff unvermittelt wie in einem alten englischen Herrenhaus fühlt. Andere öffentliche Räume wie z. B. das Terrace Café oder das Toscana Restaurant kommen dagegen in angenehm hellen Farben daher und wirken auf eine viele lockerere Art gediegen und einladend.
Die Kulinarik
Oceania Cruises rühmt sich darüber hinaus der „besten Küche auf See”; nach Angaben der Reederei liegt bei Oceania das Budget für die Kulinarik an Bord cirka dreimal höher als bei anderen Reedereien in ihrem Marktumfeld. In allen Restaurants an Bord haben die Gäste freie Platzwahl ohne feste Tischzeiten und ohne Aufpreis. Reservierungen werden allerdings vor allem in den Spezialitätenrestaurants empfohlen. In den A la Carte-Restaurants wird jedes Gericht à la minute zubereitet. Softdrinks, Mineralwasser, Kaffee, Tee und Säfte sind im Reisepreis inkludiert, lediglich alkoholische Getränke werden gegen Bezahlung ausgeschenkt. Im einzigen Büffetrestaurant an Bord, dem Terrace Café, werden die Speisen aus Hygiene-Gründen und um Verschwendung vorzubeugen, in Form eines „servierten Büffets” dargereicht. Als Hauptrestaurant an Bord fungiert der in dezenten Braun- und Beige-Tönen eingerichtete Grand Dining Room, in dem überwiegend kontinentale Küche auf dem Speiseplan steht. Das Toscana Restaurant dagegen, in dem das Tafelgeschirr im Versace-Design daherkommt, bietet italienische Gerichte, während im Polo Grill schwerpunktmäßig Steaks serviert werden. Beliefert wird die Reederei hier übrigens durch eine eigene Rinder-Farm in den USA. Executive Chef an Bord ist Mario Santoro, ein waschechter Italiener. bzw. Sizilianer, worauf er bei seiner Vorstellung am Tisch mit einem augenzwinkernden Lächeln hinweist.
Was ist neu?
Im Mai dieses Jahr wurde bei Oceania Cruises das Angebot an Sport- und Wellnesskursen an Bord erweitert. Mit nun über 24 Kursen haben vor allem gesundheitsorientierte Gäste jetzt noch mehr Möglichkeiten zum Entspannen und Fit-Bleiben. Alle neuen Angebote sind dabei im Reisepreis inbegriffen; Partner von Oceania Cruises ist die amerikanische Wellness-Kette Canyon Ranch. Alle Kurse an Bord werden darüber hinaus von professionellen Trainern geleitet.
Mitte August wurde dann das neue Menü von Star- und Chefkoch Jacques Pépin vorgestellt, „La Cuisine Bourgeoise”. Das 7-Gänge-Menü wird an Bord der MARINA und RIVIERA im Restaurant „La Reserve” serviert und ist maximal 24 Gästen pro Abend vorbehalten. Es basiert auf frischen, saisonalen Zutaten und versammelt viele von Pépins persönlichen Lieblingsgerichten. „Die sogenannte bürgerliche Küche ist tief in Traditionen verwurzelt, die meine Kindheit geprägt haben. Ich freue mich, ‚La Cuisine bourgeoise’ nun auch mit unseren Gästen teilen zu können”, erklärte Pépin anlässlich der Präsentation des Menüs im Sommer. Alle Gerichte werden außerdem von Weinen begleitet, die speziell für das Menü ausgewählt wurden. Die Kosten für „La Cuisine Bourgeoise” belaufen sich auf 112 $ pro Person.
Preis und Leistung
Dass die Reisen mit den Oceania-Schiffen nicht zu einem Schnäppchen-Preis zu haben sind, versteht sich von selbst. Doch das Preis-Leistungsverhältnis im „upper premium”-Segment ist für viele verlockend: Spezialitätenrestaurants ohne Aufpreis, kostenlos und unbegrenzt Softgetränke, die erste Kochschule auf See, und das gepaart mit außergewöhnlichen Routen zu oft exotischen Destinationen, kleinen Häfen sowie dem eleganten Ambiente eines für heutige Verhältnisse kleinen Schiffes. Kinder sucht man (fast) vergeblich an Bord, Animateure und Fotografen ebenso. Hier lässt man es sich gerne ein bisschen mehr kosten, einfach mal in Ruhe gelassen zu werden, wenn man dies möchte. So ist eine zehntägige Rund-um-England-Reise mit der NAUTICA im Juni 2018 ab 3.559 € buchbar, eine 14-tägige Ostseekreuzfahrt kurze Zeit später ab 4.669 €. Das entspricht einem Tagespreis von 300 bis 350 €, erst bei den längeren Reisen, von denen die Oceania-Schiffe ebenfalls viele unternehmen, sinkt dieser auf cirka 250 €. So etwa, wenn man Zeit und das nötige Kleingeld hat, 30 Tage den Indischen Ozean von Dubai bis nach Kapstadt zu erkunden oder in „nur” 18 Tagen das Chinesische Meer zwischen Shanghai und Tokio. Auch die Südsee laufe „sensationell gut”, so Maik A. Schlüter, wo die großen „global player” der Kreuzfahrt mit ihren für dieses Fahrtgebiet nicht immer passenden Schiffen eher selten anzutreffen sind. Dabei sind es mitunter auch genau jene, die viele Kunden dazu veranlassen, bei ihrer nächsten Kreuzfahrt Oceania Cruises zu wählen. Princess Cruises und Celebrity Cruises etwa, deren Anspruch dem von Oceania nicht unähnlich ist, deren Schiffe aber beileibe nicht mehr in die Kategorie „entspannt und intim” fallen. Eher schon die Einheiten von Reedereien wie Silversea Cruises, Azamara Club Cruises und Paul Gauguin Cruises, mit denen Oceania in direktem Wettbewerb steht. 60 bis 70% der Oceania-Passagiere sind allerdings inzwischen Repeater – ein Zeichen dafür, dass die Reederei mit ihrem Konzept auf dem richtigen Weg ist. Dass man uns an besagtem warmen Septembertag in Warnemünde nicht alle Kabinenkategorien zeigen konnte, war übrigens dem gleichen Umstand geschuldet: Auf der Ostsee-Kreuzfahrt „Splendid Scandinavia” war schlicht nur eine einzige Kabine überhaupt frei geblieben. https://de.oceaniacruises.com
Technische Daten MS NAUTICA
Größe: 30.277 BRZ, Länge: 180,96 Meter, Breite: 25,45 Meter, Tiefgang: 5,80 Meter, Decks: 11 (davon 9 Passagierdecks), Baujahr: 2000, Bauwerft: Chantiers de l'Atlantique, St. Nazaire (Frankreich), Antrieb: vier 12-Zylinder Wärtsilä-Diesel, 13.500 kW, Geschwindigkeit: maximal 20 Knoten, Flagge: Marshall-Inseln, Heimathafen: Majuro, Besatzung : 372 bis 400, Passagiere: maximal 702 (bei Doppelbelegung 684), Kabinen: 335, Bordsprache: Englisch
Ein verwaistes Pooldeck – die Passagiere der NAUTICA unternehmen während der Hafenliegezeit Ausflüge nach Rostock und Berlin.
Garantiert ohne Wasserrutsche und alberne Poolspiele: der Swimmingpool der NAUTICA.
Die Horizons Lounge ist tagsüber und abends der komfortable Treff- und Rückzugsort der Passagiere an Bord.
Country Club in Reinform: Die zentrale zweistöckige Halle der NAUTICA.
Ein englisches Landhaus zur See: Die gemütliche Bibliothek an Bord der NAUTICA.
Schwere Sessel und Sofas sowie verspielte Teppichmuster prägen die Martinis Lounge.
Auf modernen Schiffen eine Seltenheit: ein Card Room für Gesellschaftsspiele oder auch nur für eine ruhige Minute abseits der Lounges.
In der Baristas Grand Bar kann man sich die Wartezeit auf die Öffnung des Hauptrestaurants mit einem Drink verkürzen.
Die niedrige Decke verschafft dem Grand Dining Raum der NAUTICA eine intime Atmosphäre.
Das italienische Spezialitätenrestaurant „Toscana” hebt sich mit seinen hellen Farbtönen von den übrigen öffentlichen Räumen der NAUTICA ab.
Im Polo Grill werden Steaks serviert, die von der Oceania-eigenen Rinderfarm in den USA stammen.
Zwischen den riesigen Show-Theatern der Mega-Kreuzfahrtschiffe und ihrem Pendant auf der kleinen NAUTICA liegen Welten.
Neben dem traditionellen Shuffleboard kann auf dem Sonnendeck der NAUTICA auch Golf gespielt werden.
Teilansicht der Außenkabine 6090.
Schnittige Linien – Bugansicht der NAUTICA am Passagierkai in Warnemünde.
Die NAUTICA in Warnemünde, zu Übungszwecken wird am Vormittag ein Rettungsboot zu Wasser gelassen.