AUSGABE 3/2012
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Foto: Dr. Séverine Bär, Heidelberg

Die Kegelrobben tanzen elegant um die Taucher herum, trauen sich immer näher heran, knabbern an Flossen, Handschuhen und Kameras.
 

Dr. Severine Bär Farne Islands: Tauchen in der Kinderstube der Kegelrobben

Die Farne Inseln liegen 2,5 bis 7,5 Kilometer vor der Küste Northumberlands, in Nord England, wenige Kilometer nördlich von Newcastle. Die Inselgruppe besteht je nach Stand der Gezeiten aus 15 bis 20 felsigen Inseln, bei denen zwischen den Inner Farnes und den Outer Farnes, die vom Staple Sound getrennt werden, unterschieden wird. Der höchste Punkt ist mit 19 Meter über Meereshöhe auf Inner Farne erreicht.

Die ersten Einwohner der Farne Islands gehörten dem klösterlichen Orden der Kulder an, die auf der Insel eine Einsiedelei errichteten. Zu den ersten bekannten Bewohnern zählte im 7. Jahrhundert Sankt Cuthbert, der die weltweit ersten Tieschutzgesetze verfasste, um auf den Inseln nistende Vögel (unter anderem Eider Enten) zu schützen.

Heutzutage sind die Inseln unbewohnt. Nur die Warden des National Trusts (Organisation zum Denkmal- und Naturschutz in Großbritannien) halten sich im Sommer dort auf und hausen auf Inner Farne im alten, 1500 gebauten, Pele Turm und auf Brownsman (Outer Farne) im Leuchtturmhaus.

Die Leuchttürme selber sind mittlerweile alle automatisch und daher unbewohnt. Zu früheren Zeiten war dies allerdings anders und eine der bekanntesten Figuren der Farne Islands Legenden, Grace Darling, war die Tochter des Leuchtturmwärters von Longstone, William Darling. Am 7. September 1838, Grace war damals 22 Jahre alt, lief die FORFARSHIRE während eines heftigen, von Nebel begleiteten Sturms auf Harker Rock vor Longstone auf Grund. Grace und ihr Vater fuhren mit dem Ruderboot in den Sturm hinaus und konnten neun Schiffsbrüchige retten. Grace wurde als Heldin gefeiert und nach ihrem frühen Tod an Tuberkulose im Alter von 29 Jahren ein paar Jahre später zum Teil der britischen Folklore.

So rauh das Wetter auf den Farne Islands im Winter auch ist, so schön kann es im Sommer werden und die zum Vogelschutzgebiet erklärten Inseln locken jedes Jahr tausende Besucher an. Vom Hafen von Seahouses aus werden Bootstouren angeboten und Pfade wurden auf den Inseln angelegt, so daß Tierfreunde die nistenden Vögel beobachten und fotografieren können, ohne diese zu stören. 290 Vogelarten wurden auf den Inseln gezählt. Riesige Kolonien von Möwen, Tölpeln, Trottellummen, Kormoranen und Papageientauchern bevölkern die Felsen. Letztere gehören zu den beliebtesten Inselbewohnern und überall sitzen Besucher im Gras und beobachten begeistert, wie die flinken Vögel mit dem Schnabel voller Fische in ihre Erdhöhlen verschwinden. Auch die Küstenseeschwalben geben ein aufregendes Spektakel ab. Sie sind recht aggressiv und greifen die Besucher an, um sie von ihren Nestern fernzuhalten. Daher wird auch empfohlen, die Inseln nur mit Kopfbedeckung oder Regenschirm zu betreten ...

Letzendlich lebt auf den Farne Island eine Population von etwa 6000 Kegelrobben, die jedes Jahr zwischen September und November ihre Kleinen hier zur Welt bringen. Diese Robben und insbesondere die sechs bis neun Monate alten Jungtiere sind durch ihre Neugierde eine ganz besondere Attraktion für Taucher. Da die Tiere auf den Inseln völlig ungestört leben, haben sie jegliche Scheu vor dem Menschen verloren.

Obwohl der gewöhnliche Tourist sie als „Landwesen nicht zu interessieren scheint, begrüßen sie Taucher unter Wasser als nette Abwechslung in ihrem Robbenleben recht überschwänglich. Außerdem scheinen sie ihren Spass an den Besuchern zu haben und wenn sie im Juni die ersten Taucher der Saison noch etwas zögerlich begegnen, steigt

 

ihre Verspieltheit, je weiter der Sommer voranschreitet, immer mehr, um im September ihren Höhepunkt zu erreichen.

Als wir also im September 2009 anreisten, sind wir schon sehr gespannt auf das versprochene besondere Erlebnis. Nachdem wir uns in unserem Bed and Breakfast einquartiert haben, fahren wir zum Hafen und tragen unsere Ausrüstung auf das Tauchboot, die GLAD TIDINGS, die wir uns mit zwanzig anderen Tauchern teilen. Die Stimmung ist gut und trotz leichtem Chaos sitzen schließlich alle tauchbereit da und schauen sehnsüchtig zu den vielen Robbenköpfen hinüber, die schon auf uns zu warten scheinen.

Jetzt nur noch ein großer Schritt nach vorn und wir verschwinden unter die Wasseroberfläche. Die Sicht ist schlechter, als zum Beispiel ein paar Kilometer weiter nördlich in Schottland und auch die Artenvielfalt ist nicht vergleichbar. Aber dann kommen sie, die Robben. Schon das Erspähen ihrer länglichen, eleganten Silhouette lässt das Herz des Tauchers höher schlagen.

Sie tanzen elegant um die Taucher herum, trauen sich immer näher heran, knabbern an Flossen, Handschuhen und Kameras, flitzen immer wieder an uns vorbei, verschwinden hinter die Felsen, um sich von hinten wieder anzuschleichen und unsere Flossen erneut zu malträtieren. Auch mit dem Kelp spielen die lustigen Tiere gern und ein ganz besonderes Gefühl ist es, wenn eine junge Robbe sich mit den Flossen am Arm oder Bein festklammert, sich streicheln lässt und gar nicht mehr loslassen möchte. Als wir nach einer Stunde zurück auf das Boot müssen, folgen uns ein paar Robben zum Abschied bis zur Oberfläche.

Alle Taucher kommen begeistert zurück an Bord und keiner möchte den zweiten Tauchgang des Tages an einem der vielen um diese tückischen, felsigen Inseln vorhandenen Wracks durchführen. Alle wünschen sich auch für den zweiten Tauchgang einen Platz mit vielen Robben. Und so kommen wir noch mal in den Genuss, mit den neugierigen, freundlichen Robben zu spielen, ein unvergessliches, ergreifendes Erlebnis. Auf dem Rückweg nach Seahouses quatschen alle aufgeregt und breit grinsend durcheinander. Als dann auch noch ein Buckelwal auftaucht, ist das Glück vollkommen. Leider müssen wir nach ein paar Tagen schon die lange Rückreise nach Deutschland antreten. Doch die zahmen Robben der Farne Islands werden wir in den nächsten Jahren bestimmt wieder besuchen.

Anreise

Eurotunnel: http://www.eurotunnel.com/uk/home/

Fähre Amsterdam-Newcastle: http://www.dfdsseaways.de/

Wohnen

B&B Liste: http://www.bedandbreakfastsearcher.co.uk/northumberland/seahouses.asp

Offizielle Seite des Naitional Trusts: http://www.nationaltrust.org.uk/farne-islands/

Tauchen und Ausflüge

Tauchen und Bootsausflüge: http://www.farne-islands.com/boat-trips/ oder http://www.sovereigndiving.co.uk/

Bamburgh Castle (möglicher Tagesausflug): http://www.bamburghcastle.com/

Foto: Dr. Séverine Bär, HeidelbergDie Farne-Inseln gelten wegen der Wracks, der Kegelrobben und steilen Küstenlinie als beliebtes Tauchrevier.

Foto: Dr. Séverine Bär, Heidelberg

Küstenseeschwalbe mit Jungen, sie nisten ...

 

Foto: Dr. Séverine Bär, Heidelberg

... an den Steilwänden der Felsen.

Foto: Dr. Séverine Bär, HeidelbergKüstenseeschwalben brüten in der Steilwand, Trottellummen dicht an dicht auf dem Plateau.

Foto: Dr. Séverine Bär, Heidelberg

Zwei Papageientaucher.

Foto: Dr. Séverine Bär, Heidelberg
Unglaublich, aber wahr: Eine Kegelrobbe hängt sich bei dem Taucher ein ...
Foto: Dr. Séverine Bär, Heidelberg
... sogar einen Handkuss gibt’s.

Foto: Dr. Séverine Bär, Heidelberg

Tauchen im Kelpwald.

Foto: Dr. Séverine Bär, Heidelberg

Auch die lustigen Tiere spielen gerne mit dem Kelp. 

Foto: Dr. Séverine Bär, Heidelberg

Als wir nach einer Stunde zurück auf das Boot müssen, folgen uns ein paar Robben zum Abschied bis zur Oberfläche.
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