AUSGABE 3/2012
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Foto: Dieter Bromund, Bremen

Dieter Bromund · Resortleiter NordseeMagazin

 

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Zersplitterter Küstenschutz

Nur im Vorabendprogramm läuft alles wie geschmiert, wenn Kapitän Ehlers von der Küstenwache und seine Mannschaft Verbrecher an der deutschen Küste dingfest machen. Die Wirklichkeit sieht etwas anders aus. Zwar hatten sich die zuständigen Stellen schon 2004 darauf geeinigt, ein „Maritimes Sicherheitszentrum einzurichten. Ein Neubau soll dafür 2014 in Cuxhaven stehen. Auch im Koalitionsvertrag hatten sich die Union und die FDP 2009 darauf geeinigt, „die Kompetenzen der gegenwärtig am Küstenschutz beteiligten Bundesbehörden zusammenzuführen. Doch eine einheitliche Bundesbehörde für alle Küstenschutzaufgaben an der 700 Kilometer langen Seegrenze der Bundesrepublik in Nord- und Ostsee ist noch lange nicht in Sicht. Auch eine gemeinsame seemännische Ausbildung der Beamten von Polizei, Zoll, der Fischereiaufsicht und der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung gibt es immer noch nicht. Wenn zum Beispiel von See her terroristische Angriffe gegen die Bundesrepublik erfolgen sollten, ist nicht klar, wer die Abwehr führt, die Bundesmarine oder die Küstenwache.

 

Größter Solarpark Niedersachsens

Auf dem ehemaligen Fliegerhorst in Oldenburg wurde der größte Solarpark Niedersachsens eröffnet. 225.000 Module können 9.000 Haushalte mit Strom versorgen – und das 20 Jahre lang. Gegner dieser Anlage sind nicht etwa Gegner der Energiewende. Oldenburg braucht Entwicklungsflächen für Wohnen und Gewerbe. Und dafür hätte man gern dieses Areal benutzt, das nur wenige Kilometer von der Innenstadt entfernt liegt.

 

Dritter Offshore-Standort

Neben Bremerhaven und Cuxhaven wird auch Wilhelmshaven Standort für die Offshore-Industrie. Ein chinesischer Investor wird 50 Millionen € in den Ausbau eines Produktionswerks im Nordhafen investieren. In wenigen Monaten wird mit dem Bau einer Fertigungshalle begonnen. Sie wird 260 Meter lang und 45 Meter hoch sein. Die Produktion von Stahlfundamenten für Offshore-Windparks soll Ende 2013 starten. Jährlich können in dieser Anlage bis zu 80 Stahlfundamente gebaut werden. Man rechnet mit bis zu 250 neuen Arbeitsplätzen.

 

Baustopp für Windkraft auf See?

Die Windparks in Nord- und Ostsee sollen mit 25.000 Megawatt 15 Prozent des Strombedarfs in Deutschland decken – so die Planzahlen für 2030. Doch den Strom über Seekabel an Land zu bringen, ist kompliziert, teuer und Neuland. Weil Anschlüsse also noch lange fehlen werden, könnte die Entwicklung der Offshore-Windkraft zum Erliegen kommen. Der zuständige Bundesminister hat zwar eine Arbeitsgemeinschaft „Beschleunigung der Netzanbindung” eingesetzt, aber ob die eine schnelle Lösung bringen wird, betrachtet man an der Küste mit einiger Skepsis.

 

Foto: Axel, Hamburg

Eine wissenschaftliche Sensation war der Fund eines Goldschatzes aus der Bronzezeit in Gessel bei Syke, südlich von Bremen. Er wurde jetzt der Presse vorgestellt und wird im nächsten Jahr in Hannover ausgestellt.

Foto: Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege, Urheber Axel, Hamburg.

 

Der Goldschatz von Syke

In Gessel bei Syke, südlich von Bremen, wurde vor einem Jahr ein sensationeller Fund gemacht und fast geheim gehalten: ein Goldschatz, der aus der Bronzezeit stammt. Erst ein Jahr später wurde er jetzt einem kleinen Kreis vorgestellt. Im kommenden Jahr soll er in Hannover öffentlich ausgestellt werden. Man spricht von einem Jahrhundertfund. Der Schatz besteht aus Ringen, Spiralen als Armschmuck und einer Gewandspange, die zusammen 1,8 Kilogramm wiegen. Fachleute sind vor allem überrascht, dass Drähte, die die Goldteile zusammenhalten, gezogen und nicht, wie in der Bronzezeit üblich, gehämmert wurden. Ob der Schatz, der offensichtlich gezielt vergraben wurde, einer Familie, einem Händler oder einer Gruppe gehörte, wird auch erforscht werden müssen.

 

Tourismus wird für Bremen immer wichtiger

2011 war für die Bremer Tourismuswirtschaft mit 1,54 Milliarden € Bruttoumsatz das erfolgreichste Jahr. Sie ist damit ein wichtiger Wirtschaftsfaktor der Stadt und des Landes. Von dem, was Touristen in Bremen ausgeben, entfällt fast die Hälfte auf den Einzelhandel. Besonders auffallend ist die Zunahme chinesischer Touristen in Bremen. Rund 60 Prozent mehr als 2010 besuchten im Vorjahr die Hansestadt. Ob politische Entscheidungen Bremens für eine City-Tax oder grüne Umweltzonen die weitere gute Entwicklung stoppen können, muss laut Peter Siemering, Geschäftsführer der Bremer Tourismus Zentrale, abgewartet werden. Die örtlichen Grünen kritisieren das mögliche Wachstum des Verkehrs und einen hohen Schadstoffausstoß. Man wolle sich bemühen auch andere „sanftere” Formen, wie etwa den Fahrradtourismus, zu fördern.

 

Foto: Dieter Bromund, Bremen

Fundgrube nautischer Flohmarkt zur Boatfit 2012 in Bremen. Hier fand selten gewordenes altes Handwerkszeug von Bootsbauern zur Holzbearbeitung Bewunderer und Abnehmer.

 

Magnet nicht nur für Liebhaber alter Schiffe

Begründet wurde die Boatfit 2005 als Messe für Bootsbesitzer und Bootsbauer, die vor Beginn der Saison ihre Wasserfahrzeuge fit machen wollten. Inzwischen ist sie eine wichtige Messe für viele Wassersportfreunde geworden, die vom 24. bis 26. Februar mehr als 10.000 Besucher anzog, nicht nur aus dem Lande Bremen, in dem es 120 Segelvereine gibt. Auf den Ständen und in Vorträgen blieb kaum ein Thema der Seemannschaft unbehandelt. Besonders attraktiv erwies sich wieder der nautische Flohmarkt am Sonntagvormittag, auf dem man vieles finden konnte, was sonst unter Wassersportlern eher rar ist.

 

Bremen für Einbrecher

Die Statistik der Kriminalität in Bremen beunruhigt. Während Tötungsdelikte über Jahre ziemlich gleich blieben, stieg die Zahl der Einbrüche und der Raubtaten in der Freien Hansestadt enorm. Während die Straftaten von 2010 auf 2011 nur um vier Prozent auf 77.000 Fälle wuchsen, stieg die Zahl der Einbrüche in Wohnungen um 22 Prozent über Vorjahr – auf jetzt 2.772 Fälle. Innensenator Ulrich Mäurer fand dazu keine Erklärung. Die oppositionelle CDU verlangt mehr Stellen für die Polizei, sonst sei die ihren Aufgaben nicht mehr gewachsen. Polizeipräsident Müller bestätigte das indirekt.

 

Der Einsatz beim letzten Castor Transport habe 30.000 Stunden gekostet, „Zeit, die wir in Bremen nicht mehr auf die Straße bringen können.

Foto: Dieter Bromund, Bremen

CCCB, das Columbus Cruise Center Bremerhaven, soll wieder mehr Kreuzfahrer anlocken. In seinen besten Zeiten hatten manchmal gleich mehrere Kreuzfahrtschiffe hier festgemacht wie am 29. September 2007 die TS MAXIM GORKIY und die MS AMADEA – beide von Phoenix.

 

Das CCCB hegt Hoffnungen

Im Jahr 2008, dem bisher besten, wurden im Columbus Cruise Center Bremerhaven 150.000 Passagiere abgefertigt, die hier ihre Kreuzfahrt antraten, zu Ausflügen unterbrachen oder sie hier beendeten. Im vergangenen Jahr waren es nur noch ganze 60.000, weil sich eine große Kreuzfahrtreederei von der Weser zurückgezogen hatte. Zu anderen Gründen für den Rückgang zählt man in Bremerhaven auch den schleppenden Ausbau der Autobahnen, der zum Beispiel den Besuch Hamburgs von Bremerhaven aus für die Reedereien bei Ausflügen zu einem unkalkulierbaren Risiko machten. Das CCCB gehört der Stadt Bremen und verschiedenen Logistik- und Hafenunternehmen. Für die Zukunft erwartet man an der Wesermündung wieder deutlich mehr Kreuzfahrer. Sie zu gewinnen hat der Senat  430.000 € für Marketing-Maßnahmen zur Verfügung gestellt.

 

Die Deiche waren zu steil

Lehren aus der Nacht, in der vor fünfzig Jahren an der Küste und tief im Binnenland die Deiche brachen, hat man inzwischen überall gezogen. Dem Besucher an der Nordseeküste wird auffallen, dass die neuen Deiche nicht nur höher, sondern am Fuß auch deutlich breiter geworden sind. Die gegen sie stürmende See läuft also eine lange, weniger steile Fläche empor und verliert dabei ihre Kraft. Auch wenn das Wasser über den Deichkamm läuft, hat es weniger Chancen, Schaden anzurichten: die Rückseite des Deiches erhielt ebenfalls Flächen in flacheren Winkeln. Das Wasser kann also den Deich nicht von hinten aushöhlen, sondern läuft ab. Eine weitere Verbesserung sind die so genannten Deichverteidigungswege landeinwärts dicht hinter dem Deich. Das nötige Material zur Ausbesserung oder Verstärkung kann auf ihnen mit Lkws sehr schnell zum Schadensort transportiert werden.

 

Foto: Dieter Bromund, Bremen

Perfektes Handwerk. Die deutsche Sektion der Internationalen Gilde der Knotenmacher präsentierte in Bremen Arbeiten und warb um neue Mitglieder.

 

Knoten als Kunst, Handwerk und Wissenschaft

Die Erfindung eines neuen Knotens war dem „Spiegel einst einen eigenen Beitrag wert. Knotenschlagen gehört zu den ältesten Handwerkskünsten der Welt. Seefahrt ohne Knotenkunst ist auch heute noch undenkbar. Kein Wunder also, dass sich am Knotenmachen Interessierte zu einer „International Guild of Knot Tyers, der IGKT, zusammenschlossen – weltweit mehr als eintausend Menschen aus allen gesellschaftlichen Schichten und Berufen. Die „Internationale Gilde der Knotenmacher – Deutsche Sektion wurde 2009 in Flensburg als eigenständiger Verein gegründet und inzwischen als gemeinnützig anerkannt. Sie vertritt die IGKT in Deutschland. Zum zweiten Mal präsentierte sich die deutsche Sektion auf der Boatfit 2012 in Bremen. Die Gilde ist erreichbar über das Schifffahrtsmuseum, Schiffbrücke 39, 24939 Flensburg und über info@IGKT.knoten.org und www.knotengilde.de

 

Foto: freiraumfotografie, Bremen © VG Bild-Kunst, Bonn 2012

Bernhard Hoetgers Bronze, Loïe Fuller, die um 1901 entstand, ist noch bis zum 3. Juni in den Kunstsammlungen Böttcherstraße Bremen zu sehen.

Foto: freiraumfotografie, Bremen © VG Bild-Kunst, Bonn 2012

 

Bronze tanzt in Bremen

Bis zum 3. Juni 2012 läuft im Paula-Modersohn-Becker Museum in der Böttcherstraße in Bremen die Sonderausstellung „Bewegte Bronze – Tanzplastiken von Bernhard Hoetger. Hoetger lebte von 1874 bis 1949 und hinterließ als Architekt, Bildhauer, Grafiker, Kunsthandwerker und Maler ein umfangreiches Werk, von dem sich ein Großteil im Paula-Modersohn-Becker Museum befindet. Das Museum ist ein außerordentliches Beispiel expressionistischer Architektur und weltweit das erste Museum für eine Malerin. Geschaffen wurde es im Auftrag von Ludwig Roselius, dem Kaffee-HAG-Kaufmann, von eben jenem Bernhard Hoetger. Weitere Arbeiten von ihm sollen hier künftig permanent präsentiert werden.

 

Foto: JadeWeserPort, Wilhelmshaven

1.750 Tonnen schwer ist jede der vier Containerbrücken, die im Eurogate Container Terminal in Wilhelmshaven von der ZHEN HUA 24 an Land gehievt werden. Das Terminal soll – immer noch – am 5. August 2012 in Betrieb genommen werden. In Shanghai wird inzwischen ein zweites Schiff auf den Transport der nächsten vier Brücken nach Wilhelmshaven vorbereitet.

 

Weltgrößte Containerbrücken für Wilhelmshaven

Die Fehler an der Kaje mehren sich, die pünktliche Eröffnung des JadeWeserPort wird bezweifelt, das Interesse bleibt hoch. Die ZHEN HUA 24 machte mit den ersten vier von insgesamt sechzehn Containerbrücken an der Kaje des JadeWeserPort in Wilhelmhaven fest. Die Brücken sind mit einer Auslegerlänge von 69 Metern die weltgrößten und können die Megaboxen der neuen Generation mit 25 Containerreihen abfertigen. 

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Foto: Delius Klasing, Bielefeld Vor 100 Jahren sank
die T
ITANIC.
Dieses Buch ist eine Neuerscheinung über Konstruktion und Technik einer Legende
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TITANIC

von David F. Hutchings und Richard de Kerbrech

Über die TITANIC erzählen zahlreichen Bücher und Filme ganz verschiedene Geschichten – von der großen Liebe bis zum Versicherungsbetrug. Sie überlebte ihre Jungfernreise nicht, brachte über 1.500 Menschen den Tod und wurde zum Mythos. Zwar sind inzwischen Schiffe mit noch mehr Menschen an Bord gesunken, aber keins beschäftigt die Phantasie mehr als die TITANIC, die bei Harland & Wolff in Belfast in

Nordirland für die White Star Line gebaut wurde, 269 Meter lang war und 3.300 Personen befördern konnte. Die Brücke thronte 31,7 Meter über dem Kiel. Der Gigant galt mit seinen 15 wasserdichten Schottwänden damals als unsinkbar. Und fand sein Ende, als ein Eisberg eine Bordwand aufriss.

David F. Hutchings und Richard de Kerbrech haben im vergangenen Jahr in England ein Buch veröffentlicht, das rechtzeitig zum 100. Jahrestag des Unglücks jetzt bei Delius Klasing unter dem Titel „TITANIC, Konstruktion und Technik einer Legende erschien. Übersetzt hat es – fachlich von Andreas Pfeffer, TITANIC-Museum-Germany, beraten – Klaus Neumann, seines Zeichens Diplom-Ingenieur im Schiffbau und TITANIC-Experte.

Das Buch mit über 200 zumeist historischen Bildern auf über 160 Seiten gliedert sich in sechs Kapitel zwischen einer Einleitung und einem Anhang. Knapp abgehandelt wird eingangs die kurze Geschichte der TITANIC. Ausführlich geht es dann um „Die Anatomie vom Rumpf über Ruder- und Steueranlagen bis zu Funk- und Navigationshilfen. Ein eigenes Kapitel ist dem Antrieb gewidmet, ein weiteres den Rettungsbooten, das nächste der Arbeit auf der Brücke. Ausführlich das letzte berichtende Kapitel, der „Blick in den Maschinenbetrieb.

Ein Buch also nur für Berufsseefahrer und Schiffbauer? Bestimmt nicht, denn auch der See und Schiffe liebende Laie kommt auf seine Kosten. Wie das Wrack der TITANIC im Jahre 1985 endlich wieder entdeckt wurde, behandelt das Nachwort. Besonders nützlich ist der Anhang, der im „Glossar die wichtigsten, unvermeidbaren Fachausdrücke erläutert und Museen nennt, die im Vereinigten Königreich, den Vereinigten Staaten, Kanada und Deutschland Fundstücke von Bord der TITANIC und von ihren Schwesterschiffen zeigen. Es folgen eine Seite mit nützlichen Kontaktadressen, eine gründliche fachliche Bibliographie und ein ausführliches und hilfreiches Register.

In einem Interview erklärte jetzt der deutsche Übersetzer des Buches, warum das Schiff als unsinkbar galt und dennoch sank. „Das Schiff galt als unsinkbar im Sinne vorgegebener Rahmenbedingungen. Darüber hinaus gehende Szenarien wurden einfach ausgeblendet.

Und so begann die TITANIC, ein Schiff von unvorstellbarem Luxus, am 3. April 1912 mit einer Stammbesatzung von 120 Mann ihre erste und einzige Reise in Belfast. In Southampton, in Cherbourg und in Queenstown, dem heutigen Cork in Irland, kamen Passagiere und weitere Mannschaften an Bord. Genaue Zahlen fehlen, doch man geht heute von insgesamt 2.200 Menschen auf der TITANIC aus. Mehr als 1.500 Menschen verloren ihr Leben, als am Montag, dem 15. April 1912, um 2.20 Uhr in der Nacht die TITANIC sank. Nach dem Untergang wurden 706 Überlebende von der zu Hilfe geeilten CARPATHIA gerettet. 339 Leichen wurden später aus dem Meer geborgen.

Dieter Bromund

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