Landgang    Ausgabe 4/2013 
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Miltenberg – die Perle des Mains – aus der Vogelperspektive Miltenberg – die Perle des Mains – aus der Vogelperspektive.

   

Dr. Peer Schmidt-Walther

Roter Stein – roter Wein

Landgang im churfränkischen Miltenberg

Lebensader Main, das erkannten schon die alten Römer um 100 n. Chr. und transportierten nicht nur Wein per Treidelschiff flussaufwärts. Wovon heute noch die blühende Region am Mainknie zwischen Odenwald und Spessart profitiert. Sie ist schon längst kein Niemandsland mehr am Rand von Hessen, Bayern und Baden-Württemberg.

Nach dem Abendessen verabschiedet sich das Kreuzfahrtschiff von Würzburg. Auf der anderen Seite der Alten Mainbrücke kommt die abendlich warm beleuchtete Stadt erneut zum Vorschein. Schon wenige Augenblicke später taucht der 135 Meter lange Kreuzer wieder ein in die satte Ufernatur: steile Kalksteinhänge mit exzellenten Weinlagen, dichtes Gebüsch, das vom Schiffsscheinwerfer märchenhaft angestrahlt wird. Dutzende Nachtigallen und Spötter scheinen um die Wette zu schmettern. Idylle pur.

Da heißt es im 20-Kilometer-„Tempo zu Tal die Freuden der Langsamkeit genießen, während die letzten Weinorte in romantischer Beschaulichkeit vorüber gleiten: Veitshöchheim, Thüngersheim oder Himmelstadt. Wie im siebten Himmel träumen die Gäste dem nächsten Tag entgegen.

 

Perle des Mains voraus!

Den Vormittag über fährt der Kapitän Slalom durch die Schlingen des Mains, der seit den Römern eine lange Schifffahrtstradition aufweist. Neben Flussschiffen wurden in Erlenbach – man glaubt es kaum – sogar Seeschiffe gebaut.

Wie ein Film passieren an Back- und Steuerbord malerische Städtchen und Dörfer, waldbestandene Buntsandsteinklippen und Weinhänge. Bis Backbord voraus die Türme von Miltenberg auftauchen. „Die Perle des Mains, wie ein Schild am Anleger verkündet. Römische Feldherren allerdings erkannten nur ihren strategischen Wert, indem sie in der Nähe den nach Süden verlaufenden Schutzwall „Vorderer Limes am Flussufer schlossen.

Im Mittelalter herrschten die Churmainzer Bischöfe, heute wirbt die fränkische Region an der „Nasenspitze des bayerischen Löwen als Churfranken für ihre landschaftlichen, kulinarischen, architektonischen und historischen Vorzüge. „Wo der Main am schönsten ist”, meint die Fremdenverkehrsbroschüre.

 

Sanft auf die Hohenlinde

Auf dem Programm für einen Nachmittag: Landgang mit Einsichten. Die Zeit sollte man nutzen, entweder geführt oder individuell-aktiv und – mit dem Flair des Besonderen.

Wie wärs mit einem Elektrofahrrad, neudeutsch E-Bike genannt? Einige Verleihstationen findet man ganz in der Nähre des Schiffsanlegers oder man informiert sich vorab beim Tourismusverband Spessart-Mainland. Tourenvorschläge kann man sich unkompliziert auf sein Smart- oder iphone laden: www.churfranken.de/interaktive-karte.html 

Wir haben uns für zwei Stunden aufgemacht, um von Miltenberg aus die „6. Etappe des Fränkischen Rotwein-Wanderwegs zu erkunden. Der führt – mühelos, weil elektrisch sanft unterstützt – vom Historischen Rathaus steil hinauf in die Weinberge der Hohenlinde – mit einem atemberaubenden Blick auf die Stadt – aber auch in die Mainhölle, wie die auf der anderen Mainseite gelegene Weinberganlage genannt wird.

Eine flache Alternative wäre die Radrundtour am Main entlang: von Miltenberg nach Erlenbach und auf der anderen Seite zurück. 33,8 Kilometer oder zwei Fahrtstunden bei leichtem Schwierigkeitsgrad. Trainiert muss man für solche Strecken nicht sein. Umso mehr kann man die Flussaue genießen – mal nicht aus der Relingsperspektive. Ein Kontrastprogramm also.

Lebensfreude neben Gastlichkeit

Im Mittelalter verlief neben dem Main eine wichtige Handelsstraße, was Miltenberg

 

durch das Stapelrecht von Waren großen Reichtum bescherte. Die frühere Bedeutung der Stadt erkennt man am malerischen Ensemble prächtiger Fachwerkbauten wie dem Alten Marktplatz mit seinem achteckigen Brunnen – bekannt als Schnatterloch” –, im historischen „Schwarzviertel mit seinen Baudenkmälern oder an der frisch restaurierten romantischen Mildenburg hoch über der Stadt. Der Bummel durch Gassen und Winkel gerät zur Entdeckungstour durch Gegenwart und Vergangenheit.

Wobei man in der Hauptstraße ganz von selbst auf das prachtvolle Gasthaus „Zum Riesen aus dem 11. Jahrhundert stößt. Es nennt sich „ältestes Deutschlands. Schon Kaiser Karl VI., Hans Albers, Heinz Rühmann oder auch Elvis Presley kehrten hier ein und genossen mittelalterliche Lebensfreude und Gastlichkeit. Die sollte man sich unbedingt gönnen. Entweder bei lokalem, rustikalen Faust-Bier oder die edlen Tropfen der bekannten Weingüter Höflich und Fürst.

 

Zwischen Silvaner und Rehrücken

Die auf roten Buntsandstein-Verwitterungsböden mit Lösslehmauflage gereiften Trauben können sich einfach gut schmecken lassen: ob Rebsorten wie Silvaner, Riesling, Bacchus, Müller-Thurgau, Kerner, Blauer Spätburgunder und Portugieser.

Weißburgunder, Frühburgunder, Regent und Dornfelder hingegen sind Neulinge für die Weinmacher, die ihr Handwerk mit Leib und Seele betreiben. Am „Fränkischen Rotwein-Wanderweg liegen einige Betriebe, deren Eigentümer sich über Gäste freuen, die eigenständige Weine zu schätzen wissen wie Chardonnay und Rotwein-Cuvees im Barrique gereift oder Winzersekt. Nach dem Motto: Radeln muss keine trockene Angelegenheit sein.

Je nach Auslaufzeit sollte man sich auch den Gaumenfreuden hingeben. Leicht erreichbar ist das Traditionshaus „Jagdhotel Rose an der Mainzer Straße ein paar Meter hinter der Alten Mainbrücke flussabwärts. Wir hatten Zeit, um geschmorten Rehrücken zu genießen. Sie sollten es auch tun und einmal aufs Bordrestaurant verzichten.

 

Mittelalterliches Abend-Gruseln

Gruselig indes wird es, wenn man von der düsteren Vergangenheit Miltenbergs hört. Im Ort werden gern mehrere Plätze gezeigt, auf denen öffentliche Prozesse und Hinrichtungen stattfanden. Grund dafür war der Hexenwahn, wobei die Main-Stadt zu den Hauptverfolgungsorten gehörte. Zwischen 1590 und 1630 ließen hier rund 200 Menschen als Hexer und Hexen ihr Leben, nachdem sie zuvor im Hexengefängnis bestialisch gefoltert wurden.

Warum das so war? Wirtschaftlicher Neid und Ernteausfälle bei Wein und Getreide werden heute als eine der wesentlichen Ursachen angesehen. Darunter litt auch so mancher wohlhabender „Riesen-Wirt, der mit seiner Familie auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde. Unter dem Vorwand, dass vor dem Gasthof die Hexen tanzten.

Mittelalterliche Gruselgeschichten, die den Kreuzfahrern Schauer über den Rücken jagen und genügend abendlichen Stoff bieten für die Weiterfahrt mit Kurs auf die Kulturstadt Aschaffenburg.                                                       

 

Informationen

Der Main fließt in vielen Mäandern und wurde  von den Kelten daher Schlange genannt, von den Römern Moenus. Er hat einen doppelten Ursprung: als Roter Main in der Fränkischen Alb und als Weißer Main im Fichtelgebirge. Beide Quellflüsse vereinigen sich südwestlich von Kulmbach. Schiffbar ist er auf 386 Kilometern Länge zwischen Mainz und Bamberg. Weiter gehts ab Bamberg auf dem Main-Donau-Kanal bis nach Kelheim und über die Donau bis zum Schwarzen Meer.

Mainland Miltenberg

Churfranken e.V. · Hauptstraße 57 · 63897 Miltenberg · Telefon 09371-660 6975 · www.churfranken.de · info@churfranken.de · Interaktive Karte (Miltenberg eingeben)

Die Feste Marienberg in Würzburg. Im Vordergrund eine Sandstein-Statue der 
	  Alten Mainbrücke Die Feste Marienberg in Würzburg. Im Vordergrund eine Sandstein-Statue der Alten Mainbrücke.

Die Alte Mainbrücke in Würzburg ist immer gut besucht.

Die Alte Mainbrücke in Würzburg ist immer gut besucht.

Der Heilige Nepomuk auf der Alten MainbrückeDer Heilige Nepomuk auf der Alten Mainbrücke.

Dieser 
	rote Buntsandstein aus den Steinbrüchen im Raum Miltenberg und Obernburg am 
	Main wurden für viele schöne Bauten in der Region verwendetDieser rote Buntsandstein aus den Steinbrüchen im Raum Miltenberg und Obernburg am Main wurden für viele schöne Bauten in der Region verwendet – berühmtestes Beispiel ist das Schloss Johannisburg in Aschaffenburg.

Beschaulichkeit aus der DecksperspektiveBeschaulichkeit aus der Decksperspektive.

 

Vorbeifahrt 
	am alten Städtchen Freudenberg, kurz vor Miltenberg Vorbeifahrt am alten Städtchen Freudenberg, kurz vor Miltenberg.

Miltenberg am Main ist erreicht. Blick auf die Alte Mainbrücke, die Pfarrkirche St. 
	Jakobus und die MildenburgMiltenberg am Main ist erreicht. Blick auf die Alte Mainbrücke, die Pfarrkirche St. Jakobus und die Mildenburg.

Die AMADANTA liegt in unserer Nachbarschaft am Anleger oberhalb der Alten MainbrückeDie AMADANTA liegt in unserer Nachbarschaft am Anleger oberhalb der Alten Mainbrücke.

 

Die Alte Mainbrücke wirkt akzentuiert durch den mächtigen Brückentorturm am oberen EndeDie Alte Mainbrücke wirkt akzentuiert durch den mächtigen Brückentorturm am oberen Ende.

Weinprinzessin aus Churfranken

Der Autor mit einer Weinprinzessin aus Churfranken ...

mit dem E-Bike in den Miltenberger Weinbergen... und mit dem E-Bike in den Miltenberger Weinbergen.

Blick über die Dächer von Miltenberg auf den Main in nördliche 
	Richtung
Blick über die Dächer von Miltenberg auf den Main in nördliche Richtung.

Die 
			Hauptstraße in Miltenberg ist FußgängerzoneDie Hauptstraße in Miltenberg ist Fußgängerzone.

Deutschlands ältestes Gasthaus „Zum Riesen”Deutschlands ältestes Gasthaus „Zum Riesen”.

Gastlichkeit 
			wird in Miltenberg groß geschriebenGastlichkeit wird in Miltenberg groß geschrieben.

Das „Schnatterloch” auf dem dreieckigen Marktplatz in MiltenbergDas „Schnatterloch” auf dem dreieckigen Marktplatz in Miltenberg. 

Viel 
	Betrieb an der Anlegestelle beim Abschied von MiltenbergViel Betrieb an der Anlegestelle beim Abschied von Miltenberg.

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