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Antarktisches Schelfeis.Antarktisches Schelfeis.

 

Text und Fotos: Meeresbiologe Dr. Michael Wenger

Um die halbe Antarktis in 33 Schiffstagen

Hier werden Träume auch für erfahrene Polar-Reisende wahr

Was tut der erfahrene Antarktis-Reisende, der die Königspinguine auf Südgeorgien mit Namen kennt und bei Port Lockroy auf der antarktischen Halbinsel als „Customer of the Year” bekannt ist? Er besteigt die MV ORTELIUS und fährt von Ushuaia in Argentinien nach Neuseeland. Doch nicht auf der üblichen Route, sondern der eisigen Küste des antarktischen Kontinents entlang, auf der Suche nach Kaiserpinguinen, seltenen Robben und Walen. Eine mutige Gruppe von PolarNEWS-Leserinnen und -Lesern hat das Abenteuer gewagt, Natur, Geschichte und Landschaft einer wenig besuchten „Ecke” Antarktikas zu entdecken.

Die Reise beginnt, wie meistens, wenn es auf Besuch zu Pinguin und Co. geht, in Ushuaia, der Hauptstadt der argentinischen Provinz Tierra del Fuego. Der quirlige Ort mit seinen 56.000 Einwohnern (es können auch 70.000 sein, so genau weiß man es nicht) liegt am äußersten Zipfel des südamerikanischen Kontinents und besticht durch viele Dinge, nur nicht durch Ordnung. Von hier aus starten die meisten Reisen in Richtung Islas Malvinas (eigentlich Falklandinseln, aber man ist ja schließlich in Argentinien), Südgeorgien und antarktische Halbinsel. Die üblichen Touren dauern zwischen 10 und 18 Tagen und geben einen wundervollen Einblick in die Vielfalt der Antarktis.

Ist man mal angesteckt mit dem antarktischen Vertreter des Polarvirus, reichen dem Befallenen nicht mehr nur ein Besuch auf Deception Island für einen Tanz auf dem Vulkan oder eine Stippvisite bei einer der zahlreichen Pinguinkolonien. Nein, man will mehr … viel mehr. Am liebsten die abgelegensten Winkel der Antarktikas, wo einst Scott und Amundsen lagerten vor ihrem Rennen um den Südpol. Das Rossmeer, diese gigantische Delle im antarktischen Kontinent mit ihrem riesigen, Eisberg-produzierenden Schelfeis, lockt. Und genau da möchten wir hin und die Wunder dieser eisigen, abgeschiedenen Welt in uns aufnehmen. Eine 33-tägige Reise mit sehr vielen Seetagen und ungewissem Ausgang steht bevor.

 

Hubschrauber nicht vergessen

Doch zuerst einmal läuft alles wie gehabt ab: Einsteigen, Kabinen beziehen, sich im Gewirr der Gänge und Decks auf unserem neuen Heim zurechtfinden. Wo zum Geier geht’s schon wieder auf die Brücke? Sei’s drum! Wir haben in den kommenden Tagen genügend Zeit, uns zurechtzufinden. Danach Sicherheitsbriefing, Willkommensapéro und Vorstellung der Teams.  

Es ist spannend zu sehen, mit wem wir die nächsten Wochen verbringen werden. Aus insgesamt 16 Nationen kommen die Teilnehmer, von Südafrika bis China, von den USA bis Russland. Die Stimmung ist aufgekratzt, und schon geht’s endlich los.

Wir düsen dem Ausgang des Beagle-Kanals entgegen, jener Wasserstraße, die eigentlich die Südspitze Feuerlands durchtrennt wie ein Schnitt die Zungenspitze. Doch schon ein paar Stunden später rasselt die Ankerkette, und der geneigte Kanalfahrer erkennt die kleine chilenische Ortschaft Puerto Williams in der Dämmerung des argentinischen Abends. Etwas Hektik wird ersichtlich bei einigen Passagieren. Motorenschaden? Ankerkette kaputt? Ein medizinischer Notfall?

Unglaublich, wie schnell die Gerüchteküche brodelt. Doch nichts von alledem ist wahr: Wir holen die Hubschrauber ab, die uns auf dieser Fahrt an die abgelegenen Landgebiete bringen und uns die Antarktis aus einem anderen Blickwinkel zeigen sollen. In Nullkommanichts sind die drei Fluggeräte an Bord, und wir machen die Bekanntschaft mit Sergi, Felipe und Aldo, den drei aerialen Musketieren, im Allgemeinen auch als Piloten bekannt. Kapitän Ernesto Barria, der zusammen mit dem neuseeländischen Expeditionsleiter Don MacFadzien das Sagen auf dem Schiff hat, lässt wieder die Kette hochnehmen (Gott sei Dank, sie funktioniert) und wir brausen los in Richtung Antarktische Halbinsel.

 

Erster Akt: Die Halbinsel

Die ersten Tage der Reise sollen nur einstimmen auf die Dinge, die da kommen werden. Begrüßt werden wir die ersten zwei Tage mit ruhiger See in der Drake-Passage, Sonnenschein und Kurzärmelwetter auf Deception Island (wo keiner auf dem Kraterrand tanzt), einer spektakulären Fahrt durch den Lemaire-Kanal und sonnenbadenden Pinguinen auf Peterman Island.

Hört sich eigentlich speziell an und wird nicht oft erlebt. Alles sehr schön und auch dankbar angenommen. Doch die Hardcore-Reisenden fiebern bereits auf neue Territorien und noch unbekannte Pinguine. Wie wär’s mit der Überquerung des antarktischen Polarkreises? Für einige der Reisenden bereits ein kleiner Höhepunkt, denn ab sofort ist jeder Breitengrad weiter südlich ein neuer persönlicher Rekord.

Auch in der PolarNEWS-Gruppe sind solche „Grünschnäbel” mit dabei. Die Gegend sieht eigentlich nicht anders aus als anderswo auf der Halbinsel. Und doch stellt sich ein Entdeckergefühl ein, die Eisberge sehen unbekannter aus, die Krabbenfresserrobben und Seeleoparden auf dem Eis wirken anders, und auch die Pinguine sind irgendwie leicht fremdartiger.

Da sind die beiden anderen Expeditionsschiffe, die wir unterwegs sehen, schon wieder ein bekannterer Anblick, und doch eher störend. Nur schnell weg, noch weiter nach Süden. Detaille Island ist unser vorläufig letzter Landgang. Wir kurven mit den Zodiacs zwischen Eisschollen und Eisbergen und nehmen nochmals diese eigentlich bekannte und sich trotzdem schon fremd anfühlende Region der Antarktis in uns auf.

Nach diesen ersten drei Tagen vor der Antarktischen Halbinsel sind nun wieder ein paar Seetage angesagt. Der Speicher der Fotokamera wird es einem danken. Denn trotz der Tatsache, dass viele von uns die Antarktische Halbinsel schon einmal besucht haben, zuckt der Finger dank der Motivvielfalt immer wieder und drückt den Auslöser. Werden diese Seetage so ruhig, wie unsere ersten zwei Tage in der Drake Passage? Es ist zu wünschen.

 

Das wahre Gesicht

Seetage haben etwas Geruhsames und Erholendes, wenn man sanft dahingleitet über die Wellen, Seevögel wie der Kapsturmvogel das Schiff begleiten in ihrem mühelos aussehenden Gleitflug und man dezent seinen Gedanken nachhängen kann. Die Vorfreude auf eine Landung auf der völlig abgelegenen Insel Peter I. ist in den Gesichtern der Mitreisenden zu sehen. Nur zwei Tage auf See trennen uns vom Neuen, noch nicht Gesehenen.

Endlich eine komplett unbekannte Insel, die darüber hinaus sehr schwierige Anlande-Bedingungen aufweist. Wie schwierig die sind, sehen wir, als wir ankommen. Denn das Trübe, das sich vor unseren Augen zeigt, ist nicht der Schlaf (es ist 3 Uhr morgens). Eine dicke Nebelschwade verhüllt den ersehnten Blick auf die Insel, der Wind pfeift mit Stärke 5 und lässt weder eine Hubschrauber-Aktion noch eine Landung zu. Durch diesen Rückschlag zeigt sich bei den Passagieren, wer ein wirklicher Expeditionsreisender ist und wer doch eher in die Kreuzfahrten-Fraktion gehört. Denn die ersten unwirschen Stimmen über das angekündigte Reiseprogramm und dessen Undurchführbarkeit vor Ort werden aus dem Lager der letzteren erhoben.

Doch Rückschläge stacheln an zum Weitermachen, und so fahren wir weiter durch die weite Amundsensee. Wie weit die ist, wird nun auch dem letzten Teilnehmer klar, als wir die Pläne für die kommenden Tage von Don präsentiert kriegen: Zehn Tage kontinuierliches Fahren, keine Landung, keine Flüge.

Ein paar lange Gesichter, denen plötzlich bewusst wird, wie weit wir von jeglicher Zivilisation weg sind. Doch die meisten freuen sich auf diese Tage. Endlich Zeit für sich und seine Gedanken, Bücher lesen, süßes Nichtstun … oder alles tun, wofür man sonst nie Zeit hatte.

Die Guides an Bord schmeißen mit Vorträgen nur so um sich, wenn man das so sagen kann. Abends geht’s ins Kino (inklusive frisches, warmes Popcorn) und/oder in die Bar (für Drinks und Erdnüsse). Konversation betreiben, seine Mitreisenden und die Guides kennenlernen, Musik hören oder einfach nur draußen sein und sehen, was die Antarktis zu bieten hat.

 

Druchbruch!

Und sie bietet alles: Sonnenschein und glatte See, brausende Winde und hohe Wellen, Eisberge nah und fern, Wale in allen Arten. Und dann, nach vier vollen Tagen umgeben von Meer und Eisbergen: Packeis! Wir befinden uns auf etwas mehr als 70 Grad Südliche Breite und treffen vor der Einfahrt ins Rossmeer auf einen mehr oder weniger dichten Gürtel gefrorenen Meerwassers. Und darauf noch nie Gesehenes wie beispielsweise Kaiserpinguine, die wie Menschen auf dem Eis thronen und ihre Entourage aus Adéliepinguinen um sich geschart haben. Oder die geheimnisvolle Rossrobbe, die so selten zu sehen ist, dass ihre Sichtung jeden an Deck zieht und sogar gestandenen Antarktisreisenden und Guides eine Träne der Freude ins Auge treibt. Über den Schollen von Packeis schweben Schneesturmvögel und Weißflügelsturmvögel wie auf Fäden aufgezogen.

Anderen aber treibt die Eiskarte eine andere Art der Tränen ins Gesicht. Schaffen wir’s rein ins Rossmeer oder nicht? Werden wir bereits am Eingang zum Traum der meisten Teilnehmer, dem Rossmeer, abgewiesen wie der Sünder am Himmelstor?

Immer dichter wird das Eis, und proportional dazu steigt die Spannung an Bord. Ein Hubschrauber wird ausgeschickt, um für das Schiff eine Route durch dieses Gewirr aus kleinen und großen Schollen zu erkunden. Immerhin: Das Wetter macht mit, die Sonne scheint und taucht die Landschaft in ein zauberhaftes Licht. Die Temperaturen sind mit minus 4 Grad kalt, aber bei weitem nicht die erwarteten Minusgrade.

Noch immer lenken uns Kaiserpinguine und Robben von jeglichen trüben Gedanken ab. Kapitän Barria und Expeditionsleiter Don verbreiten vorsichtigen Optimismus.

Wir sind schon so weit drin, dass eine Umkehr einem persönlichen Waterloo gleichkommen würde. Expedition pur, Nerven wie Stahl sind gefragt. Und dann die Erlösung: offenes Wasser vor uns! Erleichterung ist im ganzen Schiff zu spüren, und viele lassen auf der Brücke den Kapitän, den Steuermann und auch den vorbeiziehenden Eissturmvogel hochleben. Hinter uns das Packeis, vor uns das Schelfeis! Die neun Tage auf See haben sich gelohnt, ein weiteres Ziel der Fahrt ist erreicht.

 

Von Erfolg und Niederlage

Das Rossmeer … Unendliche Weiten … Wir schreiben das Jahr … Ach, Copyright-Alarm! Doch genauso wie im zitierten Fernsehfilm „Raumschiff Enterprise” fühlt man sich beim Anblick einer bis an den Horizont reichenden weißen Wand, die rund 30 Meter hoch aufragt. Es ist schon sehr eindrücklich, wenn man auf Deck vor der Gletscherwand steht. Doch wenn man das Ganze aus im Helikopter aus 200 Metern Höhe betrachten kann, stockt einem nur noch der Atem. Eine bis an den Horizont reichende weiße Ebene eröffnet sich uns.  

Expeditionsleiter Don und die Piloten haben grünes Licht für einen Rundflug gegeben, und in Gruppen schweben wir über die eisigen Weiten des Schelfeises. Die Gedanken kreisen wie die Rotoren des Hubschraubers um die frühen Helden des heroischen Zeitalters, die diese Weite hinter sich bringen wollten, um die dahinterliegende Welt zu entdecken, immer weiter, bis zum Südpol, dem Goldtopf am Ende des Regenbogens.

Diesen Männern sind wir jetzt auf der Spur, wir suchen ihre Hinterlassenschaften. Kapitän Barria steuert die ORTELIUS zuerst nach Westen, in die Region der McMurdo-Bucht, die vom mächtigen Vulkan Mount Erebus überragt wird. Zu unserer Linken die weiße Wand des Rosseisschelfs. Ein ganzer Tag vergeht wieder auf See, die Eismauer immer backbord von uns. Die unglaublichen Distanzen und Masse des Rosseisschelfs werden uns bewusst. Wie lange ist es her, seit wir festen, nicht schwankenden Boden unter den Füssen hatten? Zehn Tage? Zwölf Tage. Letzteres ist die Antwort. Den antarktischen Kontinent entlang zu fahren, macht uns bewusst, wie groß die Erde doch ist. Ein Gefühl von Winzigkeit überfällt uns.   

Unsere ORTELIUS ist mit ihren knapp 100 Metern Länge unsere Welt, das Rossmeer mit seinen hunderten Kilometern unser Universum, ein Wasseruniversum. Und wir als Landbewohner möchten langsam auch wieder das Gefühl von Festland unter den Füssen spüren.  

Bald, meine Freunde, bald – so beschwichtigt Don die Landsüchtigen, während andere immer noch jeden Tag auf dem Wasser einfach genießen. Und tatsächlich werden Dons beschwörende Worte bald wahr: Endlich Festland, 19 Tage nach unserer Abfahrt von Ushuaia und 14 Tage nach dem letzten Landgang begrüßen uns Steine, Dreck, Schnee, Robert Falcon Scotts Hütte bei Cape Evans ... und viele Raubmöwen, die wütend Touristen attackieren.

Und doch gehen einige von uns wie der Papst zuerst mit den Knien auf den Boden für einen Kuss des Dankes, dann ein Spaziergang im Sonnenschein, im Hintergrund Mount Erebus, gewaltig und wunderschön gleißend im Sonnenlicht. Erst jetzt wird uns klar, wo wir eigentlich sind und die Hütte von Scotts Expeditionen lockt.

Im Innern der liebevoll restaurierten Hütte wird Geschichte lebendig, wir atmen dieselbe Luft wie Scott (zumindest fast). Es sieht aus, als ob die Hütte immer noch bewohnt ist und die Männer nur mal kurz weg sind. Überall stehen Dinge rum, die uns bekannt sind und trotzdem fremdartig anmuten. Eine Büchse Corned Beef ... Ob man die wohl noch essen kann?

Andächtiges Schweigen ob der Geschichte dieses Ortes. Scotts Niederlage beim Rennen zum Südpol wird greifbar. Draußen scheint die Sonne, und doch fröstelt es den einen oder anderen. Schnell wieder hinaus und Lustigeres betrachten, zum Beispiel Hunderte von Adéliepinguinen auf dem Eis. Oder Zwergwale beim Fressen (nein, sie fressen Fische, keine Pinguine).

 

Ein perfekter Tag

Weiter geht’s auf den Spuren von Heroen, nächster Halt: Shackletons Hütte bei Kap Royds. Doch o weh, keine Landung möglich wegen Eis und Wind! Hmmm, danke schön, Antarktika! Doch der nächste Tag entschädigt wirklich jeden und präsentiert die Schönheit von Antarktika wie auf dem Silbertablett: Kaiserpinguine auf dichtem Packeis, an dessen Rand Gruppen von Orcas stundenlang entlangziehen, im Hintergrund die Dry Valleys, das Ziel unserer Hubschrauberflüge inklusive Landung und Herumwandern, und über allem scheint die Sonne und kein Windstoß in der Luft.

Wenn ein polarer Tag jemals perfekt war, dann dieser: Mit den Zodiacs zu den Orcas, kein Problem, denn die Orcas kommen zu uns; ein Ausstieg und ein Spaziergang auf dem Eis, kein Problem, denn das Eis ist dick genug für ganze Gruppen; ein langer Flug mit dem Hubschrauber, um das Ganze von oben zu genießen, kein Problem, denn das Schiff ist zwar weit vom Land entfernt, doch nahe genug für die Hubschrauber. Ein Spaziergang am trockensten Ort der Antarktis rundet den Tag ab. Ein Ort, der so trocken ist, dass sich das Eis nicht verflüssigt, sondern verdampft; dass tote Robben zu Mumien werden; dass noch nicht mal Flechten dort wachsen.

Und doch beeindruckt die Kargheit. Und lässt wieder den Finger nervös über den Auslöser zucken. Am Ende des Tages bleibt der Erfolg und entschädigt für all die kleinen oder großen Niederlagen, die man bis zu diesem Zeitpunkt erlebt hatte. Da ist sogar die Tatsache, dass auch der zweite Versuch, die Hütte von Shackleton anzulaufen, wegen Eis und Wind scheitert, reine Nebensache. Denn aller Guten Dinge sind drei. Am 21. Tag unserer Reise gelingt es uns doch, Kap Royds zu besiegen, ein weiterer Höhepunkt. Adrenalin und Endorphine sind schon eine tolle Sache ... So muss sich ein Entdecker fühlen, wenn er etwas Großes erreicht hat.

 

Vorwärts nach Hause

Und was kommt nach dem Ziel? Nicht der Rückweg für uns ... Immer weiter segeln wir, wieder nach Norden, weiter die Küste Antarktikas entlang bis nach Kap Adare und dann weiter nach Neuseeland. Und nach den Erfolgen der letzten Tage hungern wir nach mehr, mehr Landungen, mehr antarktische Schönheit, mehr Tiere, mehr von einfach allem.

Wir segeln die Küste entlang, und Expeditionsleiter Don möchte seine Pläne von weiteren Landungen und Aktivitäten umsetzen. Doch wir sind ja in Antarktika, dem Kontinent der Gegensätze, dem Janus-gesichtigen Kontinent. Das schöne Gesicht durften wir genießen in den Tage zuvor. Nun kommt das andere hervor: Wind, Eis, keine Landung, keine Zodiacfahrt, kein Hubschrauberflug. Die ORTELIUS trägt uns weiter der Küste entlang, wieder zwei Tage auf See.

Die Natur gibt den Takt vor, das Leben an Bord kommt wieder zur Ruhe. Wir fragen uns, ob es das nun gewesen ist oder ob uns Antarktika nochmals die Chance gewährt, seine Schönheit zu genießen. Und tatsächlich: am letzten möglichen Tag, bei Kap Adare am äußersten Zipfel des Kontinents auf dieser Seite, geht der Vorhang noch einmal auf. Antarktika zeigt wieder sein schönstes Gesicht in Form von Sonnenschein, windstillen Verhältnissen, der Borchgrevink-Hütte am Cape Adare, die wir nochmals mit Hubschraubern erreichen, unzähligen Adélies überall, Eisberge und Eisschollen, die an uns vorbeidriften.

Wie verzaubert wandern wir zwischen Pinguinen, hören ihre Rufe und beobachten ihr emsiges Treiben, spüren die warme Sonne auf dem Gesicht. Magie pur! Und zum Abschluss kurven wir mit unseren chilenischen Piloten über Eisberge und Eisschollen. Perfekter Tag Nummer 2, ganz großes Kino und ein würdiger Abschluss unserer Zeit bei Antarktika.

 

Zeit für eine Bilanz

Durch den nun nicht mehr so dichten Packeisgürtel, verabschiedet von Kaiserpinguinen mit Hofstaat, den letzten Rossrobben und Krabbenfresserrobben, nach so vielen Eindrücken und Tagen im Rossmeer sind sogar die letzten Zweifler und Kommentatoren froh, wenn sechs weitere Seetage vor einem liegen.

Wirklich? Stürme soll es hier geben, die so heftig sind, dass die Drake-Passage wie das Wasser in einer Badewanne daherkommt, Wellen so hoch wie Häuser, und Drachen ... Halt, schon wieder falscher Film!

Tatsächlich nimmt der Wind zu, die Wellen werden höher, jedoch nur bis Flachdachhaushöhe. Die Tage gleiten dahin wie unsere ORTELIUS auf dem Wasser. Unser nächstes Ziel: Campbell Island und die Gelbaugenpinguine. Doch der Wind wird nicht weniger und Campbell Island muss vom Schiff aus betrachtet werden. Die Füße werden wohl noch auf Steine und Dreck warten müssen.

Dafür zeigen sich die Pinguine im Wasser, die Seevögel der Insel fahren ihr gesamtes Flugrepertoire auf, und sogar die Pelzrobben und Seelöwen der Insel schauen vorbei. Wunderbare Show!

Leider auch das Ende der Reise, nächster Halt: Bluff, Neuseeland. Noch zwei Tage, um das Fazit der Reise zu ziehen: Eine unglaubliche Tour, die das Janus-Antlitz der Antarktis gezeigt hat: Sie packt einem, lässt den Reisenden mit ihrer Schönheit in höchste Sphären schweben, nur um ihn dann in Verzweiflung fallen zu lassen ob ihrer Wildheit und Unabwägbarkeit. Eines ist sicher: Die Region und die Reise dorthin sind nur für wahre Entdecker, in der Vergangenheit und auch in der Zukunft.

 

Halbumrundung der Antarktis 2017

10. Januar bis 16. Februar 2017. Mehr dazu: PolarNEWS, Am Kaltenborn 49-51,

D-61462 Königstein, Telefon 06174-932 007, www.polar-reisen.de

Kaiserpinguine vor der ORTELIUS.Kaiserpinguine vor der ORTELIUS.

Whalers Bay auf Deception Island.Whalers Bay auf Deception Island.

 

Spektakuläre Fahrt durch den Lemaire-Kanal.

Spektakuläre Fahrt durch den Lemaire-Kanal.

Die seltene Rossrobbe.Die seltene Rossrobbe.

 

Der Albatros ist der König der Lüfte.

Der Albatros ist der König der Lüfte.

Ein Haubenpinguin.Ein Haubenpinguin.

 

Pinguine an der Eiskante.

Pinguine an der Eiskante.

Orcas in der McMurdo-Bucht.Orcas in der McMurdo-Bucht.

Die McMurdo-Station vom Observation Hill betrachtet.Die McMurdo-Station vom Observation Hill betrachtet.

 

Kap Royds ist das Westkap der Ross-Insel im McMurdo-Sund.

Kap Royds ist das Westkap der Ross-Insel im McMurdo-Sund.

Robert Falcon Scotts Hütte bei Cape Evans.Robert Falcon Scotts Hütte bei Cape Evans.

 

Im Innern der liebevoll restaurierten Hütte wird Geschichte lebendig.

Im Innern der liebevoll restaurierten Hütte wird Geschichte lebendig.

Die ORTELIUS trägt uns weiter der Küste entlang, wieder zwei Tage auf See. Die ORTELIUS trägt uns weiter der Küste entlang, wieder zwei Tage auf See.

 

Mit den Zodiacs zu den Orcas, kein Problem, denn die Orcas kommen zu uns.

Mit den Zodiacs zu den Orcas, kein Problem, denn die Orcas kommen zu uns.

Die Region der McMurdo-Bucht, die vom mächtigen Vulkan Mount Erebus überragt wird.
Die Region der McMurdo-Bucht, die vom mächtigen Vulkan Mount Erebus überragt wird.

Im Hintergrund die Dry Valleys, das Ziel unserer Hubschrauberflüge. Im Hintergrund die Dry Valleys, das Ziel unserer Hubschrauberflüge.

 

Die ORTELIUS passiert einen schönen blauen Eisberg.

Die ORTELIUS passiert einen schönen blauen Eisberg.

Magie pur! An Tafeleisbergen Antarktikas vorbei bis nach Kap Adare und dann weiter nach Neuseeland.

Magie pur! An Tafeleisbergen Antarktikas vorbei bis nach Kap Adare und dann weiter nach Neuseeland.

Das war die Reiseroute: Beginn in Ushuaia (rechts in Bild), Ende in Neuseeland (links oben).

Das war die Reiseroute: Beginn in Ushuaia (rechts in Bild), Ende in Neuseeland (links oben).

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