SeereisenMagazin Logo klein 347 65NORDSEEMAGAZIN · AUSGABE 3/2019hr

Bremen aus der Luft Foto Jochen Knobloch Bremer Touristik Zentrale 101891
Das ist meine Hafenstadt – Bremen.
Foto: Jochen Knobloch, Bremer Touristik Zentrale

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19319 Deutsches Auswanderer Haus P1160737 Foto Dieter Bromund BremenDas einzigartige Deutsche Auswanderer Haus in Bremerhaven soll vergrößert werden. Foto: Dieter Bromund, Bremen

 Auswandererhaus in Bremerhaven soll größer werden
Das deutsche Auswandererhaus (DAH) in Bremerhaven ist nach dem Klimahaus, dem Zoo am Meer und dem Universum die meistbesuchte Attraktion im Land Bremen. Es soll jetzt mit Millionenaufwand um einen Trakt erweitert werden – für wissenschaftliche Arbeit und zusätzliche Ausstellungsflächen. Das DAH wurde 2005 als Spezialmuseum zum Thema Migration am Südende des neuen Hafens in Bremerhaven eröffnet. Von dort wanderten rund 7,2 Millionen Menschen vor allem nach Nord- und Südamerika aus. Bereits 2012 wurde ein erster Erweiterungsbau fertiggestellt.

Nordsee im Wandel
Die Nordsee ist rund 575.000 Quadratkilometer groß, hat also eineinhalb Mal die Größe Deutschlands. Sie ist durchschnittlich weniger als hundert Meter tief. Ihr südlicher Teil zählt zu den Meeresgebieten mit dem dichtesten Schiffsverkehr. Für viele Staaten spielt sie eine wesentliche Rolle als Fischfanggebiet. Eine gemeinsame Studie des norwegischen Instituts für Meeresforschung und dem Thünen-Institut für Seefischerei in Bremerhaven zeigte kürzlich, wie sich die Fischbestände in der Nordsee entwickeln. So finden sich Sardinen und Sardellen hier heute häufiger, die eher in wärmeren Gewässern wie etwa dem Mittelmeer zu Hause sind. Seltener geworden ist der Kabeljau, der zum Laichen eine Temperatur zwischen drei und sieben Grad braucht. Sein Lebensraum wandert immer weiter nach Norden. Die Studie zeigt auch, dass sich Fischbestände rasch erholen können, wenn ihre Fangraten verringert werden. In der Nordsee kommen weit mehr als 200 Fischarten vor, etwa 70 von ihnen im Wattenmeer.

Mit neuer Fähre nach Helgoland
Einen Versuch startet die Cuxhavener Reederei Cassen Eils am 5. Mai dieses Jahres. Um 7.15 Uhr legt die LNG Fähre MS HELGOLAND von Brücke 7 der Landungsbrücken in Hamburg zur ersten Non-Stop Fahrt nach Helgoland ab. Um 16 Uhr will man wieder festmachen. Für die Fahrt hin und zurück zahlen Erwachsene 66 Euro, Kinder 33 Euro. Die Fähre kann 1.040 Passagiere in mehreren Salons aufnehmen. 2018 besuchten 392.000 Gäste Deutschlands einzige Hochseeinsel, rund 14 Prozent mehr als im Vorjahr. Auf der Insel übernachteten 330.000.

Gegen Wohnungsnot auf den Inseln
Ein neues Gesetz erlaubt Städten und Gemeinden in Niedersachsen, künftig die Zweckentfremdung von Wohnraum in Gebieten zu verbieten, in denen eine „ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit bezahlbarem Wohnraum besonders gefährdet ist.” In solchen Gebieten kann die Gemeinde die Umwandlung von Wohnraum in Ferienappartements oder Gewerberäume verbieten. Die Vermietung über Internet-Plattformen gilt nicht als Zweckentfremdung, wenn sie auf bis zu zwölf Wochen im Jahr beschränkt ist, in überwiegend touristisch geprägten Gebieten bis zu acht Wochen. Die neue Regelung wird auf den Inseln unterschiedlich bewertet. Insulaner könnten jetzt leichter Wohnungen finden, doch eine Kontrolle, ob die Fristen bei Vermietungen eingehalten werden, scheint einigen Bürgermeistern unmöglich.

Nationale Küstenwache gewünscht
Der Umweltverband Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste (SDN) besteht seit 1973. In ihm haben sich Küstenkreise, Kommunen und Verbände organisiert. Der SDN hat den Unfallbericht der Havarie des Massengutfrachters GLORY AMSTERDAM analysiert und fordert jetzt eine nationale Küstenwache. Im Oktober 2017 war die GLORY AMSTERDAM vor der Insel Langeoog auf Grund gelaufen, nach Einschätzung des SDN, weil sie untermotorisiert war, also mit starkem Wind und schwerer See nicht zurechtkam. Der Unfall zeigte „das verworrene Zusammenwirken verantwortlicher Stellen in einem maritimen Notfall vor der deutschen Küste.” Es sei dem verantwortlichen Havariekommando nicht gelungen, binnen 12,5 Stunden „erfolgreich auf eine Situation zu reagieren, die in der Seefahrt alles andere als ungewöhnlich ist.” Verlangt wird eine Küstenwache mit einheitlicher fachlicher und rechtlicher Zuständigkeit, mit kurzen Wegen und klaren Strukturen „zur Bewältigung komplexer Schadenslagen auf See und an der Küste.”

Modelle für den Schutz vor Hochwasser
Drei Millionen Euro investierte das Land Niedersachsen in ein Projekt des Landesamtes für Geoinformation und Landesvermessung: mit 3D-Modellen von Niedersachsen sollen künftig Hochwasser präziser vorausgesagt werden. Für jeden Winkel im Land kann man jetzt simulieren, wie sich ein Hochwasser ausdehnen würde. Für die Entwicklung dieser Modelle vermaßen Spezialflugzeuge mit Lasern zwei Jahre lang das Bundesland. Zwei weitere Nutzen der Modelle: Fachleute können jetzt zeigen, wie sich Lärm auf stark befahrenen Straßen ausbreitet oder wie Schadstoffe sich nach Industrieunfällen verteilen.

Ersatz für Schäden durch Wildgänse
Wildgänse, die in Scharen auf Wiesen oder Feldern einfallen, richten Schaden an, wie jeder Bauer weiß. Für den Ausgleich von Schäden, die auf Ackerland entstehen, gibt es bereits seit 2011 Regelungen. Jetzt begann ein Test, mit dem Schäden auch auf Grünflächen gemessen werden können. Ist er erfolgreich, können Ertragseinbußen auch auf diesen Flächen schneller gemessen werden.

Weser vor der Elbe
Der Weserradweg vom Weserbergland bis zur Nordsee wird jährlich von mehr als 100.000 Menschen befahren. Er ist über 500 Kilometer lang. Zum ersten Mal hat er jetzt nach einer Befragung von Rad-Touristen den Elbe-Radweg auf dem Spitzenplatz abgelöst. Grund für die wachsende Beliebtheit waren die Verbesserung der Wegequalität, die Optimierung des Streckenverlaufs und die intensive Vermarktung der landschaftlichen Vielfalt ohne größere Steigungen und eine gute touristische Infrastruktur.

Nachwuchs gesucht für die Seeschifffahrt
Die maritime Wirtschaft in Deutschland hat einen geschätzten Jahresumsatz von etwa 50 Milliarden Euro und beschäftigt direkt oder indirekt 400.000 Menschen. Doch auch sie muss um Nachwuchs kämpfen. Obwohl es genügend deutsche Reedereien gibt, die junge Menschen behalten und bis zum Offizier fördern, fehlen Bewerber für die Ausbildung. Als erfolgreich auf der Suche haben sich zwei neue Projekte bewährt: In persönlichen Gesprächen auf Berufsinformationsmessen kann man viel erreichen. Auch das „Ferienfahrer”-Programm des Verbandes deutscher Reeder weckt Interesse. Schülerinnen und Schüler können in den Ferien auf Handelsschiffen die Arbeit auf See erleben, wenn sie mindestens 16 Jahre alt und seetauglich sind.

Mehr Geld für Häfen
Niedersachsen wird 2019 41 Millionen Euro in seine Häfen investieren, davon 11 Millionen in die bessere Schienenanbindung. Die Häfen bieten rund 45.000 Menschen Arbeit. 2017 war ein Rekordjahr mit Umschlagsmengen von mehr als 53 Millionen Tonnen. Der Umschlag sank in 2018 um 6,6 Prozent. Gründe waren das kalte Frühjahr mit weniger Baustoffen und der heiße Sommer, in dem wegen niedriger Wasserstände weniger transportiert werden konnte. Brexit und mögliche Sanktionen der US-Regierung erlauben keine Aussagen über die Erwartungen für 2019. An der niedersächsischen Küste gibt es neun größere Seehäfen: Brake, Cuxhaven, Emden, Leer, Nordenham, Oldenburg, Papenburg, Wilhelmshaven und Stade. Die Landesregierung setzt sich dafür ein, dass der Bund Wilhelmshaven und möglichst auch Stade als Standort für Terminals mit Flüssigerdgas (LNG) fördert.

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19319 Delius Klasing Island 11414Das besondere Buch

ISLAND
Rezension von Dieter Bromund
Es ist ein gewaltiges Buch, 24,3 x 30 cm groß, fast 3 cm dick und über 2,1 kg schwer. Die Fotos stammen von Michael Poliza, den man u.a. vom STERN kennt, den Text hat ebenfalls ein STERN-Mann geschrieben, Christian Krug, Chefredakteur von 2014 bis 2018. Mit ihrem Buch erreichen die beiden Männer genau das, was sie in ihm immer wieder kritisch hinterfragen: sie locken Besucher nach Island. Christian Krug war einige Male auf Island, das im Jahre 2000 nur 302.900 Menschen besuchten. 2017 zählte man exakt 2.224.074 Touristen. Die Zahl allein sagt nichts, wohl aber der Zeitraum, in dem sie das Land besuchen: im Juli und August gibt es auf der Insel mehr Ausländer als Einwohner.
„Island ist ein Land, das man sich selbst erschließen muss”, schreibt Christian Krug. „Die unterschiedlichen Landschaften wecken bei jedem eine andere Sehnsucht.”
Und genau das tut auch das Buch mit den atemberaubenden Fotos von Michael Polica. Es zeigt aus den unterschiedlichsten Kamerawinkeln ein grandioses, weitgehend menschenleeres Land mit Vulkanen, Quellen, Wasserfällen, Seen und Meeresküsten. Der Fotograf setzte Drohnen ein und flog in Hubschraubern. So gelangen ihm Bilder, die kein Besucher nachschießen könnte. Wer die Orte besuchen will, die Poliza festhielt, findet auf Seite 286 und 287 eine Karte der Fotolocations.
Reykjavik präsentiert sich aus ungewohnter Perspektive. In Gesprächen, die die beiden Männer etwa mit Pferdezüchtern, einem Pfarrer, einem Taucher und dem einzigen Gerichtsmediziner des Staates geführt haben, erfährt der Leser einiges über den Seelenzustand der Isländer. Sie sind „ausgesprochen warmherzig und freundlich”. Doch „der Isländer will alles ganz schnell”, sagt eine Umweltschützerin. „Das Morgen interessiert ihn nicht. Wir misstrauen der Zukunft. Das Geld muss schnell verdient werden. Uns Isländern fehlt vielleicht das Gen für langfristige Planung.” Ist Island also das bald verlorene Paradies, werden Polizas Fotos bald an Schönheit von einst erinnern? Auf Seite 65 zeigen zwei Fotos und die Unterzeile, dass Island sich und seine Natur zu schützen weiß. Wer ein mehrsprachiges Verbotsschild für den Besuch einer Gegend missachtet, muss mit Geldstrafen oder Gefängnis bis zu zwei Jahren rechnen.
„Noch ist es möglich, dem Schutz der Natur eine große Rolle zukommen zu lassen. Dann bleibt Island eine der schönsten Landschaften der Erde”, schreibt Christian Krug. Sein Buch beweist es.

Michael Poliza mit Christian Krug
ISLAND
Delius Klasing Verlag, Bielefeld,
ISBN 978-3-667-11414-3,
39,90 €.

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