Berufe und Künstler an Bord Ferienkrimi

Seemannsgarn mit Hein Mück 

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Bernhard Brink und Ehefrau Ute an der Reling der SEVEN SEAS MARINER® von Regent Seven Seas Cruises.Bernhard Brink und Ehefrau Ute an der Reling der SEVEN SEAS MARINER® von Regent Seven Seas Cruises.

Interview mit Bernhard Brink

Im Dezember 2013 unternahm der bekannte deutsche Schlagersänger Bernhard Brink mit seiner Frau Ute eine Südamerika-Kreuzfahrt an Bord der SEVEN SEAS MARINER.

„Herr Brink, ist dies die erste Kreuzfahrt; die sie hier auf der SEVEN SEAS MARINER unternehmen?”

„Nein, ich war in den letzten 15 Jahren schon mehrfach beruflich auf Kreuzfahrtschiffen unterwegs, so auf der EUROPA, auf der MAXIM GORKIY, auf Schiffen von MSC sowie auf der ALBATROS von Phoenix Reisen im Rahmen der Sendung ‚Verrückt nach Meer’. Aber dieses ist die erste rein private Seereise, die ich mit meiner Frau unternehme”.

„Was haben Sie sonst für Urlaubsziele gewählt?”

„Wir waren in den letzten Jahren vielfach auf Mallorca, schon auf den Malediven und auch in der Karibik sowie in Dubai. Aber immer in Hotelanlagen, nie Urlaub vom Wasser aus”.

„Gab es für diese Kreuzfahrt einen besonderen Anlass?”

„Meine Frau Ute und ich hatten im letzten Jahr Silberhochzeit, zudem feierte ich 40 jähriges Bühnenjubiläum und ich hatte auch noch im letzten Jahr einen runden Geburtstag (den 60). Da ich im letzten Jahr beruflich sehr stark eingebunden war, planten wir somit eine größere Reise in diesem Jahr. Ein Traum meiner Frau war schon immer der Besuch der Christusstatue in Rio de Janeiro auf dem Corcovado. Da wir bislang Südamerika noch nie bereist haben, wurde uns im Reisebüro eine Kreuzfahrt empfohlen. Kombiniert haben wir diese Reise noch mit einem Vorprogramm ‚Rio’ und einem zweitägigen Nachprogramm ‚Buenos Aires’, so dass wir dann pünktlich zum Weihnachtsfest wieder in Deutschland sind”.

„Wie sind Sie dann an Bord der SEVEN SEAS MARINER gekommen?”

„Ich hatte im Dezember nur in einem ganz bestimmten Zeitraum keine Termine, so wurde uns in unserem Reisebüro dieses Schiff empfohlen. Wir wären sonst sicherlich auch mit einem anderen Schiff gefahren. Das es sich hier um ein amerikanisches Produkt handelt ist, für mich sogar noch ein Vorteil”.

„Wie ist das zu verstehen?”

„Da man ja durch die Medienauftritte schon einen gewissen Bekanntheitsgrad in Deutschland hat, wäre bei einem rein deutschen Produkt sicherlich der eine oder

 

andere Gast auf mich zugekommen und man wäre nicht mehr so rein privat unterwegs. Hier an Bord der SEVEN SEAS MARINER mit fast 90 Prozent Amerikanern ist man mehr oder weniger unbekannt, die Gäste schenken einem somit als Künstler nicht die Beachtung wie auf einem deutschen Schiff”.

„Wie gefällt Ihnen das Schiff?

„Gerade die Mentalität der Amerikaner sorgt auf dieser Kreuzfahrt für einen großen Erholungswert: Dieser leichte, zwanglose Umgang untereinander gefällt mir wesentlich besser als auf vergleichbaren deutschen Produkten, die oftmals sehr steif sind. Das sportliche Angebot an Bord ist sehr gut, es steht einem ein komplett eingerichteter Fitnessraum zur Verfügung und auf dem Sonnendeck kann ich jeden Tag meine 40 Runden drehen, da ich täglich Joggen gehe. Auch das Angebot mit dem ‚Paddel-Tennis’ an Bord der SEVEN SEAS MARINER ist für mich als langjähriger Tennisspieler ausgezeichnet. Hier finden sich immer genügend Mitspieler zu einem Match und man knüpft nach dem Spiel so noch nette Kontakte”.

„Was sind für sie die wesentlichen Unterschiede zwischen einem deutschen und einem amerikanischen Kreuzfahrtschiff?”

„Die Gewohnheiten beider Nationen sind in einigen Punkten doch schon recht unterschiedlich. So sitzen die meisten der amerikanischen Gäste bei strahlendem Sonnenschein nicht draußen am Pooldeck, sondern lieber im Inneren des Schiffes in den klimatisierten Lounges und Bars des Schiffes. Wir als Sonnenanbeter haben den Vorteil, das man an den ohnehin ausreichend freien Liegestühlen am Pool immer ein freies Plätzchen findet. Auch am Abend finden wir immer im offenen Bereich des Restaurants ‚Sette Mari at la Veranda’ am Heck immer noch einen freien Tisch, da auch die Amerikaner beim Essen meist die klimatisierten Räume vorziehen”.

„Bereitet Ihnen die Verständigung mit den Gästen Probleme?”

„Die Verständigung ist mit den übrigen Gästen und auch der Crew kein Problem, das Schulenglisch reicht für eine Konversation untereinander vollkommen aus. Auf einem französischen Kreuzfahrtschiff hätte ich vermutlich mehr Verständigungsprobleme gehabt”.

„Was hat Ihnen auf der Kreuzfahrt mit der SEVEN SEAS MARINER denn am besten gefallen?”

Die sportlichen Möglichkeiten, der große Freiraum und auch der legere und unkomplizierte Umgang mit den Passagieren sowie die Freundlichkeit der Crew. Hier werden morgens am Pooldeck auf den Liegen eben noch keine Handtücher zum Reservieren gelegt, wie es eben auf deutschen Schiffen und auch Hotelanlagen immer wieder vorkommt. Sehr gut hat uns unsere Kabine am Heck des Schiffes mit dem großen Balkon gefallen und dass wir dann auch nachts immer mit offener Balkontür schlafen konnten, da wir Frischluftfans sind”.

„Wie wichtig war Ihnen das ‚All-Inclusive’-Konzept an Bord des Schiffes?”

„Das war für die Buchung dieser Reise überhaupt nicht wichtig, meine Frau trinkt keinen Alkohol, und das eine Glas Wein zum Abendessen fällt nicht ins Gewicht. Auch die Möglichkeit mit den freien Landausflügen auf dieser Reise wurde von uns fast gar nicht in Anspruch genommen, da wir lieber individuell etwas unternehmen wollten. Man kommt dann mit einem Taxi doch zügiger zum Ziel, als mit einer ganzen Reisegruppe von 50 Personen in einem Bus”.

„Würden Sie wieder eine Kreuzfahrt unternehmen?”

„Uns hat diese Reise sehr gut gefallen, man kann auf einer Kreuzfahrt viele unterschiedliche Ziele ansteuern ohne immer seinen Koffer zu packen. Wir werden sicherlich nochmals eine Kreuzfahrt unternehmen, gerne auch einmal mit einem anderen Anbieter, wobei wir auf keinen Fall eine Innenkabine buchen werden”.

„Herr Brink, vielen Dank für das Interview und viel Erfolg mit der neuen CD sowie auf der anschließenden Tournee”.

Bernhard Brink wurde am 17. Mai 1952 in Nordhorn geboren und singt und schreibt seit Anfang der siebziger Jahre deutsche Schlager. Neben eigenen Titeln sang er dabei auch deutsche Coverversionen englischsprachiger Titel, komponierte und produzierte aber später auch für andere deutsche Schlagersänger wie Matthias Reim.  Insgesamt sechsmal, so häufig wie kein anderer Sänger, nahm er am Vorentscheid zum Eurovision Song Contest teil. Seit Anfang der 90er Jahre ist er auch als Fernsehmoderator sehr erfolgreich und moderiert dabei u.a. die „Deutsche Schlagerparade” beim MDR. Immer wieder gibt Bernard Brink auch Gastauftritte im Fernsehen oder im Film, so in dem Kinofilm von Hape Kerkeling „Isch kandidiere”, wo er sich selber auf die Schippe nimmt.

Der Wahlberliner Brink feierte im letzten Jahr Silberhochzeit und beim großen Partnerschaftstest mit Jörg Pilawa kamen die beiden auf Platz Eins. Seit einigen Jahren engagiert sich Brink für das soziale Projekt „Kids-Küche” der Arche Berlin-Hellersdorf, setzt sich für Obdachlose in Berlin ein und ist offizieller Botschafter der José Carreras Leukämie-Stiftung.

Auch nach einem Produzentenwechsel ist er als Sänger wieder sehr erfolgreich, am 14. Februar erschien seine neue CD „Aus dem Leben gegriffen” und seit dem 13. Februar ist er mit mehreren Schlagerstars auf Deutschlandtournee zur „Schlager des Jahres 2014”.

Das Interview führte Christian Eckardt an Bord der SEVEN SEAS MARINER®

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Ferienkrimi

Kalt kommt der Tod 

Rezension von Dieter Bromund

Er hat die ganze Welt gesehen, lebt mal in Neubruchhausen bei Bassum (bei Bremen) und in München, hat im Journalismus Karriere gemacht, ist heute Herausgeber und Chefredakteur der „P.M.”-Zeitschriftengruppe und schreibt auch noch Krimis, Unterabteilung Thriller: Hans-Hermann „Hannes” Sprado. „Kalt kommt der Tod” beginnt in Bremen, tobt sich in Spitzbergen aus und endet auf der Elbe bei Hamburg.  

In den einschlägigen Ratgebern für das Verfassen von Thrillern kann man nachlesen, was sie erfolgreich macht, u.a. sind es Thema, Tempo und Details. In „Kalt kommt der Tod” geht es um gewaltige Ölvorkommen unter dem arktischen Eis, die Russland ausbeuten will, wenn der Klimawandel weiter fortschreitet. Das allein wäre ein Sachbuch wert, doch zum Thriller wird es durch weitere Zutaten. Auf Spitzbergen forscht die Elite der Meeresforscher. Zu der zählt auch die Tochter eines Bremer Reeders, Carolin. Sie kehrt von einem Ausflug nicht zurück, mehrere Suchexpeditionen werden in Spitzbergen ausgeschickt – erfolglos.

Da muss der Bremer Privatdetektiv Phon Packer, der als Kind Vietnam verließ, im Auftrag des Reeders ran. Ihn begleitet von Bremen aus ein gewisser Big Kokina, den wir auf der zweiten Seite des Romans im Kapitel 3 des Buches kennenlernen. „Er war gerade dabei, eine Nutte aus dem Hotelfenster zu werfen, als die Tür zu seiner Suite aufflog und – nicht möglich! – ein hünenhafter Vietnamese mit einem grünen Bambuspflock in der Hand auftauchte”. Dieser grüne Bambuspflock ist die Geheimwaffe des Vietnamesen, mit der er sich wehren und blitzschnell töten kann.

Weitere Details sind eher pikant. Carolin ist mit einem Mann verheiratet, der in die Firma des Vaters eingetreten ist, ihn aber hintergeht. Man munkelt von Scheidung. Carolin hatte mit Phong Packer ein Verhältnis, was ihrem Vater gar nicht behagte: hatte er doch den Vietnamesen als Waisenkind und Flüchtling in die Bremer Familie aufgenommen, wo sich derlei nicht gehört. Aber als die Tochter nun in Spitzbergen verschwand, wird Phong dann doch gerufen. Er war immerhin mal erfolgreicher Kriminalpolizist in Bremen.

Sprado hat also alles beisammen, was eine gute Story ausmacht. Den Ort Barentsburg, in der er sie ansiedelt, beschreibt er so: „Die Stadt war auf dem neuesten Stand der Trostlosigkeit. Alle Farbe schien aus dem Ort herausgesaugt worden zu sein. Die Häuser zeigten, was umfassende Vernachlässigung bewirken konnte, sie ragten vor ihnen im Mondlicht auf wie Eiszapfen und sahen aus wie jene schütteren Betonburgen in den Vorstädten von Moskau zu Zeiten von Chruschtschow und Breschnew. Um das Elend noch zu verschlimmern, türmten sich dahinter und darum herum graue Berge auf, als wäre die Stadt eine Falle, aus der es kein Entkommen gab. Der gnadenlose Wind fluchte und flüsterte zwischen den Häusern hindurch …” Man friert mit und fragt sich manchmal, warum Spitzbergen eigentlich Ziel von Kreuzfahrten ist.

Bremer können dem Thriller weitere Reize abgewinnen, denn was Sprado an

Lokalitäten und Stimmungen beschreibt, erinnert irgendwie an etwas, das sich so oder so ähnlich zugetragen hat oder haben könnte. Doch auch Stadtferne werden an diesem routiniert geschriebenen Thriller ihr Vergnügen haben, denn die Zutaten stimmen und werden gekonnt zu einem Buch gemacht, das man kaum aus der Hand legen wird. „Es wäre mir angenehmer, wenn du dich entspannen könntest”, sagt Packer auf Seite 10. Und genau das dürfte beim Lesen geschehen.

Buchcover Hannes Sprado Kalt kommt der Tod

Hannes Sprado

Kalt kommt der Tod

 

Erschienen bei

Edition Temmen, Bremen, ISBN 978-3-8378-7020-6,

14,90.

Temmen/Kalt kommt

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Seemannsgarn mit Käpt'n Hein Mück

►►► Tja, Souvenirs sind ja so eine Sache, meint Hein. Souvenirs verschönern Erinnerungen. Aber natürlich gilt auch, wer viel reist, bringt viel unnützes Zeug mit. Hein erinnert sich an eine Versteigerung am Ende einer Weltreise. Da durfte jeder das, was er unterwegs gekauft hatte, aber nicht mehr mitnehmen wollte, anbieten. Der Kreuzfahrtdirektor versteigerte öffentlich alles und das Geld wurde einem guten Zweck gestiftet. Hein hat auf seinen vielen Reisen Bescheidenheit gelernt oder gute Planung. Wenn er zum Beispiel nach Dublin kommt, lässt er Platz im Koffer für ein neues Tweed-Sakko. Bei Reisen nach Schottland muss Platz bleiben für die eine oder andere Flasche Single-Malt Whisky. Soweit die Planung. Neulich warf die Wirklichkeit alles um. Gepackt werden musste für eine Schiffsreise von 36 Tagen mit einer anschließenden Reise durchs Land, die drei Wochen dauerte. Bei zwei Monaten Reisedauer blieb im Koffer kein Platz für geplante Souvenirs. Doch Hein gab nicht auf. Schon immer hatte er bunte Patronen für seine Füllfederhalter gesucht, mit denen er unterwegs seine Notizen macht. Patronen mit blauer oder schwarzer Tinte gab es überall, aber grüne Tinte oder rote, braune oder graue konnte zu Hause selbst der renommierte Schreibwarenladen in bester Lage in der City nicht besorgen. Hein entschloss sich also, im fernen Kontinent sein Glück zu suchen. Und er fand es, kaufte Patronen mit farbigen Tinten in kleinen Einheiten von fünf oder sechs Stück. Die passten nun überall im Koffer noch dazwischen. Hein ist ganz glücklich, monatelang ist er nun bestens versorgt und denkt mit Freuden an die Überraschung zurück, als er die Patronen bei Dicksons in der George Street im fernen Australien entdeckte.

 

►►► Tja, da meint man, man habe bei Anzügen auf Reisen seinen eigenen Stil gefunden, für kalte und für warme Tage und für alle Anlässe an Bord. Hein hat sich kürzlich ein Dinner-Jackett nähen lassen und kann nun bei allem mithalten – von leger bis festlich. Er hat sich angewöhnt, schon zum Mittagessen im Restaurant ein Jackett zu tragen und zum Abendessen immer auch eine Krawatte. Seine Herzallerliebste bestätigt ihn dabei. Drei oder vier Krawatten reichen auch für eine längere Reise. An Hemden bevorzugt er schmal geschnittene mit zeitlosem Kentkragen immer aus weißer Baumwolle mit langen Ärmeln und Knopfmanschetten. Weiß passt schließlich zu allen Hosen und Jacken und lange Ärmel kann man aufkrempeln, sollte es mal zu heiß werden. Und da es auf See- und auf Flussschiffen immer eine Wäscherei an Bord gibt, hält sich die Anzahl mitgenommener Hemden in Grenzen. Hein hat immer das Gefühl, gut und geschmackvoll gekleidet zu sein. Boutiquen an Bord waren ursprünglich nur für Damengarderobe zuständig, seit einigen Jahren haben sie Herren als Kunden entdeckt und bieten denen unter phantasievollen Etiketten an, was man vergessen haben könnte und an Bord tragen sollte. Hein sieht sich derlei an, wenn er seine Herzallerliebste begleitet, wird aber bei den Angeboten nicht weich. Warum etwas kaufen, bloß weil man Zeit hat? Auf einer Reise, die bis unter den Äquator und noch weiter nach Süden führte, fiel ihm plötzlich auf, dass die Herrenwelt zweigeteilt einherschritt – klein kariert und breit gestreift. Die kleinen bunten Karos waren italienischer Herkunft, die breitgestreiften Hemden stammten aus England. Zu haben waren beide Stile in der Boutique an Bord. Hein sah sich genauer um. Sollte er die Mode mitmachen, überlegte er vor einem Stapel breitgestreifter Hemden? Freundlich lächelte die Verkäuferin und bot ihm auch gleich eine passende Größe an. Hein hielt sich das Hemd vor die Brust und entdeckte dann in einem Spiegel seine Herzallerliebste. Die schüttelte ganz leicht den Kopf. Da gab Hein dann – mit einem Aufatmen – das Hemd zurück und bedankte sich. Es mache ihn zu dick, sagte er. Dafür wurde  er dann beim Drink vor dem Essen gelobt. Und klein kariert, wollte er wissen? Das bist doch du nicht, sagte sie! Und so blieb’s bei weißen Hemden – jedenfalls auf dieser Reise.

 

►►► Tja, Hein meint, die deutsche Sprache sei eine schöne und in ihr lasse sich mehr ausdrücken als in anderen. Aber ob das so bleiben wird? Neulich hörte er einen

  Vortrag über die Technik der Zukunft. Seit er selber sein antikes, mobiles Telefon gegen ein funkelnagelneues „Smartphone” eingewechselt hatte, war er sicher, auch in Zukunft alles erfahren und alles mitteilen zu können, was ihm wichtig erschien. Da fiel ihm ein Wort auf, dass der Redner immer wieder mal gebrauchte: Konnektivität. Die Konnektivität bestimme die Zukunft der Geräte. Das Wort hatte Hein noch nie gehört. Während der Redner weiter die Zukunft ausmalte, versuchte Hein das Wort zu verstehen. Ihm fiel das englische Verbum „to connect” ein, was so viel wie „verbinden” mit jemandem oder mit etwas bedeutete. Also übersetzte er sich, was der Redner mit Konnektivität gemeint haben könnte, die Fähigkeit, ein Gerät leicht mit anderen zu verbinden. Vermutlich würde man das Wort „verbinden” heute durch „vernetzen” ersetzen, aber gemeint war wohl das Gleiche: Nur was miteinander arbeiten kann, hat Zukunft. Ist solche Erkenntnis eigentlich neu, fragte Hein sich? Er fuhr mit dem Auto nach Hause und setzte sich an seinen Schreibtisch, um ein paar Notizen zu dem Thema zu machen. Mit dem Ergebnis, die Aussage des Redners, die so modern geklungen hatte, als eine uralte Weisheit zu erkennen. Irgendjemand hatte mal erfunden, was man aus Holz und Lumpen machen kann, große Bögen, die getrocknet Tinte aus einer Feder aufnehmen können und ihren Lauf schwarz auf weiß bewahren. Doch das Papier hatte erst Zukunft, als es zugeschnitten, glatt gestrichen, bedruckbar und heftbar wurde, als Briefbogen, als Buch, als Karton. Einen Gummischlauch aufzupumpen und ihn die Luft halten zu lassen, war eine nette Erfindung. Zukunft hatte sie erst, als der Reifen mit dem Rad seine Konnektivität fand, als der Reifen aufs Rad passte. Hein beschloss, künftig noch genauer hinzuhören, um sich nicht aufs Glatteis locken zu lassen. Bewährte Worte durch neue zu ersetzen, ist seine Sache nicht.

►►► Tja, wie wird die Zukunft des Handels aussehen? Werden wir in immer größeren Supermärkten außerhalb der Städte oder in gemütlichen kleinen Läden in der Nachbarschaft einkaufen? Hein kann sich mit beidem anfreunden, weil er hier wie dort einkauft. Doch da malte ein Fachmann neulich ein Bild, das Hein dann doch verblüffte. Es werde, sagte der Redner, eines Tages möglich sein, das, was man in einem Fernsehfilm sähe, per Knopfdruck zu bestellen, etwa die Schuhe der Leiche in der eigenen Größe oder die Krawatte des Helden. Na, denn, dachte Hein, und spann die Idee weiter. Man kann dann sicher auch den Braten, der auf den Tisch getragen wird, ordern oder das Hotel buchen, das der Film zeigt. Hein kann sich das alles zwar vorstellen, aber mögen tut er’s nicht. Beim Einkaufen macht’s ja auch Spaß, mit dem Mann hinter der Fleischtheke ein paar Worte zu wechseln, etwas über die Süße der Äpfel am Obststand zu erfahren oder den warmen Duft frischen Brots einzuatmen.

Es gab, las Hein, in England Ende der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts, also vor etwa 20 Jahren, 6000 Bauernhöfe, auf denen man als Verbraucher einkaufen konnte. Heute gibt es nur noch 600. Ähnlich dürften die Zahlen in Deutschland sein. Ein englisches Magazin kümmert sich jetzt darum, dass diese Zahl nicht weiter abnimmt. Beim Bauern zu kaufen, soll in England wieder „in” werden. Wenn Hein darüber nachdenkt, findet er das toll. Er praktiziert es schon selber, wenn auch nicht in Reinkultur. Zwei oder dreimal geht er mit seiner Herzallerliebsten auf den Wochenmarkt und kauft dort ein, was er sonst so gut nicht findet. Im Steinofen gebackenes Vollkornbrot, Karotten, an denen noch Sand hängt, Honig von eigenen Völkern, Äpfel aus eigenen Gärten am Elbufer, Fleisch vom Bentheimer Schwein, Wurst aus eigener Schlachtung, Quark, Käse, Butter. Hein findet, so ein Wochenmarkt ist genau das Richtige. Anbieter und Käufer treffen sich auf halbem Weg. Niemand muss unnötig weit fahren und die Konkurrenz sorgt für akzeptable Preise auf dem Wochenmarkt.

 

►►► Tja, Hein graute es bisher vor langen Flügen. In einer Reihe zwischen drei Unbekannten eingequetscht zu sitzen, die Beine nicht bewegen zu können, von einem ein paar Quadratzentimetern großen Plastiktablett zu futtern – nein, das musste zwar manchmal sein, doch schön war es nie. Ihm gefiel überhaupt nicht, für Stunden irgendwohin placiert zu werden. Bei seiner letzten Reise hat Hein jetzt zwei dieser Ärgernisse abstellen können. Ein befreundeter Arzt empfahl ihm und seiner Herzallerliebsten auf langen Flugstrecken Reisestrümpfe zu tragen, die Fuß und Unterschenkel kräftig stützen. Das Blut zirkuliere leichter – so das Versprechen, das Hein bestätigt fand. Das zweite Ärgernis stellte Hein ab, indem er sein Reisebüro einschaltete. Auf eine geheimnisvolle Weise konnte sein Berater Plätze reservieren, auf die Hein keinen Zugriff hatte. Zugegeben, Strümpfe für lange Flugreisen kosten ein paar Euro, und auch das Reisebüro will leben. Doch der Genuss, die Beine auszustrecken und kein Kribbeln zu verspüren, war einen Aufpreis wert.  

hr