SCHIFFSPORTRAIT

 


Die MS ROUSSE PRESTIGE auf der Donau mit der Burgruine Hinterhaus nahe Spitz in der Wachau.


 

Ihren Namen trägt sie gleich zweimal auf beiden Seiten des Bugs und am Heck – in kyrillischer Schrift und in lateinischen Buchstaben, wohl als Zeichen dafür, dass sie zwei Welten verbindet, Bulgarien und Deutschland. Die MS ROUSSE PRESTIGE gehört der bulgarischen Reederei Dunav Tours, ist aber langfristig an Phoenix Reisen verchartert. So trägt sie außen die Hausfarbe des Bonner Veranstalters, auf den Teppichen im Innern das Logo der Reederei aus Rousse, ihrem Heimathafen.

Doch ein Dritter muss noch genannt werden. Gezeichnet und gebaut hat das Schiff die holländische Werft Mervede in Sliedrecht bei Dordrecht. Baubeginn war 2003, die Taufe fand am 18. März 2004 in Rotterdam statt. Danach begann die Jungfernfahrt der MS ROUSSE PRESTIGE nach Passau, wo sie am 29. März 2004 zum ersten Mal festmachte.

Sie fährt unter bulgarischer Flagge und hat zwei Schwesterschiffe, die zwanzig Jahre alt sind und auch immer noch fahren: die MS SOFIA und die MS ROUSSE.

Ein Schiff von 1.500 BRT für die Donau also, nach bewährten Vorbildern gebaut und für dieses Revier maßgeschneidert mit 110 Metern Länge, einer Breite von 11,40 Metern und einem Tiefgang von 1,60 Metern. So passte sie in jede Schleuse und kann, auch wenn der Fluss wenig Wasser führt, noch fahren. In stehendem Wasser erreicht sie eine Geschwindigkeit von 26 Stundenkilometer, mit dem Strom Richtung Mündung ist sie bis zu 31 Stundenkilometer schnell, gegen den Strom schafft sie höchstens 21 Stundenkilometer. Sie fährt mit Diesel, kann maximal 85 Tonnen tanken und verbraucht für die Strecke Passau-Budapest-Passau (1.184 Kilometer) 20 bis 22 Tonnen Diesel, pro Stunde etwa 300 Liter.

Ausgelegt ist die MS ROUSSE PRESTIGE für maximal 161 Passagiere, die 42 Männer und Frauen an der Maschine, an Deck und auf der Brücke, in Küche und Restaurant, in der Bar, in den Kabinen und an der Rezeption betreuen – alle Bulgaren. Von Phoenix ist nur ein Reiseleiter an Bord, seit Jahren Fausto Gencarelli.

 

Das schmucke Schiff hat vier Decks. Auf dem Hauptdeck ganz unten finden wir den Maschinenraum, die Küche, den Besatzungsbereich (alle nicht öffentlich) und Kabinen mit Hunderter Nummern.

Über dem Hauptdeck liegt das Oberdeck mit Kabinen der Zweihunderter Nummern, dem Friseur Salon und dem Bordarzt. Eine Friseurin ist auf jeder Reise an Bord, ein Bordarzt nur auf den langen bis zur Donaumündung.

Auf dem Panoramadeck liegen die Kabinen mit den Dreihunderter Nummern, die so genannten Komfort-Kabinen, drei Quadratmeter größer als die anderen und mit Fenstern, die zu öffnen sind. Auf diesem Deck schlägt auch das Herz des Schiffes, die Rezeption, die Tag und Nacht besetzt ist. Im Achterschiff liegt das Restaurant, im Bug die Panorama Bar.

Ganz oben dann das Sonnendeck mit dem Gehirn der Schiffes, der Brücke, die man von allen Seiten einsehen kann, aber allenfalls auf Einladung betreten darf. Hinter der Brücke eine Bar, die immer mal wieder genutzt werden kann, und hinter ihr über mehr als die halbe Länge des Schiffs genügend Liegestühle, ein paar runde Tische, ein Jacuzzi, ein Lauftrainer und ein Ergometer. Bei starker Sonne lassen sich Sonnensegel aufspannen.

Ist das Wasser des Flusses zu hoch, kann dieses Deck geräumt werden, auch die Reling wird flach gelegt. Die Kommandobrücke kann hydraulisch abgesenkt werden, die MS ROUSSE PRESTIGE passiert Brücken noch, wenn andere Schiffe auf niedrigeres Wasser noch warten müssen.

 

Die Kabinen sind alle nach einem Muster geschnitten und elf oder vierzehn Quadratmeter groß. Die Tür zum Gang öffnet sich zwischen Schrank und Bad, ein Schminktisch mit großem Spiegel und ein Schreibtisch, über ihm Fernseher (für Satellitenempfang), liegen sich gegenüber. Dann folgen, was tagsüber Sofas sind, die nachts zu Betten werden, links und rechts von einem ovalen Tisch. Über die ganze Kabinenbreite das Fenster, das in den Komfortkabinen aufzuschieben ist, was bei der Klimaanlage kaum nötig ist. Der Schrankraum reicht für 16 Tage gerade aus, an das – wie üblich enge – Bad gewöhnt man sich schnell, an die enge Dusche nur sehr langsam, Doppelbetten gibt es an Bord nur einmal.

Im Restaurant herrschen Sechsertische vor, rund oder eckig. Um eine Bar gruppieren sich morgens das Frühstück, mittags und abends der Nachtisch, Brot, Früchte und Käse. Wenn das Schiff mit 161 Personen voll besetzt ist, kann es hier eng werden. Da hilft dann nur die unermüdliche Freundlichkeit der Stewards.

In der Panorama-Bar im Bug mit Vierer-, Sechser- und Achtertischen und einer Tanzfläche findet statt, was Programm ist – von Bingo bis Konzert, von Tanz bis Vortrag. An der gut bestückten Bar gibts auch vortrefflichen Kaffee. Ein Tee- und Kaffeeautomat stehen Tag und Nacht zur Verfügung, eine Referenz an Frühaufsteher und Nachtschwärmer.

Wer dem Treiben in der Panoramabar entkommen will, kann in der kleinen Bibliothek komfortable Ruhe finden und dort u.a. gefaxte Meldungen aus dem Internet lesen, die die Rezeption allmorgendlich bereit hält.

Die Bar ist von acht Uhr morgens bis Mitternacht besetzt. Über das Sonnendeck wandern bei Sonnenschein immer wieder Stewards und Stewardessen und erfüllen Getränkewünsche. Durst muss also niemand leiden. Diese Reise war eine „all inclusive, Rotwein und Weißwein, Bier vom Fass, Tafelwasser und manche Softdrinks waren bereits im Reisepreis eingeschlossen.

 

Auf einem Flussschiff dieses Zuschnitts lernt man sich schnell kennen und akzeptiert die Abläufe gern. Geweckt wird mit sehr sanfter Musik, erst später meldet sich Fausto mit dem Morgengruß, dem Wetter und dem Tagesprogramm. Wer das nicht hören mag, kann seinen Lautsprecher in der Kabine abschalten. Durchsagen erfolgen – wie das An- und Ablegen – in der Regel nicht während der Mahlzeiten, der Beginn der Ausflüge wird mit viel Vorlauf angekündigt. In den Bussen sind die ersten Sitzreihen für Passagiere mit Gehbehinderungen reserviert (und werden meistens auch respektiert).

Dem Verlauf der Ausflüge merkt man an, wie sehr Phoenix und die Ausflugsunternehmer auf einander eingespielt sind. Als der Fund einer Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg im Fluss am Pfeiler einer Brücke in Budapest das Ablegen der

 

MS ROUSSE PRESTIGE erheblich verzögerte, wurde der Ablauf der Ausflüge, die bereits im Land unterwegs waren, geändert, ohne dass es zu Komplikationen kam.

Was wir bereits bei der Ankunft in Passau erlebten, galt auch für das von Bordgehen. Wer sich mit dem Phoenix Anhänger als Gast der MS ROUSSE PRESTIGE auswies, bekam seine Koffer in der Kabine wieder oder fand sie, zwanzig Minuten vor Abfahrt seines Zuges, auf dem entsprechenden Bahnsteig in Passau.

Sanfte, freundliche Abläufe also überall, hohe Service-Orientierung: unser Steward Plamen kannte bereits am zweiten Tag unsere Wünsche und erfüllte sie prompt und lächelnd.

 

Die MS ROUSSE PRESTIGE gehört zur Klasse A 1, sie verfügt über einen Autopiloten, auf der Kommandobrücke ist nur noch ein Offizier nötig. Kapitän, Erster oder Zweiter Offizier gehen Wachen von je vier Stunden, nur in den Schleusen und beim An- und Ablegen ist der Kapitän immer oben und manövriert sein Schiff aus der Nock mit Hilfe eines Joysticks und zweier Fahrhebel. Dass es beim Schleusen mal rucken kann, wird den Gästen bereits auf dem gedruckten Programm des ersten Tags erklärt.

Die MS ROUSSE PRESTIGE ist niemals blind, denn sie verfügt über zwei Radaranlagen vom Typ Alphatron zu beiden Seiten der Kommandobrücke. Gesteuert wird also auf der Brücke nach Radarsicht auf einem Bildschirm, der das Fahrwasser schwarz und grün anzeigt, das linke und das rechte Ufer, entgegenkommende und überholende Schiffe, querstehende Brücken, Schleusen und Anleger. Mit dem Echolot wird die Tiefe des Wassers unter dem Kiel gemessen. Die Fahrtgeschwindigkeit richtet sich vor allem nach der Tiefe. Es gab Flussabschnitte mit so wenig Wasser, dass das Schiff mit ganzen 10 Stundenkilometer flussauf schlich.

Die MS ROUSSE PRESTIGE hat zwei Hauptmotoren vom Typ Caterpillar mit je acht Zylindern. Jede Maschine leistet 1.060 PS mit maximal 1.600 Umdrehungen pro Minute. Das Schiff ist leicht zu manövrieren, dank der Veth-Z-Drives. An ihnen laufen zwei Propeller, die wie die von Ventilatoren aussehen. Diese Propeller können sich in die gleiche Richtung oder gegeneinander drehen. Jeder Antrieb ist um 360 Grad drehbar.

Die leichte Manövrierbarkeit wird noch verstärkt durch ein Bugstrahlruder. Ein Sechszylindermotor vom Typ Caterpillar treibt mit 385 PS und 1500 Umdrehungen pro Minute eine Schraube im Bug an. Sie saugt auf der einen Seite Wasser an und pumpt es auf der anderen Seite raus. Das Bugstrahlruder setzt man bei jedem Manöver ein. Mit ihm und den beiden Hauptmotoren kann das Schiff  nahezu seitwärts fahren.

Für den Verbrauch von Strom an Bord sorgen zwei Hilfsmotoren, die jeweils 300 Kilowatt produzieren können. In den Kabinen beträgt die Spannung aller Steckdosen 220 Volt, nur im Bad 115 Volt. Auch die Klimaanlage an Bord wird von diesen Motoren gespeist. Die Temperatur in der Kabine ist individuell einstellbar.

Aufzüge fehlen an Bord. Wer also gehbehindert ist, muss mit Unbequemlichkeiten rechnen.

 

Für den Einkauf der Speisen (und Getränke für die Küche) sorgt im Auftrag der Reederei Ligabue, ein italienischer Caterer mit Sitz in der Schweiz, vertreten durch einen Catering Officer an Bord. Eingekauft wird fast ausschließlich in Passau und Umgebung. Natürlich werden Speisepläne mit der Reederei und Phoenix abgestimmt. Was Küchenchef Yordan Ivanov dann Tag für Tag auf den Tisch bringt, entspricht dem Niveau dieses Vier-Sterne-Schiffes. Gelegentlich finden so genannte Themenabende statt.

Beim Rumänischen Abendessen gab es als Vorspeise eine Mousse vom Roquefortkäse auf Williamsbirne und Schwarzbrot, aus dem Suppentopf eine „Meschanski, eine rumänische bürgerliche Suppe, als Zwischengericht „Sarmale, garnierte gedünstete Krautwickel. Beim Hauptgang konnte man wählen zwischen „Pui Cu Căise, Huhn mit Aprikosen, Mamaliga Polenta und Buttererbsen oder „Plato Reče, aus der Kalten Küche das Beste, Variationen von Wurst und Käse, garniert mit Tomaten und Gurken oder „Dovlaăcej Cu Brenză, Gemüseauflauf mit Käse und süßem Rahm. Als Dessert folgten „Lapte de pasare Eisschneeklöße auf Fruchtspiegel, eine Auswahl aus internationalen Käsesorten, frische Früchte der Saison vom Obstkorb und Kaffee oder Tee.

 

Eine Preisliste für Dienstleistungen an Bord findet sich in der Mappe in jeder Kabine. Die Friseurin verlangt für einen Haarschnitt für Herren 5,50 €, und für Schnitt, Waschen und Föhnen 9,00 €. Damen müssen für einen Haarschnitt mit Waschen und Legen 20,00 € zahlen. Preiswert sind Massagen, so kostet eine 50-minütige Ganzkörpermassage 26,00 €.

Auch für ärztliche Leistungen gibt es eine Preistabelle. Für eine Untersuchung berechnet der Schiffsarzt 6,00 €, für eine intravenöse Spritze 5,00 €, für eine intravenöse Infusion von mehr als 30 Minuten Dauer 13,00 €.

Das Waschen und Bügeln eines Herrenhemdes kostet 4,00 €, das Aufbügeln eines Anzugs 11,00 €, Unterwäsche wird pro Teil für 1,50 € gewaschen und gebügelt.

Die Preise an der Bar haben das auf Fluss- und Seereisen übliche Niveau. So kostet z.B. ein fünf Jahre alter schottischer Whisky (4 cl) 3,40 €, ein Dry Martini Cocktail 5,00 €. Fassbier, Apfelsaftschorle, Tafelwasser und den sehr trinkbaren Rot- und Weißwein gibts bei einer „all inclusive Reise umsonst. Für einen Latte Macchiato zahlt man 2,50 €, rumänische Weine kosten zwischen 14 und 19 € pro Flasche.

 

Niemand bestimmt das Klima an Bord so sehr wie der Reiseleiter. Er steht über allem und zwischen allen, weiß alles und kann alles – entweder arrangieren oder selber machen. Fausto Gencarelli war auf dieser Reise souverän und kompetent, immer gut gelaunt und verbindlich. Sehr bald meinte man, ihn seit Jahren zu kennen. Und wenn er morgens das Wetter des Tages ankündigte, lachte der Himmel auch, wenn ihn graue Wolken bedeckten. Er ist seit vielen Jahren im Geschäft als Reiseleiter und seit 2009 bei Phoenix. Phoenix Reisen


 

Dieses Porträt entstand nach einer Reise von Passau ins Donaudelta und zurück vom 30. April bis zum 16. Mai 2011.

Die Rezeption im Foyer.

Eine Komfortkabine, in der ...

 

... die Fenster zu öffnen sind.

Im Restaurant herrschen grün, gelb und weiß vor.

 

Blumen zum Anbeißen – aus Gemüse geschnitzt.

Die Restaurant-Stewards empfangen die Gäste. 

Der Koch empfiehlt heute Tafelspitz.

In der Panorama-Bar im Bug mit einer Tanzfläche findet statt, was Programm ist – von Bingo bis Konzert und Tanz.

 

Wer dem Treiben in der Panorama-Bar entkommen will, kann in der kleinen Bibliothek komfortable Ruhe finden.

Die Flagge des Veranstalters Phoenix Reisen, Bonn.

Treppenhaus zwischen den Decks.

Kapitän auf der Brücke. 

 

Getränke-Service auf dem Oberdeck.

Die MS ROUSSE PRESTIGE-Crew grüßt vom Oberdeck.