Seereisenmagazin.de

 

 

 

hr

Christian Eckardt

Die letzten Ocean Liner

So sollte die UNITED STATES nach dem projektierten Umbau aussehen.
So sollte die UNITED STATES nach dem projektierten Umbau aussehen.
Zeichnung: Crystal Cruises, Century City
Aus für das Umbauprojekt UNITED STATES

Gerade ältere Kreuzfahrtpassagiere schwärmen heute noch aus den Zeiten der alten Ocean Liner, von dem Charme und Stil dieser Schiffe, mit der schlanken Rumpfform und dem langen Vorschiff. Ocean Liner im Vergleich zu den heutigen Kreuzfahrtschiffen waren Passagierschiffe, die auf einem festen Fahrplan dem Passagier- und im beschränkten Maße auch Frachttransport dienten und bis zur Einführung der Passagierflugnetze in den 50er Jahren auf allen Weltmeeren verkehrten.

Keine Linie war in der Erinnerung aber so nachhaltig wie die Transatlantikroute zwischen Europa und New York. Hier wurden seit dem 19. Jahrhundert von den großen Reedereien nur die größten, technisch innovativsten und vor allem auch die schnellsten Schiffe eingesetzt, ging es dabei doch auch um die imaginäre aber prestigeträchtige Auszeichnung des „Blauen Bandes”, für das jeweils schnellste Schiff auf der Nordatlantikroute. Der letzte Träger des „Blauen Bandes” war die amerikanische UNITED STATES, das schnellste Passagierschiff überhaupt, absolvierte es doch die Jungfernreise Anfang Juli 1952 mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 34,51 Knoten.

Viele Jahrzehnte war es ruhig um diesen alten Ocean Liner gewesen, der seit über 20 Jahren noch in einer Ecke des Hafens von Philadelphia vor sich hin rottete. Im Februar 2016 schauten aber alle Schiffsliebhaber nach New York, teilte doch die inzwischen zur Genting-Gruppe gehörende Reederei Crystal Cruises mit, dass man eine Kaufoption für die UNITED STATES, der einstige Stolz der amerikanischen Handelsmarine, unterzeichnet habe. Man wollte innerhalb eines halben Jahres prüfen, ob man das ehemals schnellste Passagierschiff der Welt zu einem Luxuskreuzfahrtschiff für 800 Passagiere umbauen kann. Dabei ging die Reederei von Umbaukosten von rund 800 Millionen € für dieses prestigeträchtige Projekt aus.

Zunächst wurden von Crystal Cruises für ein halbes Jahr die Liegeplatzkosten in Höhe von 60.000 Dollar monatlich übernommen. Die Pläne von Crystal Cruises sahen einen umfangreichen Umbau der UNITED STATES vor, bei dem auch die bisherige klassische Silhouette durch neue Aufbauten wegfallen würde. Die beiden traditionellen Schornsteine in den Farben Blau, Weiß und Rot, die dem Schiff den Spitznamen BIG U gaben, sollten aber erhalten bleiben. Geplant waren von Crystal

Cruises sowohl Kreuzfahrten auf der klassischen Route von New York nach Europa, aber auch weltweite Kreuzfahrten. Dazu hätte man das Schiff aber mit neuen, leistungsstarken Maschinen ausrüsten müssen. Doch im Sommer 2016 kam dann die ernüchternde Antwort von Crystal Cruises, dass man von dem Umbau Abstand genommen hätte. Zwar soll sich die UNITED STATES in einem guten Zustand befinden, die technischen und wirtschaftlichen Herausforderungen bei einer Sanierung sind jedoch nicht so ohne weiteres zu bewältigen. Der Aufwand, das mittlerweile 65 Jahre alte Schiff in Hinblick auf Sicherheit, Schiffsdesign und internationale Vorschriften auf den heutigen Stand für ein Kreuzfahrtschiff zu bringen, wären einfach zu groß.

Ein ganz wichtiger Aspekt bezieht sich auf die Einhaltung notwendiger SOLAS-Vorschriften, wodurch signifikante Veränderungen am Rumpf des Passagierschiffes vorgenommen werden müssten, das aber wiederum Folgen für die Stabilität des Schiffs hätte. Auch hätten etwa 25 Prozent des Rumpfes neu aufgebaut werden müssen, um notwendige neue Antriebswellen für einen modernen, dieselelektrischen Antrieb sinnvoll einzubauen. Nach diesen ganzen Umbaumaßnahmen wäre nicht mehr viel von der bisherigen Big U übrig geblieben.

Als weiteres Ergebnis der Machbarkeitsstudie ist aber die Möglichkeit gegeben, das Schiff als stationäres Schiff, beispielsweise als schwimmendes Museum, zu nutzen. Zur Rettung des einzigartigen Schiffes und letzten Träger des „Blauen Bandes” für die schnellste Atlantiküberquerung eines Passagierschiffes überwies Crystal Cruises dem derzeitigen Eigentümer der Stiftung zur Erhaltung der UNITED STATES, eine einmalige Spende von 350.000 Dollar. Dies soll zumindest zur vorläufigen Rettung des Schiffes beitragen, denn rund 60.000 Dollar kostet es monatlich, den einstigen Stolz der amerikanischen Handelsmarine zu unterhalten.

Heute existiert nur noch eine Handvoll von historischen Transatlantiklinern, die meisten der bis vor 10 Jahren noch verbliebenen alten Ocean Liner sind von der Bildfläche verschwunden, wobei noch einige bis in die 2000er Jahre als Kreuzfahrtschiffe in Fahrt waren. Doch ein veränderter Anspruch an den Komfort auf den heutigen Kreuzfahrtschiffen, aber auch neue Sicherheits- und Umweltrichtlinien sorgten dann für ein sehr schnelles Aus dieser ehemaligen Liner.

Die NORWAY von NCL im Sommer 2004 in Bremerhaven.

Foto: Christian Eckardt, Bremerhaven

Die NORWAY exFRANCE

Die NORWAY von NCL, gebaut 1962 als französischer Transatlantikliner FRANCE, war der erste Ocean Liner, der zumindest für 20 Jahre nach unzähligen Umbauten noch ein zweites sehr erfolgreiches Leben als größtes Kreuzfahrtschiff weltweit

durchführen konnte, landete nach einer Kesselexplosion in Miami 2003 und einer fast fünfjährigen Aufliegezeit in Bremerhaven, im Jahr 2008 zur Verschrottung auf dem Strand von Indien.

Die MAXIM GORKIY vor Sharm El-Sheikh im Roten Meer.

Foto: Christian Eckardt, Bremerhaven

Die MAXIM GORKIY exHAMBURG

Diesen Weg ging im Winter 2009 auch die ehemalige HAMBURG, die 1968 auf der Deutschen Werft in Hamburg-Finkenwerder für die Deutsche Atlantik Linie erbaut wurde. Das mit einem Turbinenantrieb ausgerüstete Schiff wurde zwar für den Liniendienst auf dem Nordatlantik konzipiert, kam aber von Anfang an nur für Kreuzfahrten zum Einsatz. Nach einem Verkauf an russische Interessenten im Jahr

1974 fuhr es dann immerhin 32 Jahre fast im Originalzustand sehr erfolgreich für den deutschen Kreuzfahrtmarkt unter dem Namen MAXIM GORKI, die letzten Jahre für Phoenix Reisen. Viele Rettungsversuche zum Erhalt der ehemaligen HAMBURG als Hotelschiff oder schwimmendes Museum in der Elbmetropole Hamburg schlugen leider fehl.  

Die ROTTERDAM im Jahr 2010 in Rotterdam.

Foto: Christian Eckardt, Bremerhaven

Die ROTTERDAM

Diesen Weg konnte aber die niederländische ROTTERDAM einschlagen, die ab 1959 für die Holland-Amerika-Lijn zwischen Rotterdam und New York regelmäßig zum Einsatz kam. Nach der Einstellung des Liniendienstes 1971 wurde das Schiff dann für weltweite Kreuzfahrten, ohne große bauliche Veränderungen, eingesetzt. Nach

mehreren Verkäufen wurde die ROTTERDAM ab 2004 zunächst in Gibraltar und später in Wilhelmshaven umfangreich saniert und für die neue Funktion als Hotel- und Museumsschiff hergerichtet. Seit dem Jahr 2008 liegt die ROTTERDAM nun in Rotterdam dauerhaft vor Anker und kann von der Öffentlichkeit besucht werden. 

Die QUEEN MARY, Baujahr 1936) liegt als Hotelschiff in Long Beach, links davon liegt die QUEEN ELIZABETH (Baujahr 2010) anlässlich eines Besuches im Jahr 2015 in Long Beach, Kalifornien. Die QUEEN MARY, Baujahr 1936) liegt als Hotelschiff in Long Beach, links davon liegt die QUEEN ELIZABETH (Baujahr 2010) anlässlich eines Besuches im Jahr 2015 in Long Beach, Kalifornien.
Foto: Cunard Line, Southampton
Die QUEEN MARY

Eine Touristenattraktion in Long Beach in Kalifornien ist auch die QUEEN MARY, die dort seit 1967 als Hotelschiff dient. Dieser seit 1936 von der britischen Reederei Cunard betriebene Liner befuhr bis 1967 die Atlantik-Express-Route von Southamp-

ton über Cherbourg nach New York und erhielt zweimal, 1937 und 1938, das begehrte „Blaue Band”, das sie erst im Jahr 1952 an die UNITED STATES abgeben musste.

Die QUEEN ELIZABETH 2 im Mai 2004 in Southampton.

Die QUEEN ELIZABETH 2 im Mai 2004 in Southampton.

Foto: Christian Eckardt, Bremerhaven

Die QUEEN ELIZABETH 2

Total ungewiss ist die aktuelle Lage eines weiteren Cunard-Schiffes, der 1969 in Dienst gestellten QUEEN ELIZABETH 2, die nun schon seit 8 Jahren in Dubai auf eine weitere Nutzung wartet. Die QUEEN ELIZABETH 2 war nicht nur 35 Jahre das Flaggschiff der Reederei Cunard, sondern war auch das letzte ölbefeuerte

Dampfschiff auf der Transatlantikroute, ehe es im Jahr 1987 auf der Bremerhavener Lloyd Werft umfangreich auf den Betrieb mit Dieselgeneratoren umgerüstet wurde und seitdem bis zur Außerdienststellung im Jahr 2008 vornehmlich nur noch Kreuzfahrten unternommen hat.  

Die SAGA ROSE im Juli 2004 vor Bergen in Westnorwegen.

Die SAGA ROSE im Juli 2004 vor Bergen in Westnorwegen.

Foto: Christian Eckardt, Bremerhaven

Die SAGA ROSE exSAGAFJORD exGRIPSHOLM

Auch für zwei ehemals skandinavische Ocean Liner gab es in den letzten Jahren kein Happy End: Die 1965 in Frankreich erbaute SAGAFJORD der Norwegian America Line wurde seinerzeit schon aus einer Kombination aus klassischem Ocean Liner und Kreuzfahrtschiff gebaut und verkehrte oftmals auf der Strecke von Oslo nach New York. Nach mehreren Eigentümerwechseln tauchte das Schiff im Jahr 1996 auf dem

deutschen Markt auf und verkehrte eine Saison als GRIPSHOLM für Tansocean. Später erwarb die britische Saga-Gruppe das Schiff und setzte es bis zur Verschrottung 1999 erfolgreich als SAGA ROSE ein. Die SAGA ROSE hält heute noch den Rekord für Kreuzfahrt-Weltreisen, denn insgesamt 44mal unternahm sie Reisen rund um den Globus.

Die MONA LISA im Mai 2008, als sie für Lord Nelson Seereisen fuhr.

Die MONA LISA im Mai 2008, als sie für Lord Nelson Seereisen fuhr.

Foto: Christian Eckardt, Bremerhaven

VERONICA  exMONA LISA exKUNGSHOLM

Auch die ehemals schwedische KUNGSHOLM wurde inzwischen abgewrackt: Dieser 1966 erbaute Ocean Liner wurde für den Nordatlantikdienst zwischen Göteborg und New York erbaut. Nach einem Verkauf und einem Umbau auf der Werft Bremer Vulkan, bei dem der zweite vordere Schornstein, eine Attrappe, wegfiel, wurden nur noch Kreuzfahrten unternommen, in der Zeit von 2008 bis 2010 in Charter für Lord

Nelson Seereisen als MONA LISA. Seit 2010 lag das Schiff unter dem Namen VERONICA als Hotelschiff in der Hafenstadt Duqum im Sultanat Oman. Die Geschichte endet im November 2015, als dieser ehemalige Ocean Liner dann ebenfalls auf den Strand im indischen Alang gesetzt wurde.

hr