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Clubreise Ausgabe-1-2015

hr

Alter Handelshof in Flensburg. Der Querspeicher zur Hafenseite diente als Warenlager, in der Hofanlage, am Fachwerk erkennbar, wurde die Ware verarbeitet. Hier gab es auch Ställe, Brunnen und Unterkünfte fürs Gesinde. Zur Hauptstraße hin lagen Kontore und Wohnungen der Kaufherren.Alter Handelshof in Flensburg. Der Querspeicher zur Hafenseite diente als Warenlager, in der Hofanlage, am Fachwerk erkennbar, wurde die Ware verarbeitet. Hier gab es auch Ställe, Brunnen und Unterkünfte fürs Gesinde. Zur Hauptstraße hin lagen Kontore und Wohnungen der Kaufherren.

 

Dieter Bromund

Columbus entdeckte auch Dänemark

Von Farben, Kreuzen und Unbekanntem

Eine Meile nach Beginn der Reise hätte man den Kurs noch ändern können. Westwärts wäre man nach gut einem Tag am Ziel gewesen, ostwärts dauerte die Reise neun Tage. Sergey, der Erfahrene, führte das Schiff, Vladimir, der Beredsame, wusste den Reisenden von den Zielen zu rühmen, Gabriele, die Sorgende, kümmerte sich um das Wohl von Leib und Seele.

Das meiste Land, das die Reisenden entdeckten, hatte irgendwann mal der Nachbar im nahen Norden besessen. Seine Flagge sahen sie häufig, ein liegendes weißes Kreuz auf einem roten Tuch. Die Nachbarn im Osten hatten die Farben abgewandelt, das Tuch wurde blau, das Kreuz gelb. Die Nachbarn im fernen Norden hatten das rote Tuch mit weißem Kreuz übernommen und ein blaues Kreuz auf das weiße gelegt.

Am 6. Oktober 2014 um 16.30 Uhr legte die MS ASTOR von TransOcean in Kiel am Norwegenkai ab, just da, wo die Fähren der Color Line täglich nach Oslo fahren und aus Oslo ankommen. Die MS ASTOR begann ihre Reise – mit vielen Mitgliedern vom Club Columbus – zu den „Schönheiten des Nordens”. Sie führte über Flensburg nach Rønne auf Bornholm, über Kopenhagen und Göteborg nach Oslo und Stavanger und endete für viele am 15. Oktober in Bremerhaven, für viele andere erst am nächsten Morgen nach einem rauschenden Fest an Bord.

 

Unbekannte Geschichte des Nordens

Die skandinavischen Nationalflaggen sind immer gleich aufgebaut und leiten sich von der dänischen ab, erläuterte an Bord Lektor Vladimir Kavajin in einem seiner Vorträge über Länder, Ziele und Geschichte. Die ist so reich an Farben wie die Flaggen. Der deutsche Nachbar im Süden bewundert heute Vieles, was die benachbarten skandinavischen Staaten erreicht haben, wie etwa soziale Sicherheit oder die Schönheit gepflegten Landes. Die bewegteren Abschnitte im historischen Miteinander der Staaten sind weniger bekannt.

Dänemark war ein unruhiger Nachbar, der Göteborg auf der anderen Seite des Kattegatts gleich zweimal eroberte (1563 und 1612) und nur gegen hohe Ablösesummen den Schweden zurückgab. Norwegen gehörte viele hundert Jahre den Dänen, die es 1814 an Schweden abtreten mussten. Kiel und Holstein wurden 1806 für neun Jahre Teil von Dänemark. Norwegen erklärte sich erst 1905 von Schweden unabhängig und holte sich einen dänischen Prinzen als König ins Land, das bis vor etwa dreißig Jahren als arm galt.

Doch staunend erfuhr man von Vladimir, dass bis heute der norwegische Staat dank Öl und Erdgas für jeden seiner Bürger rund 500.000 norwegische Kronen in einem Fond angelegt hat und jetzt zu den reichsten Ländern der Welt zählt. Was der Besucher unter anderem an den Preisen merkte, die in Oslo und Stavanger zu zahlen waren.

 

Letzte Reise der „Clubbis” für dieses Jahr

Der Club Columbus ist mit seinen rund 4.000 Mitgliedern der Club der Freunde von TransOcean. Jeder, der einmal auf einem TransOcean Schiff auf Salzwasser oder Flüssen gereist ist, kann für 40 € Jahresbeitrag Mitglied werden und Vorteile genießen, die wachsen, je häufiger man mitfährt. Die Mitglieder, die sich gern als „Clubbis” bezeichnen, treffen sich auch in regionalen Veranstaltungen. Ihre Schirmherrin ist die charmante Marléne Charelle. Mehrmals im Jahr macht die MS ASTOR für die Clubbis eine Reise. 2014 ging’s, zum Ende der deutschen Saison, von Kiel nach Bremerhaven, außen herum.

 

Wie dänisch ist Flensburg?

Kreuzfahrer lieben Förden, wenn sie tief genug ins Land führen. Solche Buchten bedeuten kurze Wege an Land. Elisabeth Kreps, die Reiseleiterin, wusste sie in Flensburg noch weiter zu verkürzen, indem sie mit dem Tenderboot direkt die Busse ansteuern ließ, die auf die Ausflügler warteten. Der Fahrplan sah für den ersten Stopp ganze fünfeinhalb Stunden für Flensburg vor, die geführten Ausflüge sollten drei und vier Stunden dauern, nach Glücksburg mit dem Bus und zu Fuß durch die Stadt, über die ausdauernd Regen fiel.

Wer auf eigene Faust sein Glück in Deutschlands nördlichster Stadt im Regenmantel und mit Schirm suchte, fand viel Dänisches in Baustil und Angeboten und freundliche Auskunftsgeber. Der Sommer in diesem Jahr sei ungewöhnlich heiß gewesen, weit und breit waren alle Quartiere bis ins nahe Dänemark ausgebucht. Ja man lebe hier auch außerhalb der Saison ganz gut mit dem Währungsgefälle. Dänemark gehört, wie Schweden, zur EU, hat aber noch seine eigene Währung.

Flensburg war einst berühmt für seine Importe westindischen Rums, von denen in der Innenstadt nichts mehr zu spüren ist. Flensburger Bier hat dem Rum den Ruhm abgelaufen. Geblieben sind Handelshäuser mit ihren Höfen und Speichern, die gebührend zu genießen man mehr Zeit gebraucht hätte. An der Norderstraße ein beachtliches steinernes Haus, das „Flensborghus”. Hier hatte die dänische Minderheit ihr Zentrum auch zu Zeiten, als die Nachbarn nicht gut miteinander umgingen.

Auch das Auslaufen aus der Flensburger Förde geschah im Regen und leider zur Zeit des Mittagessens in Richtung Rønne, ganze 194 Seemeilen (rund 359 Kilometer) weit weg.

 

Sonnenreiches Bornholm

Bornholm liegt viel näher an Schweden als an Dänemark, hat sich aber schon 1658 von den Schweden befreit unter Führung eines Jens Pedersen Kofoed, den heute auf der Insel noch jedes Kind nennen kann. Nachsaison, die Fähren lagen fest, der Hafen von Rønne war leer, dennoch machte die MS ASTOR an einem fernen Kai fest, von wo aus ein Shuttlebus Gäste in die Stadt brachte – kostenlos. „Und da, wo Sie aussteigen, hole ich Sie auch wieder ab”, erklärte der Fahrer in seinem sanften spitzmündigen Deutsch. Was tut man in drei Stunden bei Sonnenschein in der Inselhauptstadt Rønne?  

Altstädte zu besichtigen ist in Skandinavien immer ein guter Tipp. In Rønne scharten sich niedrige Häuser, gelb und rot in mancherlei Eintönungen wie frisch bemalt, um die Rundkirche. Blitzsauberes Straßenpflaster, die  Kameras fanden genügend Stoff. Noch immer wird das kleinste Theater Dänemarks, aus dem Jahre 1823 bespielt, von Amateurgruppen und reisenden Trupps.

Weiß als Hausfarbe deutet Reichtum und Stand an, also war auch die Nikolai-Kirche der Altstadt weiß getönt, eine Kirche für Seefahrer, Fischer und ihre Familien. Von der Decke hing das Modell einer Fregatte unter Segeln, das Altarbild weckte Neugier – ein unbekannter Nolde? Neben der Kanzel wurde das Rätsel gelöst. Der in nordischen Kirchen eher übliche einladende aufrecht auf den Beschauer zuschreitende lebensgroße Jesus war abgehängt und durch ein Ölgemälde ersetzt worden, das ein kleines offenes Schiff in wüsten Wellen zeigte: Jesus (ein kleiner roter Fleck) stillt den Sturm auf dem See Genezareth. Vor der Kirche knarrten Flaggen im Wind, die Wetterfahne auf dem Dach zitterte – man ahnte, welche Wucht Stürme in diesem Teil der Ostsee haben können. Da mag so ein Bild Trost spenden und Hoffnung wach halten.

Im schönen Restaurant am anderen Ende des zentralen Marktplatzes gab es zum lokal gebrauten Bier keinen Hering, für den Bornholm berühmt ist. „Die Saison ist vorbei”, bedauerte die Besitzerin, und entschädigte die Hungrigen mit einer „Gemischten dänischen Platte”. Danach gab’s einen Kaffee, der zu rühmen war, Tee hat hier im Norden keine großen Chancen.

 

Kopenhagen, drittes Ziel

Immer mal in Kopenhagen gewesen, nie etwas von der Stadt gesehen. Immer nur weiter geflogen oder weiter gefahren – das durfte nicht länger so bleiben. Also machten wir am Vormittag einen Ausflug mit und am Nachmittag auf eigene Faust einen Spaziergang durch die Innenstadt. Vormittags also Geschichte und Architektur genießen, nachmittags Design entdecken.

Schön, sauber, geruhsam und breit hingelagert, auch in der Innenstadt noch gut für Busse geeignet, Geschichte und Gegenwart architektonisch geschickt verbunden – wieder einmal wünschte man sich noch mehr Zeit für Dänemarks Hauptstadt. Hast schien hier unbekannt zu sein. Selbst der „kleine” Wachwechsel der Palastgarde in ihren Bärenfellmützen geschah mit einer gewissen Ruhe und nur mäßig lauten Befehlen. Eile war allenfalls in den Magazinen und Läden zu spüren, in denen sich auch spät im Jahr immer noch Touristen drängelten. Dänisches Design, irden, metallen, hölzern oder textil, hat von seiner Anziehungskraft nichts verloren. Irgendwas ging immer mit an Bord. Auch Kaffee und dänisches Gebäck gewinnen dem Land immer noch neue Freunde, so wie beides in den vielen Cafés angeboten wird.

 

Göteborg, die englische Stadt

Dreimal waren wir mit der Stena-Fähren von Kiel nach Göteborg gefahren und hatten die Stadt kennengelernt, was also jetzt tun, beim vierten Besuch? Treiben lassen und wieder genießen, was schön war.

Göteborg, auch durch Schotten, Niederländer, Deutsche und Engländer aufgebaut und zu Bedeutung gelangt, gilt als die englische Stadt Schwedens. Was in London gerade Mode ist, erscheint zuerst in Göteborg. Man kauft hier also gern ein und weiß Mode und Englisches zu schätzen. In vielen kleinen Passagen kann man fündig werden, in den großen Kaufhäusern sowieso.

Alte Bekannte grüßten, die Fischkirche, der berühmte Markt für alles Essbare aus dem Meer, der „Lippenstift” und die Viermastbark VIKING, die heute als Restaurantschiff dient. Wir übten trotz ausgezeichneter Bordküche auf der MS ASTOR Verzicht und entschieden uns für „lunch” in der Stora Saluhallen, der Markthalle der Stadt, in ganz Skandinavien berühmt. Was immer man aus aller Welt essen mag, findet man hier neben bodenständig Schwedischem, das um die Mittagszeit an zahlreichen Ständen als Lunch angeboten wird.

 

Oslo für Anfänger …

Vladimir hatte die Einfahrt nach Oslo als eine Fahrt durch einen der schönsten Fjorde gepriesen, Anlass, lange vor dem Morgengrauen eingemummelt und mit der Kamera in der Hand auf dem Sonnendeck zu erscheinen. Noch hing der Mond am Himmel, kraftlos sein Licht. Im Osten kündigte helles Rosa den Morgen an. Letzte Sterne, schwer zu orten, und dann die Lichter von Tonnen, Feuer an Land, kreuzende Fähren, Mitläufer und Entgegenkommer.

Ein Blick in den Mast, ja, die Lotsenflagge wehte schon im eiskalten Morgenwind. Von der Brücke wehte ein leichter Kaffeeduft hoch. Die Kälte kroch unter Pullover und dicke Outdoorjacke, Kaffee für Frühaufsteher stand noch lange nicht auf dem Tagesprogramm. Also schnellen Schritts ums Deck gehen, um warm zu werden, mit dem Fahrtwind, gegen den Fahrtwind, diese Morgenstunde gehörte den Verwegenen. Und dann, fast unerwartet, trat aus dem Dunkel ein Block mit zwei Türmen, das Rathaus von Oslo. Die MS ASTOR machte unter der Festung Akkerhus fest, dicht unter dem Rathaus, der Lotse ging von Bord, die Ausflüge starteten.

Über dreihundert Jahre hieß Oslo Christiania, Christian IV. von Dänemark hatte 1624 befohlen, die hölzerne Stadt nach dem letzten Brand in Stein wieder aufzubauen.

Bis 1814 gehörte Norwegen zu Dänemark, das im Kampf zwischen England und Frankreich auf der falschen Seite gestanden hatte. Nach dem Sieg über Napoleon kam Norwegen 1814 zu Schweden und wurde erst 1905 als Staat unabhängig. Aus Christiania wurde wieder Oslo. Der erste König kam aus dem Hause Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg und nahm bei der Thronbesteigung den Namen Haakon an. Der Name war im Land populär, der König wurde es.

Als Nazideutschland am 9. April 1941 Norwegen besetzte, trat er nicht zurück, sondern floh aus Oslo und fand Verstecke im Land. Der englische Schwere Kreuzer HMS DEVONSHIRE brachte ihn und seine Familie nach England, wo er im Londoner Stadtteil Rotherhithe die Exilregierung leitete. Am 7. Juni 1945 kehrte er nach Norwegen zurück und wurde jubelnd begrüßt. Ein großes Denkmal am Platz des 7. Juni erinnert an den überaus schlanken Monarchen, dessen Enkel Harald heute Staatsoberhaupt ist.

 

… und Fortgeschrittene

Oslo ist die – verhältnismäßig kleine – Hauptstadt für fünf Millionen Norweger. Zu festlichen Anlässen, wie etwa Taufen im Rathaus, tragen Männer und Frauen gern noch Nationalkostüme. Die Geschichte des Landes lässt sich teilen in „vor dem Öl” und „nach dem Öl”. Aus einer armen Nation machte das Öl eine reiche, die bereit ist, ihren Reichtum zu teilen. Flüchtlinge werden hier gern aufgenommen und können norwegische Staatsbürger werden, wenn sie die Sprache beherrschen, eine der beiden, die im Norwegen gesprochen werden. Das „Bokmål” basiert auf dem Dänischen, das „Nynorsk” hatte sich weiter im Norden in den Tälern gehalten.

Anfragen der Bürger an Behörden müssen in der Sprache beantwortet werden, in der sie gestellt wurden. Wer also Bürger werden will und Norwegisch bei einer Prüfung beherrscht, ist willkommen. Und kann die vielen Vorzüge des Landes genießen. Auch den Ruhm, an dem Polarforscher wie Nansen und Amundsen oder Seefahrer wie Thor Heyerdahl mit seinen Flößen „Kon Tiki” und „Ra” bauten. Museen, ihnen gewidmet, laden in Hafennähe ein. Der norwegische Volkssport Skilaufen führte zur wohl bekanntesten und sicher ältesten Sprungschanze der Welt, Holmenkollen in einem Vorort. Selbst in Nebelstreifen beeindruckt sie durch Größe und Eleganz.

Dennoch schaudert’s den ungeübten Südländer. Wer würde denn freiwillig aus solcher Höhe mit solchem Tempo in solche Tiefen springen mit nur zwei „Brettern” unter den Füßen?  

 

Kunst am Bau und im Park

Am Rathaus in Oslo wurde 35 Jahre gebaut. Heute ist es als Klinkerbau Wahrzeichen der Stadt und immer noch ein bisschen umstritten. Innen und außen schmückten bekannte norwegische Künstler Wände und Decken, den Saal, in dem der Friedensnobelpreis verliehen wird, ebenso wie das Sitzungszimmer des Stadtparlaments und alle anderen Räume. Viele Wände, viele Bilder, viele Gestalten – gibt es so etwas wie einen gemeinsamen norwegischen Stil, fragt sich mancher Besucher, der unbehindert alle Räume betreten darf? Großes war üblich, Nationales, und Nacktes – am Rathaus ebenso wie im Vigelands-Park, in dem Gustav Vigeland sein gesamtes bildhauerisches  Lebenswerk präsentieren konnte. „Um zu zeigen, dass alle Menschen gleich sind”, heißt es in einem der Führer durch den Park, „hat er aller Gestalten nackt dargestellt.” Nun denn, es sind im Park über zweihundert, die täglich Scharen von Besuchern anziehen.

 

Bewölkt auf See, Teil 1

Kurze Reisen haben wenige Seetage. Die MS ASTOR hatte lange vor Oslo den Kattegatt verlassen und lief am siebenten Tag der Reise, an einem Sonntag, außer Sichtweite parallel zur norwegischen Küste gemächlich auf Stavanger zu durch den Skagerrak. Ruhige See, über die nur gelegentlich Böen zogen und das Wasser kabbeln ließen. Wer Mut hatte, fand einen windfreien Platz draußen und Optimisten warteten auf Sonnenschein. Innen breitete das Programm seine Flügel aus: Harald Spiker erinnerte zahlreiche Hobbyfotografen an den richtigen Umgang mit „96,7 Millionen Pixeln”, dem Machen, Bearbeiten und Speichern eigener Digitalfotos. Wer sich dafür nicht interessierte, konnte an Brückenführungen teilnehmen, Cocktails mischen lernen, Bingo spielen oder pokern, Wassergymnastik treiben oder Shuffleboard üben. Und sich auf Stavanger einstimmen, bei Vladimirs Vortrag.

 

Stavanger, die Ölmetropole

Dramatisch dürfte das Einlaufen nach Stavanger bei schwerer See sein. In den meisten Häfen nördlich und südlich des Zielhafens bieten hohe Felsen und bewaldete Inseln Schutz, vor Stavanger sind sie klein und flach, gleichen Rücken schlafender Kühe und Schafe oder abgebrochenen Baumstümpfen. Natürlich ist das Fahrwasser hervorragend ausgetonnt und der Lotse an Bord ein verlässlicher Ratgeber, einlaufend wie auslaufend. So ist die Annäherung an Norwegens Ölmetropole bei sanfter See eher geruhsam. Über sie hatten wir im einführenden Vortrag gehört. Stavanger sei so oft abgebrannt, dass andere als die zähen und armen norwegischen Fischer die Stadt längst aufgegeben hätten.

Fisch machte sie schließlich doch wohlhabend, Fischkonserven aus Stavanger versorgten halb Europa. Das Weiß der Holzhäuser der Altstadt am Westufer des Hafens zeugte von einem gewissen Reichtum, der schwand, als die Konserven-Fabriken schlossen. Das war vor der Zeitenwende in Norwegen. Die begann, als 1969 Öl und Gas auf norwegischem Grund in der Nordsee gefunden und gefördert wurden. Seit den Achtzigern wird Norwegen reich.

Verblüffend, dass es das eigene Gas und Öl kaum selbst verbraucht. Was an Energie in Häusern, Wirtschaft und Industrie gebraucht wird, liefern Wasserfälle überall im Land.

Wie stellt sich die Ölmetropole dem Besucher dar? Rein und fleckenlos. Alles, was mit der Versorgung der Ölplattformen auf See zu tun hat, wird aus anderen Hafenbecken bedient. Kreuzfahrer liegen fast im Herzen der Stadt, nahe der Kathedrale zwischen Altstadt und Fußgängerzone.

Der Ausflug mit dem Bus zeigte ein anderes Norwegen als das aus Büchern bekannte mit Fjorden und Bergen, eher ein flaches, rundhügeliges Land, das Gletscher abgeschliffen haben. Drei Straßenzüge Altstadt, weißbemalte Holzhäuser, zum Hafen hin durch Thore Horve in Bronze bewacht, Vizeadmiral und von 1946 bis 1949 und 1951 Oberbefehlshaber der Marine. Er hatte sich in der Zeit vor dem Öl auf die Seite der norwegischen Matrosen und Offiziere gestellt, die im Zweiten Weltkrieg unter englischer Flagge gekämpft hatten und nun den Teil ihre Soldes von Norwegen einforderten, der ihnen während des Krieges nicht ausgezahlt worden war. Der Grund: norwegische Marineangehörige sollten nicht mehr bekommen als ihre englischen Kameraden, mit denen sie Seite an Seite kämpften.

Friedlich, sauber, restaurantüberladen die andere Hafenseite, hinter der die Fußgängerzone begann. Nicht nur die Auslagen der Juweliere bewiesen, dass in dieser Stadt viel Geld vorhanden ist.

Das Ölmuseum in Stavanger sucht seinesgleichen. Real, in Modellen und in Filmen, zum Anschauen also und zum Mitmachen erfährt der Besucher, wie Öl überhaupt entstand, wo es im norwegischen Festlandsockel entdeckt wurde und wie man es fördert und an Land bringt. Die gigantischen Plattformen auf dem Meer lassen den Suchenden selbst als Modell erschauern. 11 Tage und Nächte dauert draußen eine Schicht, elf Tage und Nächte ist man danach an Land – bei gleich hohem Gehalt. Urlaube sind lang, Sicherheitstrainings finden regelmäßig statt. Rettungsboote stürzen bei Gefahr heute aus 50 Metern Höhe ins Wasser, geplant sind Sturzhöhen von 100 Metern. Das überlebt man nur angeschnallt. 

 

Bewölkt auf See, Teil 2

Nach Stavanger kam, was auf jeder Reise kommen musste. Auf dieser waren zwar die meisten Getränke im Reisepreis „inkludiert”, wie Stewards und Barkeeper sagten. Was auf der Getränkekarte einen schwarzen Punkt hatte, kostete nichts. Dennoch gab der Kapitän einen aus. Um 11 Uhr am 14. Oktober 2014 hinter der Hanse Bar auf der Sonnenterrasse des Brückendecks gab’s Freibier, auch Schnaps dazu, Würstchen und Sauerkraut, Blasmusik vom Band und bayerische Lieder live von Raul und Marian und Margaret. Die MS ASTOR zog dabei gemächlich ziemlich genau auf 180 Grad nach Süden.   

Im Kattegatt querte der eine oder andere Steamer den Kurs, die dänische Küste blieb unsichtbar und Esbjerg im Osten, bei anderen Reisen Anlaufort oder Heimathafen ganzer Kutterflotten, war nur eine Erwähnung um 12 Uhr mittags wert. Die See blieb leer, Fisch kommt morgens oder am frühen Abend an Land. Gabriele Eidam meldete sich wie immer von der Brücke mit nautischen Angaben und Hinweisen auf das weitere Tagesprogramm. Es gab Hinweise auf den nächsten Morgen, wenn man in Bremerhaven festgemacht haben würde. Koffer sollten bis dann und dann vor den Kabinen stehen, mit dem richtigen farbigen Anhänger, Busse würden dann und dann abfahren.

Wer an der Partynacht zum 30. Geburtstag des Clubs teilnahm, hatte anderes zu beachten. Ein ausgedehnter Mittagsschlaf bot sich an. Die Nacht vom Mittwoch auf Donnerstag, in der an Bord gefeiert wurde, würde kurz sein.

Sie wurde es. Doch pünktlich am späten Vormittag des nächsten Tages legte die MS ASTOR in Bremerhaven ab und nahm Kurs auf einen kurzen Werftaufenthalt in Belgien. Von da aus ging’s später nach Tilbury/London und von da aus ins ferne Australien – für den langen europäischen Winter.

Flensburg: Die MS ASTOR hat im Inneren der Förde festgemacht. Wer zu Fuß in die Stadt geht, läuft am südlichen Ufer entlang zum Festplatz Hafenspitze.

Flensburg: Die MS ASTOR hat im Inneren der Förde festgemacht. Wer zu Fuß in die Stadt geht, läuft am südlichen Ufer entlang zum Festplatz Hafenspitze.

In Flensburg kam der Rum aus Westindien an und wurde hier gelagert, umgefüllt, gemischt und ins Binnenland weiter verkauft.

In Flensburg kam der Rum aus Westindien an und wurde hier gelagert, umgefüllt, gemischt und ins Binnenland weiter verkauft.

Heute ist die Stadt wegen ihres Bieres bekannter.

Blitzsauber und wie frisch bemalt lädt die Altstadt von Rønne auf Bornholm zum Spaziergang ein. An der Farbe der Häuser erkannte man einst Stand und Besitz der Bewohner.

Blitzsauber und wie frisch bemalt lädt die Altstadt von Rønne auf Bornholm zum Spaziergang ein. An der Farbe der Häuser erkannte man einst Stand und Besitz der Bewohner.

 

Das älteste Theater der Insel Bornholm wurde 1823 gegründet und wird immer noch bespielt. Örtliche Gruppen laden ein. Immer wieder treten auch Theatertrupps aus dänischen Großstädten hier auf.

Das älteste Theater der Insel Bornholm wurde 1823 gegründet und wird immer noch bespielt. Örtliche Gruppen laden ein. Immer wieder treten auch Theatertrupps aus dänischen Großstädten hier auf.

Bornholm ist berühmt wegen seiner Keramik. Bekannte dänische Töpfer leben und arbeiten hier, selbst aus

Bornholm ist berühmt wegen seiner Keramik. Bekannte dänische Töpfer leben und arbeiten hier, selbst aus

dem fernen Japan besuchen Keramiker die Insel. Das Keramikmuseum in Rönne zeigt, was aktuell auf

Bornholm geschaffen wird.

In der St. Nikolai-Kirche in Rønne hat ein hochmodernes Altarbild das gewohnte ersetzt: Jesus stillt den Sturm auf dem See Genezareth. Farben und Komposition erinnern an Bilder des deutschen Malers Emil Nolde.In der St. Nikolai-Kirche in Rønne hat ein hochmodernes Altarbild das gewohnte ersetzt: Jesus stillt den Sturm auf dem See Genezareth. Farben und Komposition erinnern an Bilder des deutschen Malers Emil Nolde.

Hans Christian Andersen hat eine anrührende Geschichte über sie geschrieben, Edvard Eriksen hat nach der Geschichte eine Skulptur geschaffen, für die gleich zwei Damen Modell saßen, eine für den Kopf, die andere für

Hans Christian Andersen hat eine anrührende Geschichte über sie geschrieben, Edvard Eriksen hat nach der Geschichte eine Skulptur geschaffen, für die gleich zwei Damen Modell saßen, eine für den Kopf, die andere für

den nackten Körper. Nun sitzt „Den lille Havfrue, wie die kleine Meerjungfrau im Dänischen genannt wird, auf

einem Findling im Kopenhagener Hafen und blickt

wehmütig aufs Wasser.

Schloss Amalienborg in Kopenhagen besteht aus vier fast baugleichen Palais und ist Sitz der dänischen Königsfamilie, der ältesten Monarchie der Welt. Das Standbild zeigt Frederik V. (1723 bis 1766), der den Stadtteil Frederiksstaden begründete und dem Lande Frieden und Wohlstand brachte. Im Hintergrund die Marmorkirche.Schloss Amalienborg in Kopenhagen besteht aus vier fast baugleichen Palais und ist Sitz der dänischen Königsfamilie, der ältesten Monarchie der Welt. Das Standbild zeigt Frederik V. (1723 bis 1766), der den Stadtteil Frederiksstaden begründete und dem Lande Frieden und Wohlstand brachte. Im Hintergrund die Marmorkirche.

 

Moderne Schnellfeuergewehre und Säbel aus dem Jahre 1848. Die Palastwache verrichtet ihren Dienst in einer Paradeuniform aus dem 19. Jahrhundert. Fellmützen wie diese der „Kongelige Livgarde“ werden in einigen nordeuropäischen Armeen bei Paraden noch immer von Eliteregimentern getragen. Einst schützten diese Mützen den Kopf der Grenadiere vor Säbelhieben.

Moderne Schnellfeuergewehre und Säbel aus dem Jahre 1848. Die Palastwache verrichtet ihren Dienst in

einer Paradeuniform aus dem 19. Jahrhundert. Fellmützen wie diese der „Kongelige Livgarde werden in

einigen nordeuropäischen Armeen bei Paraden noch immer von Eliteregimentern getragen. Einst schützten diese Mützen den Kopf der Grenadiere vor Säbelhieben.

Die alte Börse in Kopenhagen wurde zwischen 1619 und 1640 im Stil der Niederländischen Renaissance errichtet. Bis 1974 nutzte man sie noch zum Handel. Heute beherbergt das Gebäude Büros.Die alte Börse in Kopenhagen wurde zwischen 1619

und 1640 im Stil der Niederländischen Renaissance errichtet. Bis 1974 nutzte man sie noch zum Handel. Heute beherbergt das Gebäude Büros.

Dänischer Klassizismus in Reinkultur, die evangelische Liebfrauenkirche in Kopenhagen, errichtet im frühen 19. Jahrhundert. Die Altarfigur und die zwölf Apostel im Kirchenschiff stammen von Bertel Thorvaldsen, dem wohl berühmtesten dänischen Bildhauer.

Dänischer Klassizismus in Reinkultur, die evangelische Liebfrauenkirche in Kopenhagen, errichtet im frühen 19. Jahrhundert. Die Altarfigur und die zwölf Apostel im Kirchenschiff stammen von Bertel Thorvaldsen, dem wohl berühmtesten dänischen Bildhauer.

Wahrzeichen Göteborgs – von der MS ASTOR aus gesehen: Der „Lippenstift”, wie das auffallende Hochhaus im Volksmund heißt, und die Viermastbark VIKING, auf die heute ein Restaurant einlädt.

Wahrzeichen Göteborgs – von der MS ASTOR aus gesehen: Der „Lippenstift, wie das auffallende Hochhaus im Volksmund heißt, und die Viermastbark VIKING,

auf die heute ein Restaurant einlädt.

Internationale Speisekarte in der Großen Markthalle in Göteborg. Zahlreiche Stände laden zur Mittagszeit zum „lunch” in der Stora Saluhallen ein.

Internationale Speisekarte in der Großen Markthalle in Göteborg. Zahlreiche Stände laden zur Mittagszeit zum „lunch in der Stora Saluhallen ein.

 

Wer das Besondere schätzt, wird auf vielen Ständen in der Großen Markthalle Göteborgs fündig. Hier locken Elchschaufel und Birkhahn Freunde seltener Genüsse ein.

Wer das Besondere schätzt, wird auf vielen Ständen in der Großen Markthalle Göteborgs fündig. Hier locken Elchschaufel und Birkhahn Freunde seltener Genüsse ein.

Die MS ASTOR läuft bei Sonnenuntergang aus Göteborg aus. Der Hafen der Stadt ist einer der größten Nordeuropas und zieht sich viele Kilometer lang am Flussufer hin.

Die MS ASTOR läuft bei Sonnenuntergang aus Göteborg aus. Der Hafen der Stadt ist einer der größten Nordeuropas und zieht sich viele Kilometer lang am Flussufer hin.

Im Morgengrauen macht die MS ASTOR in Oslo fest dicht unter den Türmen des Rathauses. Die ersten Leinen sind geworfen, mit denen die Festmacher an Land gezogen werden.

Im Morgengrauen macht die MS ASTOR in Oslo fest dicht unter den Türmen des Rathauses. Die ersten Leinen sind geworfen, mit denen die Festmacher an Land

gezogen werden.

Höchste Dramatik in Bronze gegossen: ein jagender Reiter, einen Schützling im Arm. Oslo liebt Denkmale.

Höchste Dramatik in Bronze gegossen: ein jagender Reiter, einen Schützling im Arm. Oslo liebt Denkmale.

Fridtjof Nansen, der weltberühmte Norweger, vor der weltberühmten Sprungschanze in Oslos Stadtteil Holmenkollen.Fridtjof Nansen, der weltberühmte Norweger, vor der weltberühmten Sprungschanze in Oslos Stadtteil Holmenkollen.

Hunderte von Besuchern strömen täglich in den Vigelands-Park, um die Arbeiten des bedeutendsten Bildhauers des Landes zu betrachten – über 200 Plastiken.

Hunderte von Besuchern strömen täglich in den Vigelands-Park, um die Arbeiten des bedeutendsten Bildhauers des Landes zu betrachten – über 200 Plastiken.

Lebensfreude: Vater und Kind im Vigelands-Park in Oslo.Lebensfreude: Vater und Kind im Vigelands-Park in
Oslo.

Besucher verlassen durch dieses kunstvoll geschmiedete eiserne Tor den Vigelands-Park in Oslo mit seiner beeindruckenden Skulpturensammlung.

Besucher verlassen durch dieses kunstvoll geschmiedete eiserne Tor den Vigelands-Park in Oslo mit seiner beeindruckenden Skulpturensammlung.

Das Rathaus von Oslo mit zwei Türmen wurde in 35 Jahren erbaut und ist das beherrschende Bauwerk der Stadt.

Das Rathaus von Oslo mit zwei Türmen wurde in 35 Jahren erbaut und ist das beherrschende Bauwerk der Stadt.

Schon der Eingang zum Osloer Rathaus von der Stadt her lässt ahnen, wie reich das Innere geschmückt ist. Holzschnitzereien stellen am Tor Szenen aus der norwegischen Geschichte dar.

Schon der Eingang zum Osloer Rathaus von der Stadt her lässt ahnen, wie reich das Innere geschmückt ist. Holzschnitzereien stellen am Tor Szenen aus der norwegischen Geschichte dar.

Eins der kleineren Sitzungszimmer im Rathaus von Oslo. Die bedeutendsten Künstler des Landes haben an der Ausstattung der Räume gearbeitet.Eins der kleineren Sitzungszimmer im Rathaus von Oslo. Die bedeutendsten Künstler des Landes haben an der Ausstattung der Räume gearbeitet.

Im größten Saal des Rathauses von Oslo wird alljährlich der Friedensnobelpreis verliehen – in Anwesenheit des Königspaares und des Kronprinzenpaares. An Alltagen kann das Rathaus von jedermann besichtigt werden.

Im größten Saal des Rathauses von Oslo wird alljährlich der Friedensnobelpreis verliehen – in Anwesenheit des Königspaares und des Kronprinzenpaares.

An Alltagen kann das Rathaus von jedermann besichtigt werden.

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