SeereisenMagazin Logo klein 347 65RUND UM SÜDAMERIKA · AUSGABE 6/2018hr

18605 P1010240 Recife Foto Dr Auer AugsburgRecife, unser Tor zu Brasilien. Fotos: Dr. Friedrich Egon Auer, Augsburg

Dr. Friedrich Egon Auer  

Rund um Südamerika mit MS ARTANIA
Auf den Spuren meiner Vorfahren oder Vorfahrer

Sternstunden der Menschheit – Von Recife zum Kap Hoorn und weiter
Kolumbus 1492, Armstrong 1969, Auer 2012

Friedrich Egon Auer hat hier versucht, in humorvoller Weise in die Kapitänsrolle zu schlüpfen und den Schwerpunkt auf die historischen Ereignisse der Entdeckungen dieser Küsten und Länder Südamerikas zu beschreiben.
Als Friedrich Egon Auer auf dem Kreuzfahrtschiff ARTANIA den Atlantik in südwestlicher Richtung überquert hatte, ließ er im Hafen von Recife festmachen. Schon während des Anlegemanövers tanzten braunäugige junge Mädchen und Burschen zur Begrüßung der angekommenen Gäste auf der Pier. Sie zeigten flotten Samba, elektrisierenden Bossanova und anderes aus diesem aufregenden Land. Als Auer dann zum ersten Mal in seinem Leben den Fuß auf brasilianischen Boden setzte, sagte er, wohl in nervöser Verwirrung der Gefühle: „Für mich ein kleiner Schritt, aber für Brasilien ein großer Tag, ein großes Glück …”
Vorher besichtigte Auer auf dieser Kreuzfahrt, die in Genua mit etwa tausend Teilnehmern startete, den Antiatlas in Marokko und besuchte dann die kanarischen Inseln Fuerteventura und Teneriffa. Aber das waren für den Weltenbummler nur Wiederholungen und Zeitvertreib. In seinem Herzen brannte während dieser Tage nur ein Feuer: Brasilien!
Friedrich Egon Auer hatte sich gut vorbereitet auf diese Entdeckungsreise. So war es ihm auch bewusst: nicht er, sondern der Portugiese Pedro Alvares Cabral ist der eigentliche Entdecker Brasiliens. Aber dieser Cabral erreichte im Jahre 1500 – anders als jetzt Auer – nur „irrtümlich” die brasilianische Küste. Er befand sich nämlich auftragsgemäß von Portugal aus auf dem Weg nach Indien, den Spuren Vasco da Gama’s folgend; also wollte er das Kap der guten Hoffnung an der Südwestspitze Afrikas ansteuern. Aber starke, unaufhörliche Ostwinde trieben seine Karavellen dann im Südatlantik so weit nach Westen ab, dass er tatsächlich als erster Europäer im heutigen Brasilien landete. Cabral glaubte, eine große Insel entdeckt zu haben und schickte eines seiner 13 Schiffe zurück nach Portugal, um seinem Königshaus diesen überraschenden Etappenerfolg zu melden. Mit den restlichen zwölf Karavellen setzte Cabral dann seine Fahrt nach Indien fort, überquerte den Atlantik im Süden noch einmal – jetzt in östlicher Richtung zurück – und steuerte, wie ursprünglich geplant, seine Flotte um das Kap der guten Hoffnung in den Indischen Ozean hinein.
Friedrich Egon Auer war auf seinem Törn mit wesentlich besserem Kartenmaterial als Cabral ausgestattet und hatte von Anfang an das Ziel, den südamerikanischen Kontinent zu umschiffen. Er ist also jetzt nicht wie damals Cabral überraschend in dieser Region unterwegs, sondern durchaus auf geplantem Kurs. Nach Recife, Salvador da Bahia und Ilheus segelt er heute in großer Ergriffenheit an Porto Seguro vorbei. Er hält inne: das ist der historische Ort, an dem der Portugiese damals – fünf Jahrhunderte vor ihm – anlegte und in einem feierlichen Akt Brasilien, die „Ilha de vera Cruz”, für seinen König Manuel I im fernen Lissabon in Besitz nahm (der König, der nicht nur deshalb, aber auch deshalb später den Beinamen „der Glückliche” erhielt). Anschließend ließ Cabral den ihn begleitenden Priester das erste heilige Messopfer auf diesem Lande zelebrieren.
Friedrich Egon Auer interessiert sich heute nicht für solche Landeroberungen. Die politischen Verflechtungen in dieser Region sind hierfür in diesen Tagen einfach zu komplex. Und wir wissen jetzt noch nicht, ob ihm die gesamte Umschiffung des Kontinents gelingen wird.

Rio de Janeiro, Montevideo und Buenos Aires, das sind jetzt die weiteren Stationen seiner Expedition entlang der Küste in den Süden hinunter. Auer kann diesen Streckenabschnitt voll aufsaugen und genießen. Hier hat vor ihm ja schon Amerigo Vespucci während mehrerer Expeditionen wie eine fleißige Biene alle Buchten und Flüsse, die er entdeckte, fein säuberlich dokumentiert und mit Namen versehen. Warum sollte Auer das, was schon in mühevoller Arbeit vor Jahrhunderten geschehen ist, jetzt noch einmal etwas besser machen? Nein, Rio de Janeiro soll auch weiter, wenn auch irrtümlich, Rio de Janeiro heißen. Kapitän Gaspar de Lemos bezeichnete diesen Ort so, weil er glaubte, hier die Mündung eines Flusses entdeckt zu haben, und zwar am 1. Januar (des Jahres 1502; zwei Jahre vorher war er es, der von Cabral mit der Nachricht der Eroberung der „Insel” zurück nach Portugal geschickt wurde, siehe oben). Später stellte sich heraus, dass es keine Flussmündung, sondern eine Meeresbucht ist. Mit auf seinem Schiff war damals natürlich auch – wie könnte es anders sein – der neugierige Mitsegler Vespucci.
Auer will jetzt – auch im Januar 2012 – diesen Namen nicht mehr ändern, warum denn? Er fährt stattdessen lieber mit der inzwischen errichteten Gondelbahn auf den markanten Zuckerhut hinauf und genießt da oben – wie erwartet – den berühmten herrlichen Ausblick in Gottes freie Natur. Auer traf überraschend ohne vorhergehende Absprache auf dem Zuckerhut oben Renata. Halb zog sie ihn, halb sank er hin … Aber das Motto von großen Seefahrern ist ja immer wieder das Gleiche: Weiter!
Rio ade! Später am Tag warf Auer den Tränen nahe, die Maschinen der ARTANIA an und orderte Kurs Montevideo.
Von Montevideo und Buenos Aires gibt es ähnliche Geschichten über deren historische Entdeckungen und Stadtgründungen. Magellan taufte der Legende nach im Jahre 1520 den Hügel bei der heutigen Stadt Montevideo „Monte de San Ovidio”, weil einer seiner Seemänner beim Anblick des Berges „Monte vi eu” („ich seh einen Hügel”) ausgerufen hat. Und vor dem späteren Buenos Aires, wie Montevideo auch am Rio de la Plata, glaubte ja Magellan als erster die dubiose Passage nach Indien gefunden zu haben, über die damals in Seefahrerkreisen der europäischen Länder viele Gerüchte, Vermutungen und falsche Behauptungen kursierten. Er wollte also diesen Gerüchten folgend durch den Kanal nach Indien weiterziehen, nicht wissend, dass es nur ein an dieser Stelle unendlich breiter Fluss war, auf dem er einige Tage lang stromaufwärts segelte. Die Stadt „Buenos Aires” wurde dann an dieser Stelle erst 16 Jahre später von Pedro de Mendoza gegründet und mit diesem Namen versehen. Und auch an diesem spanischen Namen will Auer jetzt nicht mehr rütteln, zumal sich „Buenos Aires” aus einer damals durchaus verständlichen Fürbitte herleitet, nämlich um Schutz durch die große Patronin der Seefahrer, der heiligen Maria des „guten Windes”. Sicher, heute sind die vierzehn Millionen Einwohner dieser Stadt nicht mehr alles nur Seefahrer, aber ein „guter Wind” kann doch auch anderen Menschen helfen. Auer findet sich damit ab und lässt es dabei.
Die „Las Malvinas” sind jetzt das nächste Ziel der ARTANIA. Man kennt diese Inseln ja besser als „Falkland-Inseln”, verbunden mit der Erinnerung an den vom Zaun gebrochenen Krieg im Jahre 1982 und seine vielen Opfer. Und es kehrt nach wie vor keine Ruhe ein: „Las Malvinas son Argentinas” ist heute da unten der gebräuchliche, zynische Name für die Inselgruppe.
Aber vor Erreichen der Inseln, auf einer südlichen Breite von 49°, lässt Auer die Fahrt herausnehmen und gibt das Kommando zum „Beiliegen”. Es ist genau die Breite, auf der drüben an der südamerikanischen Küste der Eingang in die Bucht von „San Julian” liegt. Dieser lebensfeindliche, verhängnisvolle Ort! Auer will den historisch so unvergleichlichen Geschehnissen in dieser Bucht Tribut zollen, sich eine Stunde lang dieser Erinnerung am Ort des Geschehens aussetzen!

Schreckliche Duplizität der Ereignisse
Der erste Weltumsegler Fernando Magellan, ein Portugiese, war im Auftrag des spanischen Königs Karl I (später Kaiser Karl V) in dieser Region unterwegs. Und er stand am 2. April 1520 in der San Julian-Bucht einer dramatischen Meuterei gegenüber. Seine spanischen Kapitäne, die die Karavellen seiner Flotte befehligten, begehrten gegen ihren von blindem Ehrgeiz getriebenen Admiral auf; weiß Gott berechtigt, weil „dieser Portugiese” ihnen seit Monaten jede Information über Kurse und Ziele verweigerte. Die Niederschlagung des Aufstandes war Magellan nur mit großer Tücke gelungen, und er ließ nach dem damals herrschenden Seerecht fürchterliche Härte walten. Zwei Kapitäne wurden gevierteilt und die verstümmelten Torsostücke wurden an Pfählen ihrer jeweiligen Schiffe aufgespießt. Nur mit einem der Kapitäne wagte er das nicht, mit Juan de Cartagena, weil dieser ein spanischer Adeliger war. Er ließ ihn mit seinem begleitenden Priester dort an Land aussetzen; übelster Zynismus, wohl wissend, dass es für die beiden das viel grausamere Schicksal war als der Tod durch das Schwert.
Der Nachfolger von Magellan, der zweite Weltumsegler der Menschheitsgeschichte, der größte Seefahrer aller Zeiten, der Pirat seiner Königin Elisabeth, der Brite Francis Drake wird 57 Jahre später in der gleichen verdammten Bucht San Julian diese martialischen Handlungen noch einmal durchführen. Das Todesurteil gegen seinen an diesem Ort meuternden, früheren Freund Thomas Doughty ist von vergleichbarer Brutalität. Drake hatte damals schon Kenntnis von dem Magellan-Drama (sie hatten sogar den von der Hinrichtung der spanischen Kapitäne gezeichneten Blutstein an dem Ort vorgefunden). Er stellte den Verurteilten vor die Wahl, ausgesetzt zu werden oder durch das Schwert zu sterben. Doughty entschied sich für das Schwert.
Friedrich Egon Auer will – tief getroffen – nicht der Dritte in diesem Bunde sein. Er nimmt deshalb kleinere Zwistigkeiten, in die ihn seine Frau gelegentlich an Bord verstrickt, nicht als Meuterei. Er, der Humanist, ist auch weit davon entfernt, seine Frau in Eisen legen zu lassen, wie das früher in solchen Fällen üblich war. Die Seerechte sind heute schließlich ja auch nicht mehr das, was sie einmal waren.
Und Auer weiß auch, dass das verhängnisvolle Zwillingsschicksal von Magellan und Drake an dieser Stelle noch nicht zu Ende war. Magellan und Drake – beide waren hier mit je fünf Schiffen unterwegs – verloren in der Folge bei der Fahrt durch den „paso” (die heutige Magellan-Straße) jeweils zwei Schiffe ihrer Flotte, eines durch Kentern im Sturm, und eines durch feige Flucht oder – wer weiß es – von den Unwettern erzwungene Umkehr zurück in die Heimat. Vergleichbare Verluste kann sich Auer jetzt mit seiner ARTANIA – er hat ja nur diesen einen Kreuzer – nicht leisten. Er ist hoch konzentriert, hellwach, und wird in den kommenden Stunden und Tagen die Brücke nicht verlassen. Wir wissen aber heute noch nicht, ob ihm die totale Umschiffung Südamerikas wirklich gelingen wird.

Heute, 25.1.2012, 7:00 Uhr: Am Kap Hoorn!
Ruhige See, moderater Wind, ab und zu leichter Regenschauer. Auer wagt es und umrundet Isla Hornos … und liest auf diesem metallenen Monument ein Gedicht von Sara Vial (Chile):
„Ich bin der Albatros, der am Ende der Welt wartet.
Ich bin die vergessene Seele der toten Seefahrer,
die um die Welt kamen, das Kap Hoorn zu umschiffen.
Aber sie starben nicht in den tosenden Wellen.
Sie fliegen heute auf meinen Schwingen der Ewigkeit entgegen
mit dem letzten Aufbrausen der antarktischen Winde.”

Drei Passagen vom Atlantik zum Pazifik – Vom Kap Hoorn bis Puerto Montt
Friedrich Egon Auer will jetzt mehr: durch den Beagle Canal, durch die Magellan-Straße, hinein in die chilenischen Fjorde und hinaus in den Pazifik! Weiter oben, auf der Insel Chiloé vor der Hafenstadt Puerto Montt nimmt er sich eine Auszeit, setzt sich mit Papier und Feder an seinen Schreibtisch und berichtet den Lieben daheim:
„Brieftauben gibt es hier im chilenischen Puerto Montt keine, deshalb schicke ich Euch diesen ‚Magellan-Pinguin’. Er braucht für den Weg nach Hause wegen eingeschränkter Flugfreudigkeit sicher etwas länger als eine Taube, aber es eilt ja nicht. Er gehört – wie wir alle noch aus dem Schulunterricht wissen – zur Familie der Brillenpinguine. So jung wie hier auf dem Bild gezeigt ist der Vogel auch für Ornithologen noch zu verwechseln mit dem „Humboldt-Pinguin” (später nicht mehr). Er brütet auf der dem Puerto Montt vorgelagerten Chiloé-Insel, wo ich gerade frische Fische und Obst auf mein Schiff laden lasse ...”
Es wird für Auer wieder einmal eine Stunde der Besinnung. „Drake-Pinguine” gibt es hier keine, gibt es überhaupt keine. Das wäre nach Auers Überzeugung auch eine Verunglimpfung seiner admiralen Hoheit. Das, was Auer bei der eben erfolgten Umschiffung und Durchfahrt durch die Kap-Region über seinen Vorgänger Drake gelesen hatte, ließ ihn in Ehrfurcht erstaunen:
Während der Monate, in denen Francis Drake in London seiner Königin Elisabeth I die geplante Weltumsegelung erläuterte und schmackhaft machte, kam es durch die vielen Gespräche zu einem recht vertrauten Verhältnis zwischen den beiden. Neider aus der englischen Seefahrtszene sprachen davon, er hätte von der Queen das OK für die Weltumsegelung und deren Vorfinanzierung nur erhalten, weil er in diesen Tagen sehr zärtlich zu ihr geworden sei. Diese Theorie ist aber immer noch umstritten, da die Historiker bis heute keine Beweise, z.B. anhand spermatozoider DNA-Werte, vorlegen können. In jedem Fall gefiel es der Queen, dass Francis ihr viele Schmuckstücke aus Gold und Silber versprach, sonst hätte sie das Ganze auch nicht finanziert (solche glitzernden Geschenke hatte der Seeräuber ihr ja schon früher immer von seinen verschiedenen Ausflügen in die Karibik mitgebracht).
Drake bekam das OK und steuerte dann 1578 seine Schiffe in nur 16-tägiger Fahrt durch die 680 Kilometer lange Magellan-Straße. Erfahrene Rahsegler tun sich heute noch schwer, ihm diese 16 Tage zu glauben; Magellan benötigte bei insgesamt wesentlich besserem Seewetter 39 Tage. Bei der westlichen Ausfahrt aus der Straße wollte Drake Kurs Westnordwest nehmen (wie Magellan, der hier das ruhigste Meer seines Lebens vorfand, weswegen es heute noch „Pazifik” heißt). Aber Drakes Schiffe wurden bei dieser Ausfahrt von tagelangen, orkanartigen Stürmen außen zurück nach Südosten bis vor das heutige Kap Hoorn getrieben. So „entdeckte” er zwangsläufig die nach ihm benannte „Drake- Straße“ zwischen Feuerland und der Antarktis. Man glaubte bis dahin, dass Feuerland fest mit der Antarktis verbunden sei. Diese neu entdeckte südlichste Durchfahrtstraße wurde anschließend von der englischen Krone jahrzehntelang wie ein Geheimnis gehütet, völlig zwecklos und ohne jeden praktischen Wert. 1616 kam die „Wiederentdeckung” durch zwei Seefahrer, die im holländischen Hoorn geboren wurden (daher der Name „Kap Hoorn”, der heutzutage nur verkürzt – als „Horn“ – einen Sinn ergibt, so wie der Felsen aussieht).
Aber Drake schaffte es dann vom Kap Hoorn aus – trotz widerlichster Bedingungen – doch wieder in den Pazifik vor- und einzudringen. Den weiteren Magellan-Kurs nach Westnordwest konnte und wollte er nicht steuern. Er nahm den Kurs Nord, nahe der Küste Südamerikas entlang hinauf in die Äquatorregion vor Peru. Dass er dabei eine „zügige“ Unterstützung vom natürlichen Humboldt-Strom erfuhr, brachte man bekanntlich erst Jahrhunderte später in Erfahrung.
Zwischen den beiden berühmten Wasserstraßen, die nach Magellan und Drake benannt sind, gibt es in dieser Region noch eine dritte Verbindung vom Atlantik zum Pazifik. Es ist der Kanal, der seinen Namen vom Forschungsschiff „Beagle” bekommen hat, auf dem Charles Darwin 1834 bei seiner zweiten Weltreise durch diese Passage fuhr.
Auer nimmt im Januar 2012 zusätzlich auch diesen Weg, den weder Magellan noch Drake jemals gesehen oder durchfahren haben. Das hat nichts mit überzogenem Ehrgeiz zu tun, Auer hat einfach – wie schon erwähnt – besseres Kartenmaterial auf seinem Navigationstisch und starke Motoren achtern im Unterbau seiner ARTANIA. Er nimmt nach der Durchfahrt durch den Beagle-Kanal und der Magellan-Straße die Route Drakes nach Norden, entlang der Küste, seiner Zielsetzung wegen, und das ist die Umschiffung des Kontinents. Jetzt am 42. Breitengrad, auf der Insel Chiloé, ist er guten Mutes, dass es ihm gelingen wird. Ob Auer dieses Vorhaben vollständig zu Ende bringen wird, wissen wir allerdings heute noch nicht.

Noch einmal mit Drake, noch einmal mit Gefühl – Von Puerto Montt zum Panamakanal
Auf seiner Weltumsegelung entfaltete Francis Drake in den Jahren 1578 und 1579 vor der Westküste Südamerikas in unnachahmlicher Weise seine Piraterie-Künste. Zunächst wurde er bei einem Besuch auf der Insel Mocha vor dem südlichen Chile durch eine Unachtsamkeit von Pfeilen Eingeborener verletzt, die er daraufhin beleidigt verließ. Dann begegnete er auf seinem weiteren Nord-Kurs den ersten spanischen Seefahrern. Zu dieser Zeit trieben sich ja schon viele eifrige Nachfolger Pizarros mit ihren Galeonen vor der Küste Perus herum, oft mit viel glitzerndem Inka-Metall im Bauch ihrer Schiffe. Sie transportierten es hinauf nach Panama, wo das Gold dann seinen Landweg hinüber in die Karibik und weiter nach Spanien fand oder eben finden sollte, wäre da nicht dieser Drake aufgetaucht. Da begann sein geschichtsschreibender Auftritt in dieser Region.
Wie früher der Grundschullehrer den schlimmen Buben beliebig Ohrfeigen austeilte, kaperte Drake in einem unfassbaren Beutezug eine spanische Galeone nach der anderen, kassierte jeweils alles ab, was da an Essen und Trinken zu finden war und hinterließ seine Opfer vor allem immer „schmucklos”, was diese besonders zum Weinen brachte (Mitbringsel für seine Queen!). Das Leben der Geplünderten schonte er. Als Draufgabe ihrer Beschämung pflegte er sie mit „Glückwünschen” zu entlassen. Vor Lima allerdings, wo sich die Spanier auf Geheiß ihres lokalen Vizekönigs einmal organisierten und etwas gegen den Teufelskerl unternehmen wollten, handelte er gnadenlos, wovon die völlige Zerstörung des eben erst in drei Jahrzehnten mühevoll aufgebauten Hafens von Callao zeugt. „Da müssen die spanischen Goldsammler eben dazulernen” meinte der Engländer (man darf nicht vergessen, auf seinem Segler GOLDEN HIND hatte er achtzehn Kanonen montiert, je sieben Backbord und Steuerbord, zusätzlich vier auf dem Vorderschiff; da konnte es bei Bedarf fürchterlich krachen).
Friedrich Egon Auer, jetzt im Februar 2012 auf gleichem Kurs unterwegs, ist sicher nicht so talentiert wie der Meister, jedoch mit der gleichen Lust auf Beute ausgestattet. Er beherrscht sich aber und verzichtet auf solche Turnübungen, mit Rücksicht auf seine ihn begleitende Frau und zu seiner eigenen Sicherheit. Er will Drake nicht imitieren, aber durchaus von ihm lernen. Bei Spaziergängen durch Valparaiso oder Antofagasta benimmt er sich den Eingeborenen gegenüber äußerst freundlich, weil er Händel mit Verletzungsfolgen wie bei Drake vermeiden will. Natürlich besucht er dann in Lima – vom Goldrausch getrieben – das berühmte Museo Oro del Perú. Er nimmt aber nichts mit!
Er hätte zwar gern nach der Heimkehr ein paar präkolumbische Goldmasken in seinem Wohnzimmer aufgehängt, aber ohne Kanonen (die er ja auf seiner ARTANIA nicht hat) sieht er da keine Chance, Beute zu machen. Wie sollte er auch das Metall an der berittenen Polizei vorbei, die in Lima an jeder Straßenkreuzung präsent ist, auf sein Schiff transportieren? Den Fokus legt er in diesen Tagen auf den Seeweg selbst, also auf den Kurs. Das bringt ihm letztendlich den großen Vorteil, den Durchstich durch Panama zu finden, den vor ihm der Pirat Drake offensichtlich nebensächlich fand, ja anscheinend übersehen hatte und einfach links, nein, steuerbord liegen ließ.
Insofern trennen sich hier die Wege der beiden. Drake wollte ja um die Welt. Man vermutet, dass er damals noch bis vor das heutige Kalifornien hochsegelte. Erst irgendwo bei San Francisco steuerte er dann den Kurs West, um im Stile eines von Poseidon gezeugten Halbgottes über den Pazifik zu reiten (er wusste ja, dass es der Weg nach Asien ist, weil er „von Magellan” wusste). Er erreichte im Anschluss auch auf direktem Kurs die damals für Europäer märchenhaften Gewürzinseln, die „Molukken”. Er fand diese Inseln mühelos mit seinem beispiellosen seemännischen Geschick, was die Magellan-Kapitäne posthum beschämen musste, welche genau in diesem Gewässer bei der Suche nach dem gleichen Ziel monatelang umherirrten (allerdings ohne die Führung ihres zuvor auf einer Philippineninsel massakrierten Magellan; das muss hier aus Fairness ihnen gegenüber erwähnt werden).

Francis Drake, der wahrhaftig Größte seiner Zunft. Servus!
Friedrich Egon Auer dagegen steuert jetzt durch die Kanäle Panamas, hinüber in die karibische See. Die Einfahrt findet er am 13.2.2012 noch vor Sonnenaufgang. Beim Anblick der Szene im Morgengrauen verselbständigen sich seine Gefühle, Rührung macht sich breit. Es drängt und dringt Wasser in seine Augen (eben an dieser Stelle passierte genau das Gleiche schon dem sonst so hartgesottenen Konquistador Vasco Nunes de Balboa, der im Jahre 1513 – von der anderen Seite kommend – daselbst den pazifischen Ozean schaute, als erster Europäer!).
Die ARTANIA zieht wie im Fluge unter der Puente de las Américas in den Kanal hinein. Diese Brücke war nach dem Bau des Panamakanals fast hundert Jahre lang die einzige Landverbindung von Nord- und Südamerika (heute gibt es zu ihrer Entlastung eine weitere Brücke). Auer geht zur Reling und versucht sich zu sammeln. Er wird beim Dahingleiten auf der Wasserstraße ein Spielball seiner aufgewühlten Gefühle. Was er vorne vor dem Bug gerade das erste Mal in seinem Leben erblickt, entschwindet ihm wenig später auf dem Heck achteraus, und er weiß, dieses entschwindet für immer. Goethes „Willkomm und Abschied” kennt er ja von verschiedenen Erlebnissen in seinem Leben, aber dieser „Willkomm und Abschied” ist von einer anderen, einer endgültigen Art.
Ob Auer die vollständige Umschiffung von Südamerika gelingen wird, wissen wir immer noch nicht, aber langsam scheint dieses Ziel zum Greifen nahe zu kommen … Die Fortsetzung lesen Sie in Ausgabe 1/2019 (Januar/Februar).

18605 P1010368 Recife Foto Dr Auer AugsburgIn der Altstadt von Salvador da Bahia.

18605 P1010332 Recife Foto Dr Auer AugsburgStraßenbild im Zentrum von Salvador da Bahia.

18605 P1010364 Recife Foto Dr Auer AugsburgGelebte afrobrasilianische Kultur in Salvador.

18605 P1010414 Recife Kathedrale Foto Dr Auer AugsburgKatholisches Ilheus. Die San Sebastian Cathedral wurde erst 1967 fertiggestellt.

18605 P1010555.5 Rio Foto Dr Auer Augsburg Blick vom Berg Corcovado auf Rio de Janeiro.

18605 P1010569 Rio Corcovado Jesus Statue Foto Dr Auer AugsburgDie Jesus-Statue auf dem Corcovado.

18605 P1010598 Rio Zuckerhut Foto Dr Auer AugsburgHinauf auf den Zuckerhut.

18605P1010611 Rio Corcovado Jesus Statue Foto Dr Auer AugsburgUnd ein Blick zurück auf die Jesus-Statue auf dem Corcovado.

18605 P1010624 Rio Blick vom Zuckerhut Foto Dr Auer AugsburgDie Brasilianerin Renata posiert auf dem Zuckerhut, eine Begegnung der besonderen Art.

18605 P1010677 Montevideo Statue Foto Dr Auer AugsburgJosé Gervasio Artigas, der Freiheitsheld Uruguays, begrüßt uns in Montevideo.

18605 P1010699 Montevideo Foto Dr Auer AugsburgMitten in Montevideo der mächtige Palacio Salvo, erbaut von italienischen Einwanderern.

18605 P1010748 Montevideo Foto Dr Auer AugsburgMan lotst uns in den Hafen von Buenos Aires.

18605 P1010831 Buenos Aires Foto Dr Auer AugsburgDer moderne Handelsplatz im Hafen von Buenos Aires.

18605 P1010816 Montevideo Foto Dr Auer AugsburgIdylle unter einem riesigen Gummibaum mitten in Buenos Aires.

18605 P1010849 Buenos Aires Boca Juniors Foto Dr Auer AugsburgDas Stadion der geliebten jungen Kicker im Stadtteil La Boca.

18605 P1010857 Buenos Aires Boca Foto Dr Auer AugsburgDas Künstlerviertel La Boca.

18605 P1010858 Buenos Aires Boca Foto Dr Auer AugsburgFarbenfrohe Haus-Dekorationen in Buenos Aires-La Boca.

18605 P1020007 Ushuaia Foto Dr Auer AugsburgDie MS BREMEN begrüßt uns in Ushuaia, der südlichsten Stadt in Argentinien.

18605 P1020011 Ushuaia Foto Dr Auer AugsburgUshuaia, das Tor zur Antarktis, seit 25 Jahren eine rege, betriebsame Stadt.

18605 P1020011 Ushuaia Nanutak Foto Dr Auer AugsburgWanderung ins Naturreservat Nunatak.

18605 P1020045 Ushuaia Nanutak NP Lupinen Foto Dr Auer AugsburgIm Nunatak blühende Lupinien der besonderen Feuerland-Art.

18605 P1020070 Ushuaia im Beaglekanal Foto Dr Auer AugsburgScheinbar dicke Freunde, die Pinguine und Seelöwen im Beagle-Kanal.

18605 P1020078 Abschied von Ushuaia Foto Dr Auer AugsburgUshuaia ade, auf zum Kap Hoorn.

18605 P1020109 Kap Hoorn Denkmal Foto Dr Auer AugsburgDas Denkmal für die am Kap Hoorn umgekommenen Seeleute.

18605 P1020140 nahe Kap Hoorn Foto Dr Auer AugsburgBlick auf die Gletscherwelt Südamerikas.

18605 P1020180 MS ASTOR nahe Kap Hoorn im Suedpazifik Foto Dr Auer AugsburgWir begrüßen die MS ASTOR, die so wie wir wegen Sturm nicht in den Hafen von Puntas Arenas einlaufen kann.

18605 P1020221.5 Gletscher nahe Kap Hoorn Foto Dr Auer AugsburgWir holen Gletschereis für die Getränkebars unseres Schiffes. Die ARTANIA folgt nun der chilenischen Küste nach Norden.

18605 P1020463 Santiago de Chile Foto Dr Auer AugsburgIn Santiago de Chile besuchen wir u.a. die Kathedrale.

18605 P1020528 Ein Tag in Valparaiso Chile Foto Dr Auer AugsburgEs folgt ein Tag in Valparaisio, Chile.

18605 P1020533 Valparaiso Armada de Chile Foto Dr Auer AugsburgValparaiso – der Palast der berühmten Armada de Chile.

18605 P1020553 Valparaiso Besuch bei Pablo Neruda Chile Foto Dr Auer AugsburgEs folgt ein Besuch bei Pablo Neruda, einem chilenischen Dichter und Schriftsteller, der sich vor allem gegen den Faschismus in seinem Heimatland Chile und in Spanien einsetzte.

18605 P1020584 Valparaiso Restaurant Foto Dr Auer AugsburgDie Restaurants im Hafen von Valparaiso haben viel zu erzählen, man spürt dort die Zeit. 18605 P1020708 Lima Peru Foto Dr Auer AugsburgLima, Peru. Wachablösung bei der Polizei, Freund und Helfer.

18605 P1020736 Lima Peru Foto Dr Auer AugsburgEin Kulturabend mit regionalem Tanzwettbewerb der Sonderklasse in Lima.

18605 P1020810 Lima Peru Foto Dr Auer AugsburgEcuador, Guayaquil, das Tor zu den Galapagos-Inseln. Reptilien leben aber auch am Stadtplatz von Guayaquil.

18605 P1020835 Panama Puente de las Americas Foto Dr Auer AugsburgAm Eingang in den Panamakanal die Puente de las Americas, 100 Jahre lang die einzige Straßenverbindung zwischen Nord- und Südamerika.

18605 P1020861 Panamakanal Foto Dr Auer AugsburgDie ARTANIA läuft durch die Gatun-Schleusen in den Panamakanal ein.

18605 P1020952 Panamakanal Pedro Miguel Schleuse Foto Dr Auer AugsburgDie Pedro Miguel Schleuse bei Panama-Stadt, in der die „Locos” die Schiffe hindurchziehen ...

18605 P1020955 Panamakanal Pedro Miguel Schleuse Foto Dr Auer Augsburg... und mit den Stahlseilen auf Abstand zur Schleusenwand halten.

18605 P1020924 Panamakanal Foto Dr Auer AugsburgDer Großteil des Panamakanals ist kein Kanal, sondern ein traumhaft schöner Stausee, der Gatun-See.