SeereisenMagazin Logo klein 347 65EDITORIAL · AUSGABE 6/2018hr

Wahlen, Wut und Winterwochen
Der Wahlausgang in Bayern und Hessen hat es bewiesen: der Ausdruck „Volksparteien” hat sich erledigt. Christ-Demokraten und Sozial-Demokraten dümpeln nur noch vor sich hin. Beide ehemaligen Volks-Parteien haben sich extrem vom Volk entfernt. Sie haben abgewirtschaftet. In erster Linie wegen ihres eigenen Versagens. Das eigne Wohl war ihnen wichtiger als das Wohl des Volkes. Jahrelang haben sie ihre Aufgaben verschlafen: die akut wachsende Wohnungsnot, den seit langem absehbaren Mangel an Pflegepersonal und Lehrern, die längst überfällige effektive Organisation der total aus dem Ruder gelaufenen Einwanderung nach Deutschland, die Sicherung von Rohstoffen für die deutsche Industrie, die Instandhaltung einer funktionierenden Bundeswehr. Andrea Merkel und Angela Nahles haben sich vereint erledigt.
Die ehemaligen „Volksparteien” haben sich jahrelang ähnlich scheinheilig verhalten wie die Katholische Kirche. Die Politiker haben eigenes Versagen verharmlost, vertuscht und schöngeredet. Der Kirche waren die Verbrechen all ihrer perversen Priester und Pfaffen wohlbekannt. Sie hat nicht nur nichts dagegen unternommen, sie hat die Sauereien sogar jahrelang gedeckt. Der deutsche Oberhirte Marx hat seine Engels in Schutz genommen und die vieltausendfachen Verbrechen seiner Priester zwar „bedauerlich” genannt, aber doch auch Verständnis gezeigt für die Not des Leibes. Im normalen Leben hätten sich all diese Kinderschänder vor Gericht zu verantworten und kämen für Jahre in den Knast. Bei den Pfaffen wird der „arme Sünder” in ein anderes Kloster delegiert, wo er dann seine Perversionen fortsetzen kann. Der Zölibat, diese widernatürliche Unterdrückung der Natur, wird nicht etwa abgeschafft. Er wird beibehalten, obwohl jeder weiß, wie folgerichtig er Priester zu Verbrechern machen kann. In meinen Augen ist der Zölibat auch Gotteslästerung. Denn Gott hat verfügt: „Seid fruchtbar und mehret Euch!” Er hat nicht gesagt: „Missbraucht Eure Ministranten!”
Das Versagen der Katholischen Kirche und das Versagen der „Großen Koalition” sind evident. Keiner kann mir mehr erzählen, was an der Kirche heilig und an der Koalition groß sein sollte? Die Kanzlerin scheint oft im Halbschlaf eingenickt. Auf der Regierungsbank spielt sie gern mit ihrem Smartphone. Phoenix überträgt ihre Langeweile wie einen Virus in das Volk: das Bild einer uninteressierten und abwesenden Kanzlerin. Kein Zwischenruf, keine Reaktion, kein Kontern – wenn Grüne oder Blaue provozieren. Ein Kapitän, der sein Schiff so führen würde wie unsere Kanzlerin ihre Regierungsgeschäfte, der hätte längst sein Patent verloren.
Fast nur noch das Internet, trotz all seiner Mängel, informiert die Wähler über das tagtägliche Versagen unserer etablierten „Volksvertreter”. Über die Scheinheiligkeit des katholischen Klerus und über die leeren Worthülsen all der Pfaffen und Politiker. Fernsehen, Funk und Zeitungen scheinen oft wie ferngesteuert. Ihre fast gleichlautenden Kommentare zu offenkundigen Missständen bevormunden ihr Publikum, also ihre bisherigen Zuschauer, Hörer und Leser. In fast jeder Moderation ist eine Belehrung versteckt. Das Publikum wendet sich ab, kündigt Abonnements und macht sich ein eigenes Bild von der Wirklichkeit. Es ist des medialen mainstreams überdrüssig.
Das Problem unserer Gottes- und Volksvertreter ist ihre Distanz zur Wirklichkeit – in beiden Welten. In Politik und Religion. Es ist ja schon fast hämisch gegenüber ihren Wählern, wenn Politiker mit 25.000 Euro und mehr im Monat (einschließlich all ihrer Zuschläge und Nebeneinkünfte), mit eigenem Haus daheim im Wahlkreis und schöner Wohnung in Berlin, mit Dienstwagen und Privatlimousine, wenn diese PolitikerInnen in verquastem genderdeutsch vor den Mikrofonen von „Mietpreisbremsen” faseln, während sie selbst im Parlament beschlossen haben, dass Vermieter ihre teuren „Modernisierungen” auf die Mieter umlegen können. Durch diese „Aufwertung” der Immobilien steigen die Mieten und werden unbezahlbar – für Normalverdiener. Für Familien mit Kindern. Für alleinerziehende Mütter oder Väter. Die Billigmieter fliegen raus. Teuermieter kommen rein. Und die Damen und Herren von CDU und SPD quatschen weiter von Gerechtigkeit. Sie alle haben noch nie in einer Besichtigungs-Schlange stehen müssen.
Aber auch global vernachlässigt unsere Regierung ihre Aufgaben. Jeder weiß, dass die Rohstoffe dieser Welt rapide rarer werden. Alle kümmern sich um die ökonomische Zukunft ihrer Völker: Xi Ping und Donald Trump, Wladimir Putin und Emanuel Macron, Sebastian Kurz und Victor Orban – sogar die bankrotten Italiener engagieren sich in Afrika und Asien. Aber wenn Frau Merkel in den Fernen Osten reist, mahnt sie – nach eigener Aussage – die Chinesen zunächst mal an die Menschenrechte. Edles Runterleiern „unserer Position”. Die Chinesen lächeln. Sie kennen ihn schon, diesen Sermon der Deutschen.
Die Navigatoren auf der deutschen Kommandobrücke leiden unter Sichtbehinderung. (Merkel, Altmaier, Maas, Scholz). Ihr Problem-Radar ist abgeschaltet. Die Sichtverhältnisse der Chinesen scheinen klarer. Sie haben die Zukunft ihres eigenen Volkes vor Augen. Sie bauen die Seidenstraße über Land und die Seidenroute über See. Sie halten Kurs und schauen in die Zukunft. Und versorgen sich beizeiten mit all den Bodenschätzen aus Afrika und Südamerika, die ihre Industrie so dringend braucht. Und die auch unsere Industrie bald sehr, sehr dringend brauchen würde. Aber bei uns wird eigene Vorsorge als Kolonialpolitik verunglimpft. Die anderen nennen es Entwicklungspolitik. Sie bauen den Afrikanern Straßen und Eisenbahnen, Bergwerke und Fabriken und haben auch eigenen Nutzen davon. Sie geben und nehmen. Wir geben nur.
Das alles hat auch mit Seefahrt zu tun. Denn Versorgung braucht Tonnage. Aber es gibt kaum noch deutsche Massengutfrachter und keine deutschen Öl-Tanker mehr. Die deutsche Handelsflotte hat sich ausgeflaggt. Hamburg-Süd und Hapag-Lloyd und all die anderen wurden internationalisiert. Sogar die Fähre zwischen Helgoland und Hamburg. Auch große deutsche Kreuzfahrtschiffe gibt’s nicht mehr. AIDA und TUI Cruises gehören amerikanischen Konzernen. Die riesigen Flotten werden von Miami aus gesteuert.
Der Rohstoffzug droht also, ohne Deutschland abzufahren. China hat mit afrikanischen Ländern in letzter Zeit mehr Liefer-Abkommen geschlossen als Frau Merkel in all ihren 13 müden Kanzlerjahren. China kauft Kobalt und Kupfer, Zink und Mangan und all die Seltenen Erden, die tatsächlich selten und für Deutschland bald nicht mehr zu haben sind. Die USA und China sichern sich das Lithium aus Chile und Argentinien, während Frau Merkel nur gelangweilt mit ihrem Lithium-Handy spielt. Sie redet über deutsche Elektro-Mobilität der Zukunft, hat aber jahrelang keinerlei Interesse an einer deutschen Batterie-Fabrik gezeigt. Eher mahnt sie Umweltschäden in Chiles Atacama-Wüste an (und wittert natürlich auch dort eine mögliche Verletzung der Menschenrechte). Sie überlässt den Lithium-Abbau dort chinesischen, amerikanischen, japanischen Konzernen. Apple, Samsung, Tesla, Sinopec, China Mobile – sie alle holen sich die Mineralien und Rohstoffe für ihre Industrien, wo sie nur können. Es scheint, als sei das für Frau Merkel „Beschaffungskriminalität”. Und auch das Übergewicht des deutschen Wirtschaftsministers liegt, wie man weiß, ja nicht auf vorausschauenden Fähigkeiten.
Mal sehen, wie der Winter wird. Heftig, sagen die Kachelmänner. Im Jemen haben noch vor einem Jahr rund 10 Millionen Kinder gelebt. Viele davon leben schon jetzt nicht mehr. Der Religionskrieg hat sie ausgerottet. Ihre abgemagerten Skelette dörren unter dem Wüstensand. Die Welt zuckt mit den Schultern. Saudische Sunniten und iranische Schiiten feuern im Jemen ihre leeren hehren Lehren ab – und gleichzeitig ihre Bomben und Granaten. Bezahlt mit all den Öl-Milliarden der Araber und der Perser diesseits und jenseits des Golfs ... Tausende Raketen auf beiden Seiten, hergestellt im Abendland, verballert jetzt im Morgenland. Eine einzige Rakete kostet mehr als der Lebensmittel-Bedarf von hunderttausend Kindern. Erkläre so einem Hungerkind mal, was „Stellvertreterkrieg” bedeutet. Das Land braucht Reis statt Religionen. Wasser statt Wahabiten. Schulen statt Schiiten. Spielt die Menschheit nur verrückt – oder ist sie es schon?
Es ging mal friedfertiger. Vor 20 Jahren haben Schröder und Putin den Bau der Gasleitung von Russland nach Deutschland vereinbart. Unter der Ostsee hindurch. Unser damaliger Kanzler hatte rechtzeitig die Gefahr erkannt, die EU könnte von amerikanischer Energie-Gnade abhängig werden. Und vom arabischen Öl. Wie recht er hatte: jetzt blockieren die Amis den Bau einer zweiten Pipeline, weil sie u n s die Versorgung und den Russen das Geschäft nicht gönnen. Und Teheran wollen sie bombardieren, weil der Iran – wegen der westlichen Wirtschaftssanktionen – sein Erdöl nun nach China verkauft. Deshalb hat Trump das Atomabkommen mit dem Iran gekündigt. Der Globus war im Begriff, global zu werden. Jetzt geht es einigen Mächtigen wieder nur um Macht. Donald Trump macht auch große Kriege wieder denkbar. Mann, wir hatten das alles für Vergangenheit gehalten. Und wenn der große Frost kommt im Februar, dann werden wir Schröder und Putin noch dankbar sein für die Fernwärme aus Sibirien … Kommen Sie gut durch den Winter!
Ihr Herbert Fricke