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Wenn der Trog nach unten läuft, werden die Gegengewichte nach oben gezogen.

Wenn der Trog nach unten läuft, werden die Gegengewichte nach oben gezogen.

Fotos dieser Seite: Dr. Dietrich Hub, Kernen

 

Dr. Dietrich Hub

Wasserbauwerke der besonderen Art –

Die Schiffstunnel und das Schiffshebewerk am Rhein-Marne-Kanal

Der Styx, der Fluss durch die Unterwelt Hades, wird sich wohl ähnlich einladend präsentieren. Vor unserem Bug liegt ein schwarzes Loch. Darin verschwindet der Rhein-Marne-Kanal. Kaum darin hineingefahren fühlt sich die Luft deutlich kälter an als draußen. Es riecht leicht modrig. Faszinierend ist diese Kanalstrecke trotzdem, obwohl man eine solche Fahrt kaum als „schön” bezeichnen kann. Beleuchtet ist die dunkle Röhre nicht. Nicht nur Positionslampen und Scheinwerfer, sondern auch die Innenbeleuchtung des Salons unseres Kormoran-Hausbootes sind nun wichtig. Denn die Lampen über dem Tisch im Salon erhellen durch die Fenster hindurch rechts und links die dunklen Kanalwände. Erfreulicherweise wurde der Tunnel schnurgerade durch den Fels gebohrt. Deshalb sieht man vorne einen kleinen, hellen Punkt – das Tageslicht am Tunnelausgang. 6,6 Meter breit ist die Röhre. Unsere Kormoran 1280 ist 3,9 Meter breit – somit ist eigentlich Platz genug auf beiden Seiten. Doch nach oben hin ist der Tunnel natürlich gewölbt, so dass es jedenfalls gefühlsmäßig recht eng zugeht. Der erste der beiden Schiffstunnel auf dem Rhein-Marne-Kanal bei Arzviller ist 480 Meter lang, der zweite – immerhin, der ist innen beleuchtet – 2310 Meter lang.

Der Rhein-Marne-Kanal ist auch Teil der „Sauerkrauttour”, in der man über diesen Kanal, über den Rhein und die Mosel im Dreieck wieder zum Ausgangspunkt zurück gelangt. Gerade für Hausbootfahrer ist das eine eindrucksvolle Möglichkeit, das Land von der Wasserseite her zu erleben. Auch deshalb ist der Kanal für Hobbykapitäne faszinierend – wenn er denn zu befahren ist. Was momentan leider nicht so recht der Fall ist. Zum Rhein-Marne-Kanal im Osten Frankreichs gehören nicht nur die beiden Schifffahrtstunnel, sondern auch noch das wesentlich eindrucksvollere Schiffshebewerk Arzviller. Zum 15. Juli 2015 soll es wieder eröffnet werden. In den letzten zwei Jahren war es wegen zweier Betriebsstörungen geschlossen.

Der Rhein-Marne-Kanal verbindet Paris in Richtung Westen mit dem Rhein. Pläne für einen solchen West-Ost-Wasserweg gab es seit Ende des 18. Jahrhunderts. 1853 war es dann soweit, dass in Frankreich Schiffe „gegen alle Geographie” auch in dieser Richtung unterwegs sein konnten. Die Lastkähne dieser Zeit waren übrigens noch nicht motorisiert, sondern wurden vom Land aus von Zugtieren gezogen. Diese Treidelpfade entlang der Kanäle baute man vielerorts zu Radwegen aus.

Sehr schwierig für einen Wasserweg in Frankreich von Osten nach Westen waren die deutlichen Höhenunterschiede in Lothringen und im Elsass. Für Eisenbahnlinien sind Steigungen und Gefälle ein mittelschweres Problem. Für normale Züge sind 1,2 Prozent Steigung möglich. Sehr aufwändig, aber machbar ist es, dass Züge im Gebirge Höhenunterschiede sogar mittels Kreistunneln überwinden. Beim Kanalbau dagegen fallen Höhenunterschiede noch viel schwerer ins Gewicht. Beim Bau des

Rhein-Marne-Kanals musste man bei Arzviller eine Schleusentreppe mit 17 Schleusen hintereinander anlegen. 44 Höhenmeter müssen hier überwunden werden. Mehr als hundert Jahre lang war die Schleusentreppe das Nadelöhr am Kanal. Einen Tag brauchten die Binnenschiffer für diesen Engpass auf jeden Fall. Bereits vor der Einfahrt in die Schleusentreppe waren lange Wartezeiten üblich. Erst im Jahr 1969 ersetzte man die 17 Schleusen durch ein einziges Bauwerk. Seitdem fahren die Schiffe aus dem Rhein-Marne-Kanal in einen 43 Meter langen beweglichen Trog. Dieser läuft dann auf Schienen von einem Stahlseil gezogen den Berg bergauf oder bergab.

Jahrzehntelang arbeitete dieses Schiffshebewerk störungsfrei. Am 4. Juli 2013 aber kam es an der „Bergstation” zu einem erheblichen Unfall. Immerhin kamen dabei keine Personen zu Schaden. Weil man aber größere Schäden durch die herabstürzenden Wassermassen befürchtete, wurde der Ort unterhalb des Schiffshebewerkes evakuiert.  Eines der Ausflugsboote – mit denen Touristen die Funktionsweise des Schrägaufzugs unmittelbar erleben können – verkeilte sich bei der Einfahrt aus dem oberen Kanalstück in den Trog. Der Grund dafür war, dass der Trog sich bereits während der Einfahrt des Schiffes, d.h. noch bei geöffnetem Schleusentor, nach unten in Bewegung setzte. Dadurch strömten Wasser aus dem oberen Kanalstück ungebremst in den Trog, überflutete diesen und stürzten dann weiter in die Tiefe. Eine größere Flutwelle konnte dann doch noch vermieden werden, weil es gelang, eine Schleuse oberhalb des Schiffshebewerkes zu schließen. So lief der Kanal nur auf einer Länge von 4 Kilometern leer – was allerdings dazu führte, dass einige Sportboote auf Grund gingen. Die Reparaturarbeiten zogen sich bis beinahe ein Jahr lang, bis Mai 2014 hin. Dann wurde das Hebewerk wieder geöffnet – und zweieinhalb Monate später bereits wieder geschlossen. Bei der Abwärtsfahrt brach eine der Achsen, die den Trog in der Spur halten. Nach jetzigem Stand soll das Schiffshebewerk ab 15. Juli 2015 wieder geöffnet sein. Die Schleusentreppe neben dem Schiffshebewerk ist zwar noch erhalten, aber seit 1969 nicht mehr betriebsbereit. Insofern sind die Schleusen keine Alternative, falls das Schiffshebewerk gesperrt ist.

Nur wenige Kilometer westlich des Schiffshebewerks, im Sportboothafen Niderviller, liegen die Schiffe von Deutschlands größtem Hausbootvermieter bereit. Vermutlich ist es solchen Unternehmen zu verdanken, dass der Rhein-Marne-Kanal nach wie vor unterhalten wird, obwohl er für die Berufsschifffahrt schon lange nicht mehr relevant ist. www.plan-incline.com · www.kuhnle-tours.de

 

Durchaus erfreulich, wenn man nach der Durchfahrt wieder ins Helle kommt.

Durchaus erfreulich, wenn man nach der Durchfahrt wieder ins Helle kommt.

Ungewohnter Horizont: Für Lokführer wär´s normal, für Schiffsführer nicht.

Ungewohnter Horizont: Für Lokführer wärs normal, für Schiffsführer nicht.

 

Straßen und Kanal – als der Rhein-Marne-Kanal gebaut wurde, war noch das Wasser ein wichtigerer Verkehrsweg, als die Straße.

Straßen und Kanal – als der Rhein-Marne-Kanal gebaut wurde, war noch das Wasser ein wichtigerer Verkehrsweg, als die Straße.

Schon bald nach Fertigstellung des Kanals wurde der Gütertransport mit der Eisenbahn wichtiger als auf dem Wasser.

Schon bald nach Fertigstellung des Kanals wurde der Gütertransport mit der Eisenbahn wichtiger als auf dem Wasser.

Im Juli 2015 soll das Schiffshebewerk wieder eröffnet werden.

Im Juli 2015 soll das Schiffshebewerk wieder eröffnet werden.

 

44 Höhenmeter – für Kanalbauten eine nahezu unendliche Höhe – überwindet dieser Schrägaufzug.

44 Höhenmeter – für Kanalbauten eine nahezu unendliche Höhe – überwindet dieser Schrägaufzug.

43 Meter lang ist der Trog – damit ist die Maximalgröße für Schiffe im Rhein-Marne-Kanal vorgegeben.43 Meter lang ist der Trog – damit ist die Maximalgröße für Schiffe im Rhein-Marne-Kanal vorgegeben.

 

Die riesigen Trommeln müssen weniger Kraft umsetzen als man denkt: Durch das Gewicht des Wasser und die Gegengewichte müssen die Antriebsmaschinen nur noch „nachhelfen”.

Die riesigen Trommeln müssen weniger Kraft umsetzen als man denkt: Durch das Gewicht des Wasser und die Gegengewichte müssen die Antriebsmaschinen nur noch „nachhelfen

An diesem Tor kam es 2013 zum Unfall. Seitdem war der Kanal blockiert.

An diesem Tor kam es 2013 zum Unfall. Seitdem war der Kanal blockiert.

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Törnplaner 

Törnplaner Mecklenburgische und Märkische Gewässer

12. Auflage April 2015, 92 Seiten, 40 vierfarbige Übersichtskarten,

A4-Format, Heftbindung mit Umschlagklappe,

erschienen bei Quick Maritim Medien, D-17248 Rechlin.

ISBN: 978-3-9806720-7-8, 15 Euro.

 

Törnatlas

Törnatlas Mecklenburgische und Märkische Gewässer

6. Auflage Juni 2015, 100 Seiten, 84 detaillierte Wasserstrecken-

karten, A4-Format, Spiralbindung,

 erschienen bei Quick Maritim Medien, D-17248 Rechlin.

ISBN: 978-3-9806720-5-4, 25 Euro.

Doppelpack für den Nordosten

Zwei neue Bücher erleichtern Bootfahrern die Orientierung auf dem Wasser: Zum einen der Törnplaner als Reise- und Hafenführer und zum anderen der Törnatlas als dazu passender Kartenband. „Jedes Buch ist für sich allein schon super, aber zusammen sind sie unschlagbar“, sagt Verlegerin Dagmar Rockel, die das dynamische Törn-Duo entwickelt und recherchiert hat.

Das Revier der beiden Bücher ist so groß wie in keinem anderen Törnführer: Alle Binnengewässer zwischen Elbe und Oder (außer der Peene) und die Elbe zwischen Magdeburg und Dömitz sind enthalten. Im Törnatlas wird das Revier auf 84 nutzerfreundlichen Karten dargestellt; im Törnplaner sind nur Übersichtskarten, dafür

 

aber genaue Hafenbeschreibungen, Tipps für lohnende Landgänge und für die besten Restaurants am Wasser enthalten.

„Wir machen nur Bücher, die wir auch selber an Bord haben wollen“, betont die Verlegerin, die fast jeden Meter des Reviers selbst befahren hat. Deshalb seien die beiden Bücher auf Papier gedruckt, das auch mal einen Schwall Wasser abkann und so gebunden, dass sie auf- oder umgeschlagen liegen bleiben.

Zu bestellen sind die beiden Standardwerke für die mecklenburgischen und märkischen Gewässer unter www.quickmaritim.de · post@quickmaritim.de

oder unter Telefon 03 98 23-2 66.0, im Buchhandel und bei vielen Charterfirmen.

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