SeereisenMagazin Logo klein 347 65NORDSEEMAGAZIN · AUSGABE 3/2018hr

Bremen aus der Luft Foto Jochen Knobloch Bremer Touristik Zentrale 101891
Das ist meine Hafenstadt – Bremen.
Foto: Jochen Knobloch, Bremer Touristik Zentrale

hr

Kühles Licht und weite See
Vier Jahre Arbeit stecken hinter der Ausstellung, die noch bis zum 1. Juli in der Kunsthalle Bremen zu sehen ist: „Kühles Licht und weite See.” Rund 180 Werke, niederländische Meisterzeichnungen aus dem umfangreichen Kupferstichkabinett, werden im Ostflügel der Kunsthalle präsentiert, alle entstanden zwischen dem 15. und 18. Jahrhundert. Die Ausstellung zeigt, was man in jenem Zeitraum privat oder öffentlich aufhängte, heimische Landschaften, Genreszenen, aber auch Porträts und Allegorien und biblische Themen. Die Kunsthalle Bremen besitzt rund 200.000 Arbeiten auf Papier.

Am Image feilen
Wie können Bremen und Bremerhaven so wachsen, dass sie mehr Einwohner bekommen, ihre Wirtschaftskraft stärken, die Infrastruktur verbessern und ein neues Profil gewinnen? „Wir wollen das kleine Kopenhagen an der Nordsee werden”, meinte auf einer Tagung im März im Schütting, der IHK Bremens, der Chef der Wirtschaftsförderung Bremerhaven. Das eigene Ergebnis nach 15 Jahren zeigt, dass Bremerhaven sich gut entwickelt habe, die Arbeitslosigkeit habe sich fast halbiert, mehr Jobs seien geschaffen, es gab einen Bauboom und mit den „Havenwelten” habe man eine Attraktion geschaffen, die jährlich 1,3 Millionen Besucher in die Stadt am Meer bringe. Doch Gäste seien das eine, so Bremens Bürgermeister Sieling. Noch besser sei es für Stadt und Staat, wenn Menschen kommen, um zu bleiben. Bremen müsse eine „Schwarmstadt” werden. Die Stadt soll vor allem junge Menschen anziehen, Studierende, die der Stadt einen neuen Geist einhauchen. Das Bereitstellen von Flächen für Wohnen und Gewerbe, sei das A und O einer wachsenden Stadt, meinte dagegen Björn Tschöpe (SPD). Für die CDU forderte Thomas Röwekamp einen aggressiveren Wettbewerb mit den Umlandgemeinden: „Wachstum soll bei uns stattfinden.”

Die ASTOR ist zu besichtigen
Noch zweimal in dieser Saison ist in Bremerhaven die MS ASTOR von TransOcean Kreuzfahrten nach vorheriger Anmeldung zu besichtigen. Am 8. Mai und am 24. September liegt sie an der Columbuskaje. Anmeldung bei Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! mit Namen, Geburtsdatum und Personalausweis-Nummer.

Neue Rekordzahlen bei Besuchern
Peter Siemering, Geschäftsführer der Bremer Touristik-Zentrale (BTZ) kann zufrieden sein. Die weltweite Werbung auf Messen, in Newslettern, in der Presse, in Onlinemedien und in sozialen Netzwerken hat sich wieder einmal gelohnt. In der Stadt Bremen stehen 85 Hotels mit insgesamt 10.848 Betten. Auch 2017 gab es hier bei Betrieben mit mehr als zehn Betten mehr als zwei Millionen Übernachtungen. Zum siebten Mal hat sich diese Zahl gesteigert. Der Bremer Haushalt hat rund 181 Millionen Euro durch Mehrwertsteuer und Einkommenssteuer aus dem Tourismus eingenommen. Mehr als 33.000 Bremer bestreiten ihren Lebensunterhalt durch Tätigkeiten im Fremdenverkehr. Die 40 Millionen Tagesbesucher der Stadt gaben etwa 1,3 Millionen Euro aus. Acht von zehn Übernachtungsgästen kamen aus Deutschland, die meisten ausländischen Übernachter aus den Niederlanden, Großbritannien und den USA.

Mission Gewässerschutz
Mehr als 100 Freiwillige sind für den Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) mit Messgeräten an der Ems unterwegs, um das tatsächliche Ausmaß der Umweltbelastungen des Flusses zu ergründen. „Ems-Agenten” nennt der Weser-Kurier die Freiwilligen, „die Fakten liefern sollen, wo Behörden nicht so genau hinsehen”. Dem Fluss fehlt es an Sauerstoff, weil die Ems zu sehr verschlickt und zu viel Dung von den Feldern in den Fluss dringt. Algen würden gut darin wachsen, andere Arten sterben. Die Aktion begleitet den „Masterplan Ems”, der die Ökologie des Flusses bis 2050 verbessern soll, ohne der Ökonomie zu schaden, vor allem nicht den Jobs in der Meyer Werft in Papenburg. Für die Überführung der dort gebauten Kreuzfahrtriesen wird die Ems regelmäßig aufgestaut und jedes Jahr für 25 Millionen Euro ausgebaggert. Der Stau bedrohe Ufervögel, die Vertiefung steigere die Fließgeschwindigkeit des Flusses und damit die Menge an mitgeführten Sedimenten, die sich ablagerten. Kritikern dieser Messaktion begegnet der BUND mit einer eigenen Prüfung der Ergebnisse auf Plausibilität. Eine Webseite macht sie transparent.

Ade Bremerhaven
Einer der bekanntesten Markenartikel wird nicht mehr von Bremerhaven aus vertrieben. Chiquita Bananen werden seit Jahresanfang vom niederländischen Vlissingen aus für ganz Europa umgeschlagen. In der Scheldestadt wurden im vergangenen Jahr rund 400.000 Tonnen Bananen umgeschlagen, künftig werden es bis zu 720.000 Tonnen sein. In Bremerhaven, das eine lange Tradition im Bananengeschäft hat, bedauert man den Abzug von Chiquita. Doch man bleibt im Gespräch mit dem US-Unternehmen und hofft auf eine Rückkehr. Denn 2011 hatten die Chiquita-Bananen Bremerhaven schon einmal verlassen und waren 18 Monate später zurückgekehrt. Die ersten Bananenstauden wurden 1925 in der Stadt am Meer zum ersten Mal gelöscht, ein Jahr später gab es dann einen wöchentlichen Bananendampfer-Dienst.

Willkommen in Bremen
7.328 Handelsschiffe liefen 2017 die Häfen in Bremen und Bremerhaven an. Es gab ein deutliches Plus beim Umschlag mit Automobilen und eine leichte Zunahme beim Containerumschlag, insgesamt jedoch ein leichtes Minus. In Bremerhaven wurden 2,3 Millionen Fahrzeuge verladen, in Bremen 13 Millionen Tonnen umgeschlagen. Empfang und Versand hielten sich ungefähr die Waage.

18319 DB P7250093Man mag’s kaum glauben, dass die Gewässer im Lande Bremen in keinem guten ökologischen Zustand sind. Foto: Dieter Bromund, Bremen

Flüsse in schlechtem Zustand
Die EU hatte die Kriterien festgelegt, die Umweltbehörde in Bremen prüfte, das Ergebnis enttäuscht: Kein Fluss oder Bach im Bundesland Bremen zeigt einen guten oder sehr guten ökologischen Zustand. Zwar gibt es in einzelnen der insgesamt 350 Gewässer mit einer Gesamtlänge von rund 900 Kilometern typische Fische, Pflanzen und Kleintiere, doch die Wechselbeziehungen zwischen den Organismen und ihrer natürlichen Umwelt sind nur in sehr wenigen Gewässern in einer annehmbaren Verfassung. Von 2015 an bis 2021 stellt Bremen gut sechs Millionen Euro bereit, um die Ziele der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie zu erfüllen. Größtes Problem: Weil die Weser vertieft wird, steigen die Tiden in Lesum, Wümme und Ochtum so an, dass die Ufer zu schwer besiedelbaren Lebensräumen werden.

Hochwasserschutz wird teurer
Einen Generalplan Küstenschutz hatten vor mehr als zehn Jahren Bremen und Niedersachsen als Planungsgrundlage für die Verbesserung des Hochwasserschutzes aufgelegt. Er war nötig geworden, weil sich die beiden Bundesländer vor dem drohenden Anstieg des Meeresspiegels schützen wollten. Der ursprüngliche Plan ging von Kosten von etwa 100 Millionen Euro aus. 2015 war der Kostenrahmen bereits auf 264 Millionen angewachsen, 2017 ging es schon um 279 Millionen. Einer der Hauptgründe für den Anstieg: in einzelnen Deichabschnitten im Bundesland Bremen ist zwar der Deich hoch genug, aber nicht mehr standsicher. Mit weiteren Kostensteigerungen ist also zu rechnen, ehe das Deichbauprogramm im Jahre 2025 abgeschlossen sein wird.

Das größte Windrad der Welt
205 Meter hoch – und damit 50 Meter höher als der Kölner Dom – ist die größte Windenergieanlage der Welt, wenn eins der drei Rotorblätter nach oben zeigt. Die Gondel ist so groß wie ein Mehrfamilienhaus. In die Rotorblätter kann man 50 Meter weit hineinlaufen, ohne sich zu bücken. Das gigantische Windrad mit dem Namen „Adwen AD 8-180” dreht sich auf dem ehemaligen Flughafen in Bremerhaven. Entwickelt wurde es vom Fraunhofer Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik IWES. Es kann bei gutem Wind mit seiner Leistung von 8 Megawatt rund 15.000 Haushalte mit Strom versorgen. Doch es soll vor allem wichtige Messdaten liefern, um die Offshore-Windparks in Zukunft wirtschaftlicher und zuverlässiger zu bauen.

Niedersächsische Seehäfen präsentieren sich
Frankfurt und Erfurt waren im April die Veranstaltungsorte für eine Präsentation „Hafen trifft Festland”. Unternehmern wurde gezeigt, welche Möglichkeiten ihnen die niedersächsischen Seehäfen Brake, Cuxhaven, Emden, Leer, Nordenham, Oldenburg, Papenburg, Stade und der Container-Tiefwasserhafen Wilhelmshaven bei der Optimierung ihrer internationalen Logistikketten eröffnen können. Seaports of Niedersachsen, die Container Terminal Wilhelmshaven JadeWeserPort-Marketing Gesellschaft, EUROGATE und die TFG Transfracht hatten gemeinsam zu den beiden Veranstaltungen eingeladen.

Zehn Millionen für Bremen
Der Bremer Logistikkonzern BLG hat ein gutes Jahr hinter sich „teilweise sogar besser als erwartet”, hieß es auf der Bilanzpressekonferenz. Die Umsatzerlöse stiegen im vergangenen Jahr um vier Prozent auf 1,08 Milliarden Euro. Die BLG Logistics Group gestaltet für ihre Kunden komplexe Logistik Abläufe in aller Welt. Ein wichtiges Geschäft ist die Verladung von PKWs. Sie wuchs um fast 40 Prozent. Das Unternehmen beschäftigt mehr als 8.000 Mitarbeiter. Die Stadt Bremen ist an dem Unternehmen Bremer Lagerhausgesellschaft – das nach außen hin als Marke BLG Logistics auftritt – mit 50,4 Prozent beteiligt. Sie erhält damit für das vergangene Jahr zehn Millionen Euro Ausschüttung.

Spektakulär: 1,3 Tonnen Kokain beschlagnahmt
Auf einer Pressekonferenz nannte das Hauptzollamt Bremen Zahlen aus dem vergangenen Jahr. Den Fahndern gingen 2017 1,3 Tonnen Kokain ins Netz. Spektakulärster Erfolg war ein Fund von 1,1 Tonnen in der Freizone in Bremerhaven, deren geschätzter Verkaufswert bei 200 Millionen Euro lag. Als viertgrößter Containerhafen Europas ist Bremerhaven einer der wichtigsten Eingangsorte für den weltweit wachsenden Kokainschmuggel. Auch die Bekämpfung der organisierten Form der Schwarzarbeit gehört zu den Aufgaben des Amtes. Im vergangenen Jahr wurden 2.700 Strafverfahren eingeleitet – ein neuer Spitzenwert.

Noch mal davongekommen
Glimpflich kamen die niedersächsischen Häfen durch die Sturmflutsaison 2017/2018. Sehr viel größere Schäden als die Sturmfluten richteten Stürme und Havarien an. Im Oktober warf der Orkan Xavier in Wilhelmshaven einen Kohlelöschkran um, im September fuhr ein Frachter in die Pier und zerstörte auf 100 Meter Länge einen Anleger. Die meisten Sturmfluten gab es in Emden, 16 Mal wurden Treibgut und Müll angespült. In Cuxhaven kenterte ein Arbeitsschiff. Gefährliche Situationen gab es immer dann, wenn Schaulustige bei Sturm oder Sturmfluten Häfen besuchten, in denen sich nur Sicherungspersonal aufhalten sollte.

Termin der nächsten Sail
Mehr als 270 Schiffe nahmen 2015 an der letzten „Sail” in Bremerhaven teil, viele von ihnen konnten besichtigt werden oder boten Törns auf der Nordsee an. Die nächste „Sail” findet 2020 in Bremerhaven statt. Liebhaber der Stadt und der Schiffe sollten für das Ereignis den 19. bis 23. August reservieren.

54. Kapitänstag in Bremen
Der Senat Bremens und die Bremische Hafenvertretung laden einmal im Jahr Kapitäne und Chefingenieure von Schiffen und Flugzeugen zu einem festlichen Essen in die obere Rathaushalle ein. Gäste sind Mitglieder der Hafenverwaltung, deren Geschäftspartner aus dem In- und Ausland und Vertreter der heimischen Politik, Verwaltung und Wirtschaft. In diesem Jahre findet der Kapitänstag am 7. September zum 54. Mal statt, 300 Gäste werden erwartet.

Gut zu wissen
41,7 Kilometer fließt die Weser durch Bremen. Die höchste natürliche Erhebung Bremens findet man im Friedehorst Park in Lesum. Sie ist 32,5 Meter hoch und gilt gleichzeitig als der niedrigste Berg Deutschlands. Noch höher in Bremen ist mit 49 Metern der künstliche Berg der Mülldeponie in Bremen-Blockland. Der einzige Stadtteil der Stadt, der auf beiden Seiten des Flusses liegt, ist Blumenthal. In Bremen und Bremerhaven gibt es mindestens 13 Shantychöre, Sangesgruppen, die auf Matrosenlieder spezialisiert sind.


hr

18319 Buch Sextant 13104 Nat Geograph

Das besondere Buch
Sextant
Die Vermessung der Meere

Rezension von Dieter Bromund

Der Sextant wurde 1757 aus dem Quadranten entwickelt, der nur Winkel bis 90 Grad messen konnte. 30 Grad mehr brauchten Navigatoren aber für Mondbeobachtungen, aus denen sie ihren Längengrad errechnen konnten, auch ohne genau gehende Chronometer. Den Breitengrad konnte man, jedenfalls auf der nördlichen Halbkugel, sehr viel einfacher messen. Aus Längengrad und Breitengrad ergaben sich die eigene Schiffsposition oder die Lage von Häfen, Untiefen, Riffen, Inseln und ganzen Kontinenten. Lange war Navigation Geheimwissen von Offizieren von Handels- oder Kriegsmarinen. In den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts war dann das GPS System voll einsatzbereit. „Die US Navy wagte den kühnen Schritt, Offiziere fortan nicht mehr im Gebrauch des Sextanten zu unterwiesen … In den Kriegsflotten der meisten Länder und auch in den Handelsflotten sind Kurse in Gestirnsnavigation weiterhin vorgeschrieben”, weiß David Barrie. Der Sextant ist also noch immer in Gebrauch. Satellitennavigation kann ausfallen oder manipuliert werden. „Es ist an der Zeit, Gestirnsnavigation wiederzuentdecken, nicht nur als Sicherheitsnetz, sondern weil uns der Einsatz eines Sextanten in den engstmöglichen Kontakt mit der Natur in ihrer erhabensten Form bringt.”
Die Geschichte der Navigation findet sich in zahlreichen Fachbüchern. Und wagt sich mittlerweile auch in die populäre Literatur vor.
David Barrie veröffentlichte in England seine Version dieser Geschichte, die in deutscher Übersetzung von Harald Stadler seit 2017 auch auf Deutsch zu haben ist: Sextant – Die Vermessung der Meere. Auf 351 Seiten findet sich alles, was ein Buch dieser Art braucht: Die fundierte Darstellung des Problems, seine Lösung, die spannende Geschichte der Nutzung durch große Entdecker und Seefahrer von William Bligh bis Joshua Slocum, persönliche Erfahrungen des Autors, ein Glossar, eine Bibliografie, saubere Quellenangaben und Anmerkungen, ein Register und Vorwort und Nachwort.
David Barrie, 1953 geboren, war nach Psychologie- und Philosophiestudium in Oxford im diplomatischen Dienst und beim britischen Premierminister und seinem Kabinett tätig. Schon als Kind segelte er, von Sextanten hörte er zum ersten Mal als Neunjähriger. Küstennavigation lernte er vor der Normandie und der Bretagne und an den Westküsten Irlands und Schottlands kennen, in bekannt schwierigen Gewässern. Lehrmeister für die Astronavigation war auf der Slup SAECWEN ein Freund der Familie, Colin McMullen, pensionierter Kapitän der Royal Navy. Er nahm den Studenten 1973 mit auf eine Atlantiküberquerung unter Segeln von West nach Ost. Der führte damals ein Tagebuch, aus dem er jetzt in seinem Opus zitiert.
Aus der Liebe zur See und zum Segeln und geübtem Schreiben entstand so ein Buch, das seines gleichen sucht. Barrie gelingt ein Spagat. Seine Darstellung des Themas gefällt nicht nur dem Fachmann auch durch überraschend neue Einblicke. Auch der Laie, der wissen möchte, wie man seinen Weg übers Meer findet, ist fasziniert. „Sextant” wiegt ganze 360 Gramm, nimmt mit 18 x 12 x 2,3 cm nur wenig Platz im Koffer ein und ist ein Buch für Seetage oder die Abende, die man mit dem Träumen vor dem Buchen von Seereisen verbringt.

David Barrie
Sextant
Die Vermessung der Meere
Aus dem Englischen von Harald Stadler,
Malik National Geographic,
ISBN 978-3-492-40612-3, 15,00 €.

www.amazon.de/Sextant-Vermessung-Meere