AUSGABE 1/2012
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Foto: Sebastian Grätz, Berlin

Der gigantische Wasserfall des Caroni. Nebelartig erhebt sich Wasser aus der Gischt, um wenige Meter weiter wie ein Regenschauer am Ufer nieder zu gehen.

 
Yachtkreuzfahrt in der südlichen Karibik und auf dem Orinoco

Ließe man den Blick über die weite Bucht gegenüber der Hauptstadt von Martinique gleiten und suchte dabei die Hafenanlagen nach einem weißen Riesen ab, blieb man erfolglos. Erreichte man mit dem Transferbus den Hafen von Fort de France und folgte den Schildern zum Kreuzfahrtterminal, starrte man beinahe ins Leere. Denn wo man heutzutage üblicherweise einen hochhaushohen und mehrere Fußballfelder langen, schwimmenden Koloss erwarten würde, duckte sich hinter der Abfertigungs-Halle die elegante Silhouette einer Yacht. Niemand vermisste die üblichen Völkerscharen an mehreren Dutzend Schaltern für eine komplexe und präzise organisierte Einschiffung. Mit fast entspannter Leichtigkeit wurden Reisepass und Ticket eingesammelt, das Gepäck mit einem freundlichen Lächeln entgegengenommen, und von allen Seiten tönten begrüßende Worte, während man sich dem dunkelblauen Rumpf mit der weißen Aufschrift LE LEVANT näherte.

Die Begrüßung beim Erklimmen der schmalen Gangwaytreppe hätte aus dem Film „Cabaret stammen können; „Willkommen, Bienvenue, Welcome. Auch wenn die Reederei Compagnie du Ponant ihren Sitz in Frankreich hat, die Muttersprache daher Französisch ist, versteht sich die Flotte ihrer Schiffe als internationale Reederei, womit Englisch als Bordsprache selbstverständlich ist; und selbst Deutsch stellte für einige Crewmitglieder kein Problem dar. An Bord angelangt wurde man mit einem beherzten Handschlag und von freundlich blitzenden Augen einer zierlichen, jungen Dame begrüßt, die sich zur Überraschung mancher als die sehr engagierte Kreuzfahrtdirektorin herausstellte. Die Einschiffung aller Kreuzfahrer dauerte nur eine knappe halbe Stunde. Kein Wunder, denn obwohl alle Kabinen belegt waren, reisten nur rund achtzig Gäste auf der Expeditionsyacht. Deren Länge von lediglich einhundert Metern hätte eher die Vermutung eines Flusskreuzfahrtschiffes aufkommen lassen. Dass dieser Ozeankreuzer trotz des hochseetauglichen Tiefgangs von 3,5 Metern und komfortabler 14 Meter Breite tatsächlich wenig später zu einem Flusskreuzer mutieren würde, war den erlebnishungrigen Reisenden bereits bewusst, bevor er die französische Karibikinsel verließ.

Grenada war nur das Vorspiel für die Höhepunkte, die auf dieser Expeditionskreuzfahrt noch folgen sollten. Die zu den souveränen Mitgliedsstaaten des Commonwealth gehörende Insel war die ideale Destination, sich zu akklimatisieren. Während in heimischen Gefilden feuchtkalte Witterung Einzug hielt, galt es hier, sich an die feuchtheißen Tropen zu gewöhnen. So individuell die Gäste an Bord waren, so individuell waren auch ihre Unternehmungen. Während die einen bei einem Bummel durch die Hauptstadt St. George die durch die französische sowie die britische Kolonialzeit unterschiedlich geprägte Architektur und die darüber gelegenen Festungen erkundeten, machten sich andere daran, das an Bord gelebte „Laissez-Faire” auch an Land zu genießen. Der mehrere Kilometer lange Grand Anse im Südwesten der Insel bot mit seinem türkisblauem und etwa 28 Grad warmen Wasser ideale Bedingungen. Erlebnisreicher waren die Ausflugsteilnehmer unterwegs. Bei einer Rundfahrt über die üppig grüne Insel vulkanischen Ursprungs lernten sie den Exportschlager der Insel kennen: Gewürze wie Zimt, Muskat, Ingwer und Nelken. Die anschließenden kleineren Wanderungen auf dem bergigen Terrain zu den im Regenwald gelegenen Wasserfällen waren eher organisierte Entdeckungen im Vergleich zu dem, was in den kommenden Tagen zu erwarten war. Das erfuhren alle Reiseteilnehmer, nachdem LE LEVANT Grenada in Richtung Südamerika am frühen Nachmittag verlassen hatte.

Reisen der Ponant Yachtkreuzfahrten, wie sie auf dem deutschen Markt zum deutlicheren Verständnis genannt werden, sind neben der schiffseigenen Kreuzfahrt- und Reiseleitung zusätzlich von Naturkundlern begleitet. Insgesamt standen vier Wissenschaftler zur Verfügung, jeder von ihnen mit einem anderen Themen-Schwerpunkt; mal als Kenner der Flora, mal als Experte für Insekten, ebenso ein Reptilienfreund wie ein Ornithologe. In Zusammenarbeit mit der Kreuzfahrtdirektorin wurden die jeweiligen Tage einerseits ideal auf die geplanten Touren abgestimmt als auch andererseits bei regelmäßigen Treffen den Gästen vorab vorgestellt. Dabei fehlten neben der Beschreibung der geplanten Tour weder relevante Sicherheitshinweise, zum Beispiel zur Nutzung der Expeditionsschlauchboote, noch die nützlichen Tipps bezüglich Kameraeinsatz oder Mückenabwehr. Zusätzlich standen die Naturkundler während der Fahrt jederzeit für Fragen zur Verfügung und gaben in leichtverständlichen Lektoraten interessante Themen zum Besten, wie „warum singen Vögel oder „Tarnung in der Natur. Charmant machten sie die Mitreisenden darauf aufmerksam, die Sinne für die kleinen Schönheiten zu schärfen, mit scharfem Blick das Versteckte zu entdecken: „Erwartet nicht, wie in Ostafrika die ‚Big Five‘ auf dem Silbertablett serviert zu bekommen. Der Regenwald ist der natürliche Schutz der Tiere, auch vor dem Menschen, auch vor unseren Blicken.

Am nächsten Morgen war es soweit. Die Farbe des tiefblauen Meeres änderte sich in eine beigebraune Brühe. Die seichten Gewässer des „Boca Grande, des großen Mundes, der den Zugang zum Orinoco-Delta darstellt, waren erreicht. Wegen des aus dem Delta ausgespülten, die Wasserfarbe bestimmenden Sandes, muss ein Schiff dort exakt in einer vergleichsweise schmalen Fahrrinne manövrieren, da außerhalb dieser das Wasser teilweise nur ein bis zwei Meter tief ist. Mit einem schnellen, speziell konstruierten Boot kam ein Lotse an Bord. Mit ebenso schnellen, jedoch erheblich schlichter aus Holz gezimmerten Booten eilten die ersten Neugierigen heran und zogen nach einem kurzen Winkvergnügen mit ihren Außenbordern an dem Yachtkreuzer vorbei. Kreuzfahrtschiffe sind in dieser Region eine Seltenheit, so dass sich manchmal eher der Kreuzfahrtgast als die Attraktion für die Einheimischen fühlen konnte, statt umgedreht.

Mit fast 20.000 Quadratkilometern und einer Küstenlinie von etwa 370 Kilometern ist das Orinoco-Delta eine der weitläufigsten Flussmündungen weltweit. Im Delta verzweigt sich der Orinoco, der durch in die massiven weiter westlich in Venezuela und Kolumbien niedergehenden Regenmassen als einer der vier wasserreichsten Flüsse der Welt gilt, in mehrere Flussarme. Wir befuhren den von West nach Ost verlaufenden größten und bedeutendsten Arm, den Rio Grande. Dieses Labyrinth aus hunderten von Flussarmen und deren Nebenflüssen und Seitenarmen ist sowohl das natürliche Habitat für eine Vielzahl von Tieren als auch der Lebensraum von über 20.000 Warao-Indianern. Diese entweder als Marschlandbewohner oder als Bootsmenschen bezeichneten Indianer konnten sich jeglichen Angriffen oder Kolonialisierungsversuchen der Vergangenheit widersetzen. So leben sie auch heute traditionell und nach schamanischem Wissen, wenn auch vorwiegend katholisch missioniert, in viele kleine Dörfer verteilt. Wenn auch im Alltag und im Status weitgehend gleichberechtigt, bei den Warao haben die Frauen das Sagen.

Bereits einige Flusskilometer vor dem geplanten ersten Halt konnten an den Ufern der Rio Grande die spartanischen Pfahlbauten der Warao-Indianer entdeckt werden: dünne Baumstämme als Grundkonstruktion, mit einem palmblattgedeckten Giebeldach, zumeist ohne Wände, beziehungsweise mit Stoffbahnen verhängte Seiten, darin lediglich sich sanft im Wind wiegende Hängematten. Doch fast jede dieser Hütten besitzt eine eigene Solaranlage. Die Einheimischen begegneten der blau-weißen Yacht mit einer Mischung aus freundlicher Zurückhaltung und kindlicher Neugier. Vereinzelt traten sie aus ihren Hütten, die Kinder turnten ein wenig auf den Bootsstegen, und der eine oder andere, handgeschlagene Einbaum näherte sich und zag nach kurzem Blickkontakt weiter.

Eine dieser Ansiedlungen ist Arature am gleichnamigen Seitenarm des Orinoco. Dort wurde am Mittag der Anker gesetzt. Die Matrosen machten die acht an Bord befindlichen Expeditionsschlauchboote startklar. Sie wurden zu Wasser gelassen und zum Heck des Expeditionsschiffs gefahren. Dort befindet sich eine speziell für diesen Zweck konzipierte Plattform in geringer Höhe über der Wasserlinie. Nach nochmaliger Ermahnung hinsichtlich der Sicherheit und der Nutzung der obligatorischen Rettungswesten, durften die Gäste diese sogenannten Zodiacs besteigen; jeweils lediglich sieben bis zehn Personen. Sehr angenehm, dass die nicht französischsprachigen gemeinsam auf Englisch geführt wurden. Mit dem Vorschub der sehr leisen Außenbordmotoren fuhr jedes Team seine kleine eigene Expeditionsroute in Nebenarme des Arature – zumindest soweit die engen Wasserwege es zuließen, bevor sie zugewuchert oder von umgestürzten Bäumen versperrt waren. Bei der ersten Entdeckungstour stand die Vegetation im Vordergrund. Bei intensiver Betrachtung wurde aus dem einheitlichen Grün eine Vielfalt von Grüntönen. In den Ästen tauchten Tillandsien – auf der heimischen Blumenbank meist auf losen Steinen sitzende Bromelienart – auf. Auf im Wasser treibenden Baumresten wucherten rot leuchtende Pilze. Als Elefantenohr bekannte Alocasien wucherten am Ufer. Ebenso konnte eine Vielzahl von Blatt- und Blühpflanzen entdeckt werden, die man sonst nur im exotischen Blumenstrauß, im botanischen Gewächshaus oder als niedliche Zierpflanze kennt; manche auch als  dekorative Möbel: die Wasserhyazinthe.

Für nur wenige Stunden wurden die Zodiacs wieder an Bord genommen. Während der Tea-Time und einem warmen, tropischen Regengusses war der Anker gelichtet worden und LE LEVANT fuhr den Rio Grande weiter flussaufwärts, um während eines farbenfrohen Sonnenuntergangs erneut Anker zu setzen: El Arroyo. Für diese abend-

 

liche, teils in Dämmerung, teils in Dunkelheit stattfindende Expedition war vor einer zusätzlichen Gefahr ausdrücklich gewarnt worden. Jeder der Gäste nahm die Warnung ernst und präparierte sich entsprechend.

Im Restlicht der Dämmerung waren nur noch die schwarzen Umrisse des Regenwaldes zu erkennen. Das Licht des Schiffes ließ keine sofortige Anpassung der Augen zu. Doch nachdem die Schlauchboote auf Distanz waren, konnte man wieder die Uferlinie besser erkennen. Die Naturkundler waren bewaffnet: mit einem starken Strahler leuchteten sie die im Wasser treibenden Seerosen, die Büsche, die Bäume ab, waren auf der Suche nach den bemerkenswerten Kleinigkeiten. Manche waren ganz klein, z.B. Glühwürmchen mit ihren Lichtsignalen. Manche waren sehr schnell, besonders die unzähligen Fledermäuse, die neben den Booten oder niedrig über der Wasseroberfläche nach Insekten jagten. In Wipfeln schlafende Reiher oder auf Blättern treibende Frösche waren eher geduldig. Geduld mussten auch die Kreuzfahrer haben, um einen Kaiman zu sichten. Bei vereinzelten Schlauchbootteams wurde diese Geduld auch belohnt. Dagegen bestraft wurden all diejenigen, die die Warnungen nicht ernst genommen hatten. Doch auch beste und konsequente Vorbeugung nützten nicht bei jedem. Trotz empfohlener langärmliger, langbeiniger und heller Kleidung und trotz Einsprühens aller unbedeckten Hautpartien mit bewährten Repellents, hielten die Unmengen von Stechmücken nicht davon ab, sich auch ihren Weg durch das Gewebe der Kleidung zu suchen.

Nach einem späten Abendessen wurde der Anker gelichtet. Am folgenden Morgen erreichte die Yacht den Hafen von Puerto Ordaz; genauer gesagt Ciudad Guayana, die aus der Altstadt San Felix und der Neustadt Puerto Ordaz besteht. Diese Stadt ist mit über einer Million Einwohnern nicht nur eine der größten Städte des Landes, sondern auch eine der am schnellsten wachsenden. Die größte Bedeutung hat die Stadt einerseits durch Mineralien- und Eisenhandel, als auch andererseits durch die Verarbeitung von Aluminium. Hier mündet der Caroni River als einer der bedeutendsten Zuflüsse in den Orinoco. In der Doppelstadt wird der Fluss für ein Wasserkraftwerk mit der Macagua-Talsperre aufgestaut. Dieser Fluss bestimmt auch das sonst eher funktionale Stadtbild, da an seinen Ufern die Städteplaner Naturflächen als öffentliche Parks erhalten haben. Weil die Natur dafür erhalten und geschützt wurde, störte die stadtnahe Lage weder die Tier- noch die Pflanzenwelt. Im Cachamay Park erläuterten die Naturkundler den Bau von Termitenhügeln, zeigen, wie man lebendige Termiten naschen kann, und weisen auf versteckte Plätze der Nester von Taranteln hin.

Während die durch Seitenarme des Caroni gebildeten Seen ein geruhsamer Lebensraum für eine Vielzahl von Fischen, Vogelarten und Libellen sind, stürzt mit lautem Getöse der gigantische Wasserfall des Caroni über die Felsen. Die Gewalt des Wassers wird deutlich. Nebelartig erhebt sich Wasser aus der Gischt des Aufpralls, um wenige Meter weiter wie ein Regenschauer am Ufer nieder zu gehen. Hier blieb keiner der Besucher trocken. Das Wasser umspielt Felswände, klatscht in Stufen auf die Steine darunter, spiegelt die Ufer wieder und schlängelt sich in aller Ruhe weiter durch sein Flussbett. Gänzlich unbeeindruckt davon saß ein grüner Leguan in der Sonne dösend auf einem Ast.

Nur wenige Busminuten entfernt, genau auf der gegenüber liegenden Seite des Wasserfalls befindet sich der La Llovizna Park. Auf ganz andere Weise spielte hier Wasser auch eine Rolle. Neben weiteren, teils gut versteckten Tierarten leben hier einige Rudel Kapuzineraffen. Hier stellte sich erneut die Frage, wer beobachtet wen. Diese schlauen Kerlchen wussten genau, wie sie ihren Besuchern etwas entlocken konnten. Mit ihrem treuen Blick, zuckenden Augenbrauen unter dem namensgebenden, dunklen Haarschopf, näherten sie sich bis auf eine Sicherheitsdistanz, um in unbemerktem Augenblick etwas ihnen spannend oder essbar erscheinendes zu entreißen. Sehr menschlich wirkten sie: so gemeinschaftlich sie sich solche Beute erjagen, so neidisch streitend sie sich diese dann untereinander wiederum abspenstig machen. Sehr viel Geschick zeigten sie mit geklauten, halbvollen Wasserflaschen. Schnell auf einen Ast in Sicherheit gebracht, wurden Schraubdeckel in Windeseile geöffnet. Saßen diese zu fest, wurde ein Loch in den Flaschenboden gehämmert.

Nachdem das zierlich erscheinende Kreuzfahrtschiff den funktionellen Industriehafen am Abend verlassen hatte, fuhr es wieder flussabwärts. Noch vor Morgengrauen wurde die Ansiedlung El Toro erreicht, wo zwei Zodiactouren geplant waren. Nach einem 5-Uhr-Frühstück startete eine weitere Tour in die dschungelartigen Wasserwege. Teilweise ist das Gestrüpp sehr dicht und unwegsam. Ein mehrfaches Aufsetzen des Außenborders auf einem flach unter der Wasseroberfläche liegenden Baumstamm wird mit einem gelassenen Schulterzucken quittiert, einer von darüber ziehenden Zweigen erfassten Videokamera folgt ein rettender Hechtsprung. Doch die Zeit des Sonnenaufgangs sollte sich als die ideale herausstellen. Mit dem Verlauf des Morgens änderte sich auch das Erlebnis, besonders in der Vogelwelt. Hier scheint jeder seine Zeit zu haben ...

Während Eisvögel bereits mit den ersten Sonnenstrahlen niedrig über die Wasserfläche jagen, stehen Reiher noch wie dösend am Ufer. Die Kormorane starten kurz danach auf ihre ersten Beutezüge. Die Greifvögel müssen sich noch etwas gedulden, bis die Thermik sie in die Lüfte trägt. Ständig mit Augen und Kameras auf der Jagd nach noch Unentdecktem wurde dieses Interesse der Reisenden belohnt. Einer der seltenen und scheuen Süßwasserdelphine zog seine Bahnen; oft genug, um von vielen gesehen zu werden, immer wieder an verschiedensten Stellen auftauchend, stets zu schnell für die Fotokameras wieder abtauchend. Für die Kameras im Laubwerk der hohen Bäume kaum sichtbar, verhielt sich eine Familie roter Brüllaffen sehr leise.

Nach diesen Höhepunkten kehrten die Gäste für ein zweites Frühstück wieder zurück an Bord. Noch am selben Morgen konnten die Reisenden der Ansiedlung El Toro einen Besuch abstatten. In dem entlang des Flussufers angelegten Dorfes leben in einer Ansammlung von einfachen Holzhütten rund 400 sogenannte Riverenos und erlaubten den interessierten Reisenden einen kleinen Einblick in ihr Leben. Ein vor Hochwasser schützender Steg zieht sich durch das Örtchen. In einer leeren Hütte schaukelt ein Baby in einer Hängematte. Fröhlich lachen blitzende Augen aus dunklen Gesichtern. An einer Hüttenwand hängt eine Krokodilhaut zum Trocknen. Kinder kicken auf einem betonierten Fußballplatz. Auf einer Feuerstelle glimmt die letzte Glut. Hunde schleichen vorbei. Kichernd lächeln junge Frauen unter dem Vordach des sogenannten Hospitals herüber. Ein trotz Tropenhitze mit Strickmütze geschütztes Baby wird gestillt. Auf einem Tisch werden frisch gefangene Piranhas für das Mittagsessen vorbereitet. Alles sehr idyllisch, sehr authentisch. Erheblich lebendiger ging es in den Räumen der Schule zu. Hier wurde für den Kapitän, für die Crew und für die Gäste der LE LEVANT ein kleiner Empfang mit Liedern und Tänzen der Kinder vorbereitet. Das Strahlen glücklicher Kinderaugen, das Lachen neugieriger Gesichter lässt machen der Besucher sentimental werden. Als Dankeschön überreicht die Schiffsleitung einige Geschenke. An Bord hatte man zu Sachspenden aufgerufen, um willkürliche Schenkereien und potentielle Bettelei zu vermeiden.

Nachdem das Orinoco-Delta wieder verlassen worden war, erreichte die Yacht die Inselgruppe von Trinidad und Tobago früher als geplant. Das nutzte der Kapitän, um von der eigentlichen Route abzuweichen und als Überraschung mit einigen Schnörkeln, Achten und Schleifen Tobago, die vorgelagerten Inseln mit ihren karibisch bunten Häusern, sowie eine Ölbohrinsel zu umrunden. Nach dem Anlegen im Hafen von Port of Spain ließ es sich fast kein Gast nehmen, an dem Ausflug in den Caroni Sumpf teilzunehmen.

Bei einer Tour mit den lokalen Ausflugsbooten kurz vor Sonnenuntergang fuhren die Ausflugsteilnehmer durch die Mangrovenwälder. Auch hier konnte die Natur die zwischenzeitlich verwöhnten Reisenden begeistern. Nachdem zunächst zwei Baumpythons die Attraktion waren, wurde am Rande eines Sees Stellung bezogen. Hier ist der rote Ibis der Star. Täglich stets zur gleichen Zeit, wenn die Sonne sich langsam senkt, kommen diese Stelzvögel von ihren Futterplätzen auf den vorgelagerten Inseln zurück, um sich auf ihren Schlafbäumen zu sammeln. Ein einzigartiges Naturschauspiel, wenn Scharen dieser Art einschweben, um zu Hunderten ihre Plätze einzunehmen. Besonders in der untergehenden Sonne leuchten die roten Kleckse in den Bäumen wie Weihnachtskugeln.

Nach so viel Wissen, derart viel Natur hatten sich die Kreuzfahrer noch die Belohnung verdient, noch einen Tag mit süßem Nichtstun zu genießen. Aber sogar auf der unbewohnten Badeinsel konnten Pelikane, Perlechsen und Seeschildkröten die neuen Hobbynaturkundler von der Faulenzerei abhalten. Als krönender Abschluss hatte die Expeditionsyacht vor einer Insel der Tobago Kays Anker geworfen. Hier warten weiße, feine Sandstrände unter Palmen, türkisfarbenes, warmes Wasser bei strahlendem Sonnenschein. Dazu hatte die Crew zunächst schwimmende Snacks und Cocktails, die in der sanften Brandung gereicht wurden. Anschließend wurde ein karibisches Buffet am Strand gezaubert.

Am Ende der Reise wusste vermutlich jeder, warum er gerade diese Route und dieses Schiff ausgesucht hatte. Die kleinen Dinge waren ganz große Momente.

Foto: Sebastian Grätz, Berlin

Die Yacht LE LEVANT mit dem dunkelblauen Rumpf und den weißen Aufbauten. Dieser Ozeankreuzer würde trotz des hochseetauglichen Tiefgangs von 3,5 Metern

und komfortabler 14 Meter Breite tatsächlich zu einem Flusskreuzer mutieren.

Foto: Sebastian Grätz, Berlin
Die LE LEVANT im Hafen von Grenada, vom herrlichen Sandstrand Grand Anse aus aufgenommen.

Foto: Sebastian Grätz, Berlin

Das Orinoco-Delta ist erreicht – die ersten Boote umrunden das Schiff ...

 

Foto: Sebastian Grätz, Berlin

... es sind sowohl Motorboote, als auch Einbäume.

Foto: Sebastian Grätz, Berlin

Die ersten Stelzen-Häuser säumen die Ufer des Orinoco. 

Foto: Sebastian Grätz, Berlin

Baumhohe Lianen hängen bis ins Wasser.

Foto: Sebastian Grätz, Berlin

In den Ästen tauchten Tillandsien auf – auf der heimischen Blumenbank meist auf losen Steinen sitzende Bromelienart.

 

Foto: Sebastian Grätz, Berlin

Als Elefantenohr bekannte Alocasien wucherten am Ufer. Ebenso konnte eine Vielzahl von Blatt- und Blühpflanzen entdeckt werden.

Foto: Sebastian Grätz, Berlin
Nach der obligatorischen Rettungswesten durften die Gäste diese sogenannten Zodiacs besteigen; jeweils lediglich sieben bis zehn Personen.

Foto: Sebastian Grätz, Berlin

Bei der ersten Entdeckungstour stand die Vegetation im Vordergrund.

 

Foto: Sebastian Grätz, Berlin

Bei näherer Betrachtung wurde aus dem Grün eine Vielfalt von Grüntönen.

Foto: Sebastian Grätz, Berlin

Das Nest eines Webervogels hängt in den Zweigen.

Foto: Sebastian Grätz, Berlin

Ein Rotschopf-Geier versteckt sich im Geäst.

Foto: Sebastian Grätz, Berlin

Eine schwarzrote riesige Libelle auf dem Schilfhalm.

Foto: Sebastian Grätz, Berlin

Teils gut versteckte Tierarten leben hier, auch einige Rudel Kapuzineraffen.

 

Foto: Sebastian Grätz, Berlin

Ein grüner Leguan döst in der Sonne auf einem Ast vor sich hin.

Foto: Sebastian Grätz, Berlin

Ein Baumpython in den Mangrovenwäldern des Caroni Sumpfes bei Port of Spain.

 

Foto: Sebastian Grätz, Berlin

Ein roter Affe duckt sich ins Astwerk. 

Foto: Sebastian Grätz, Berlin

Täglich stets zur gleichen Zeit, wenn die Sonne sich langsam senkt, kommen diese Roten Ibisse von ihren Futterplätzen auf den vorgelagerten Inseln zurück, um sich auf ihren Schlafbäumen zu sammeln.

Foto: Sebastian Grätz, Berlin

Am Ende der Reise wusste vermutlich jeder, warum er gerade diese Route und dieses Schiff ausgesucht hatte ...

Foto: Sebastian Grätz, Berlin

... und Wehmut ist in den Augen der Passagiere beim letzten Blick ins Kielwasser der LE LEVANT.

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